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Die Deckung des Eiweißbedarfs

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Die Deckung des Eiweißbedarfs


„Die einzige Chance für ein Überleben auf dieser Erde ist der Schritt zur vegetarischen Ernährung.“
Albert Einstein (* 1879 in Ulm; † 1955)


Noch vor ca. 30 Jahren haftete den Vegetariern der Geruch an, einer besonders eigenartigen Spezies anzugehören. Eine fleischlose Ernährung war außerhalb der Norm und wurde deshalb argwöhnisch beäugt. Für Fleischverzehrer waren Vegetarier Sonderlinge. Nach meiner Beobachtung hatten es Männer, die sich vegetarisch ernährten, besonders schwer. Ihr Mannsein wurde in Zweifel gezogen.

Undenkbar wäre auch seinerzeit der Zeitungsartikel mit dem Titel: „Der typische Vegetarier - Weiblich, jung, fleischlos. Teenie-Trick oder ernstzunehmender Lebensstil“  – gewesen, wie in der Ausgabe vom 13. März 2010 der Süddeutschen Zeitung zu lesen war. Zum Glück ist die vegetarische Ernährung aus vielerlei Gründen aus ihrem Schattendasein herausgetreten: Immer mehr „Promi“-Vegetarier bekennen sich öffentlich dazu.

Aber auch immer mehr Menschen erkennen, dass wir durch den hohen Verbrauch von tierischen Nahrungsmitteln millionenfaches Leid erzeugen, unsere Gesundheit schädigen und uns der Zukunft auf diesem Planeten berauben. Der Fleischatlas  – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel 2013 - dokumentiert eindrücklich die Auswirkungen des Fleischkonsums. Die 56-seitige Broschüre habe ich am Ende dieses Beitrages als PDF angehängt!

 


Unsere Vorfahren – die Primaten – haben sich hauptsächlich von Früchten ernährt. Unser Verdauungstrakt und Enzymorganismus ist nach wie vor steinzeitlich angelegt. Wir haben einen langen „Pflanzenfresserdarm“. Auch fehlt uns die Uricase, das klassische Fleischfresserenzym der Raubtiere. Die Menschen, die sich jeden Tag Fleisch leisten können, sind deshalb anfällig für Gicht. Wir wissen auch, dass es sich um eine Verschwendung von pflanzlicher Nahrung wie Getreide, Soja etc. handelt:  Pflanzliche Nahrung über den Umweg der Tierproduktion eingesetzt ist  ineffizient. Der ökologische Wahnsinn der Massentierhaltung ist hinlänglich bekannt: Mensch, Tier und Umwelt leiden.

Der Fleischkonsum in den reichen Industrienationen führt zur Verelendung breiter Schichten in den Futtermittel-produzierenden Staaten. Spritzmittel wie z.B. das glyphosathaltige Roundup wird in solchen Mengen in Argentinien und Brasilien versprüht, so dass  es dort zu enormen gesundheitlichen Schäden führt. Nach Aussagen von Prof. Andrés Carrasco, Wissenschaftler im Labor für Molekulare Embryologie der Medizinischen Abteilung der Universität von Buenos Aires,  nimmt die Zahl der missgebildeten Neugeborenen in Argentinien zu. Über das nach Europa transportierte Futtermittel schließt sich der Kreis: Beim Fleischkonsum landet das Gift auch auf unsere Teller. Es braucht kein besonders ausgeprägtes Denkvermögen um die Zusammenhänge zu begreifen.

 

Die Frage lautet: Warum kommt es nicht zum blitzartigen kollektiven Umschwung?

Die Antwort ist mehr als banal:  Mann / Frau weiß nicht, wie der Eiweißbedarf ohne tierisches Eiweiß zu decken ist.

 

Dass Eiweiß (Protein) Träger des Lebens und Hauptbestandteil alles Lebendigen ist, gibt dem Grundnährstoff Eiweiß seine Vorrangposition vor den Grundnährstoffen Kohlenhydrate und Fette. Eiweiße bestehen aus Aminosäuren. Acht der ca. 20 Aminosäuren kann der menschliche Organismus nicht selbst herstellen. Sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden.

Vegetarier werden oft von Ärzten gefragt, wie sie denn ihren Eiweißbedarf decken. Das zeigt, dass es um das Wissen der Schulmediziner in Bezug auf Ernährung nicht gut bestellt ist. Das ist auch kein Wunder, denn beim Studium der Medizin erfahren Ärzte so gut wie nichts über den Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit. Beweis: Auch die Ärzteschaft ist genauso von ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten betroffen wie ihre Patienten.

Klar, dass diejenigen, die an der tiereiweißhaltigen Ernährungsweise verdienen, kein Interesse haben, die Aufklärung voranzutreiben. Die Fleischindustrie hält gusseisern am Mythos „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“ fest und bestimmt weitgehend die Politik. Deswegen wäre eine vegetarisch lebende Landwirtschaftsministerin für unser Land (noch) undenkbar. Wie lange dauert es noch, ihr lieben Männer, bis ihr merkt, dass es sich bei „Fleisch ist ein Stück Lebens(Mannes)kraft“ um eine Werbeaussage der fleischverarbeitenden Industrie handelt?

Doch wie „Lochfraß“ arbeiten die neuesten Erkenntnisse der Eiweißforschung. Prof. Werner Kollath (1892 – 1970) hat nachgewiesen, dass pflanzliches Eiweiß genauso hochwertig ist wie tierisches Eiweiß.  D.h. im Klartext: Pflanzliches Eiweiß ist dem tierischen ebenbürtig. Pflanzliches, unerhitztes Eiweiß deckt den Eiweißbedarf genauso wie tierisches Eiweiß.

Prof Kollath brachte es mit der einfachen Devise auf den Nenner:  Roh und ganz. Tieren, die in der Wildnis leben, braucht man dies nicht zu erklären. Sie fressen ihre Nahrung ganz und unerhitzt. Eiweiß, was unerhitzt ist, bezeichnete Prof. Kollath als „nativ“. Eiweiß was über 42 Grad C erhitzt ist, als „denaturiert“.  Denaturiertes Eiweiß hat zum Unterschied von nativem Eiweiß seine lebendige Struktur verloren und eine andere ernährungsphysiologische Wirkungsweise.  Ein Mensch, der über 42 Grad Fieber hat, verliert auch seine „lebendige Struktur“, er stirbt.

Immer wieder wird behauptet, dass es völlig egal sei, ob das Eiweiß erhitzt ist oder nicht, weil im Magen-Darmtrakt eine Denaturierung stattfände. Das ist falsch. Im Magen-Darmtrakt findet eine enzymatische Aufspaltung statt, die nicht mit einem Denaturierungs- sprich Zerstörungsvorgang zu vergleichen ist. Eiweiße werden bei der Verstoffwechselung in ihre einzelnen Bausteine zerlegt. Aus einem Kirschkern, der von einem Vogel gefressen und anschließend wieder ausgeschieden wurde, kann ein Kirschbäumchen werden. Ein Beweis dafür, dass die Verdauung kein Denaturierungsvorgang darstellt.

Nahrungseiweiße werden bei der Verdauung in ihre einzelnen Bestandteile nämlich den Aminosäuren zerlegt, um sie dem Körper verfügbar zu machen. Dies geschieht mit Hilfe von Enzymen (z.B. Pepsin im Magensaft und Trypsin im Darmsaft). Diesen enzymatischen Aufspaltungsvorgang als Denaturierungsvorgang zu bezeichnen, ist unwissenschaftlich.

Denaturierung hat mit Erhitzung über 42 Grad Celsius zu tun. Eiweiße, die über 42 Grad Celsius erhitzt werden, verlieren ihre lebendige Struktur. D.h. wäre der Kirschkern über 42 Grad Celsius erhitzt - also denaturiert - worden, wäre das Entstehen eines Kirschbäumchens – trotz wirksamer und effektiver Umhüllung - nicht mehr möglich. Der Kirschkern hätte seine Fähigkeit zum Keimen, also zum „Lebendigwerden“ verloren. Da hülfe auch keine ausreichende Bewässerung und Auswahl des richtigen Standortes mehr, der Kirschkern bliebe tot. Leben ist wissenschaftlich nicht zu erfassen. Deshalb ist der Begriff der Lebendigkeit in den Augen der sogenannten Wissenschaft unwissenschaftlich.

Nach wie vor wird in der gängigen Literatur der Eiweiß-Tagesbedarf in Gramm ausgedrückt. Dies ist überholt. Exakter ist es, wenn der Bedarf  in Prozenten  ausgedrückt wird. Z.B.: Ein Säugling, der gestillt wird, bekommt über die Muttermilch soviel Eiweiß zugeführt, dass er innerhalb eines Jahres sein Gewicht verdoppelt. Die Muttermilch enthält nur 1,4 – 2,5 % Eiweiß. Da wir Erwachsenen nur noch einen Erhaltungs- und Betriebsstoffwechsel haben, ist es leicht, sich an diesen natürlichen Vorgaben zu orientieren.

Durch unerhitzte pflanzliche Kost ist der Eiweißbedarf leicht zu decken. Im Getreide stecken in den Randschichten 14 – 17 %, im ganzen Mehlkörper 9 % und im Gemüse 3 %. Eine Eiweißversorgung über die Pflanze ist absolut gewährleistet. Bei der Zufuhr des  pflanzlichen Eiweißes kommt es – im Gegensatz zum tierischen Eiweiß – nicht zu krankhaften Ablagerungen im Organismus.

Geradezu „revolutionär“ waren die Erkenntnisse von Prof. Lothar Wendt (1907 – 1989, Gesund werden durch Abbau von Eiweißüberschüssen) Wendt fand heraus, dass wir nicht nur über Kohlenhydrat- und Fettstoff-Speicher verfügen, sondern auch über einen Eiweißspeicher. Prof. Wendt belegte, dass es bei Überfütterung mit tierischem Eiweiß zu krankhaften Ablagerungen von Eiweißstoffen (Polymucosacchariden) auf den Membranen der Blutkapillaren kommt. Die Folge können Bluthochdruck, Erhöhung des Cholesterinwertes und Gefäßschäden sein.

Leider werden diese Erkenntnisse  von der Schulmedizin nicht in Betracht gezogen. Besonders nachteilig wirkt sich diese Unkenntnis bei Diabetes-Patienten aus, die von Erblindung und Amputationen durch tiereiweißhaltige Nahrung bedroht sind. Aber auch allen Krankheiten, die dem rheumatischen Formenkreis (Arthrose, Arthritis, Bandscheibenschäden usw.)  zuzuordnen sind, könnte patientenfreundlicher und kostengünstiger begegnet werden. Es gibt also triftige Gründe, tiereiweißhaltige Nahrung zu minimieren evtl. sogar ganz wegzulassen.

Doch dazu bedarf es der gründlichen Information: Wie decke ich den Eiweißbedarf? Dieser Frage hat sich – begreiflicherweise -  natürlich auch die Nahrungsmittelindustrie angenommen. Jetzt tischen Fastfoodketten Gemüseburger und Soja-Medaillons auf,  Bioläden und Reformhäuser überschlagen sich  mit einem breiten Angebot an „Alternativen“. Und jetzt kommt das Unfassbare: Die „Alternativen“ sind oftmals nicht des Geldes und meistens auch nicht der Gesundheit wert.  

Stecken Vegetarier in der Falle?

Wer seinen Eiweißbedarf mit  vitalstoffreicher Vollwertkost deckt, braucht sich um die Deckung des Eiweißbedarfs überhaupt keine Gedanken zu machen.  

Wer die Grundzüge dieser genialen Kostform gelernt hat, ist immun gegenüber den Werbebotschaften für die „gesunden“ Produkte der Nahrungsmittelindustrie. Der Vorteil dieser Ernährungsform ist obendrein, nicht dem „Puddingvegetarismus“ und dem „Quark-,Joghurt- und Soja-Rummel“ anheim zu fallen.

  • Puddingvegetarismus bedeutet, auf Fleisch zu verzichten, aber nicht auf Fabrikzucker und Auszugsmehle. Deshalb sind „Puddingvegetarier“ von den üblichen ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt, Übergewicht usw. genauso bedroht, wie die Nichtvegetarier.
  • Wer dem „Quark-, Joghurt und Soja-Rummel“ frönt, braucht sich nicht zu wundern, wenn viele unerwünschte gesundheitliche Beschwerden nicht weichen.

Vegetarier, die sich von der Werbung der Reformhäuser oder Bioläden haben verbilden lassen, haben es versäumt, den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen. Sie sind anfällig für die ach so gesunden Sojaprodukte.

„Macht Euch die Erde untertan“ lautet die christliche Botschaft, ein Menetekel für die Tiere. Für sie ist keine biblische Erlösung vorgesehen. Im Namen des Christentums dürfen sie um der Menschen willen drangsaliert, gemordet und ausgebeutet werden. Arthur Schopenhauer wurde wegen der Blindheit des Christentums gegenüber dem Leid der Tiere zum Atheisten.   

Am 8. Febr. 2001 veröffentlichte die Wochenzeitung „Die Zeit“ einen interessanten Artikel: Hungrig nach Moral - Scheinheiliges Mitleid mit den Kühen, verfasst von der bekannten Literaturkritikerin Iris Radisch. Sie schrieb:
„Niemand“, schreibt das Tierschutzgesetz der Bundesrepublik Deutschland vor, „darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Da wohl unstrittig sein dürfte, dass die maximale Beschädigung eines Tieres der Tod ist, muss der anschließende Fraß als „vernünftiger Grund“ für das Schlachten herhalten. Dass es „vernünftig“ sei, Tiere in gewaltigen Mengen zu verzehren, ist der unantastbare Glaubensgrundsatz der fleischfressenden Zivilisation. Erst wenn das Fressen als vernünftiger Grund für das große Schlachten ausfällt, kommt  Mitleid  auf.  (Quelle: ZEIT ONLINE)

Wem die Tiere Leid tun, der sollte sie nicht essen. Und wer die Tiere isst, dem tun sie nicht Leid.


„Zart denken, zart empfinden wollen, aber unzart fressen wollen, das gibt es nicht!“
- Peter Altenberg

„Ganze Weltalter voll Liebe werden notwendig sein, um den Tieren ihre Dienste und Verdienste an uns zu vergelten.“
- Christian Morgenstern

„Je größer der Anteil Fleisch in der menschlichen Kost, umso kleiner die Leistungsfähigkeit.“

„Nur im Reiche der Pflanzen werden die Federn gespannt, welche die Uhr des Lebens treiben.“
- Max Bircher-Benner

„Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt.“
- Mahatma Gandhi

„Die Frage ist nicht, ob sie denken können. Entscheidend ist, ob sie leiden können.“
- Jeremy Bentham

 „Jeder dumme Junge kann einen Käfer zertreten, aber alle Professoren der Welt können keinen herstellen.“
- Arthur Schopenhauer


Der Musiker und Liedermacher Reinhard Mey ist überzeugter Vegetarier und engagierte sich bei der Organisation PETA aktiv für den Tierschutz. Seit 1992 setzten sich einige seiner Lieder kritisch mit dem Thema Tierschutz auseinander (Die Würde des Schweins ist unantastbar, Tierpolizei, Hasengebet, Erbarme dich, Hundgebet). Diese und andere Tierlieder aus verschiedenen Jahrzehnten veröffentlichte Mey 2006 gesammelt auf dem Sampler Frei!. (hier hören)

 


 



Literaturhinweise:


Fromm Forum, Heft 16/2012, Beiträge:

  • Die industrielle Tierhaltung und Fleischproduktion und ihre globalen Auswirkungen, Jürgen Piater  
  • Der Umgang des Menschen mit dem Tier in theologisch-ethischer Perspektive, Eugen Drewermann

 

Food Crash – Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr, Dr. Felix zu Löwenstein, ISBN 978-3-629-02300-1, Pattloch Verlag (2011) .- klick hier - die Buchvorstellung im Kritischen Netzwerk - klick hier

Getreide und Mensch – eine Lebensgemeinschaft, Prof. Dr. W. Kollath, gebunden, 416 Seiten, Neuerscheinung 2010. Infos zum Inhalt und Bestellung beim Herausgeber Dr. Johann Georg Schnitzer - hier bitte weiterlesen

Tiere essen, Jonathan Safran Foer, gebunden, 400 Seiten, 19.90 €, ISBN: 978-3-462-04044-9, Verlag Kiepenheuer & Witsch (08/2010)   

Die Deckung des Eiweißbedarfs, Dr. Max Otto Bruker, 6-Seiten-DIN-5 Kleinschrift, 0.50 €emu-Verlag, Lahnstein 

Die Deckung des Eiweißbedarfs, Dr. Max Otto Bruker bot seinen Patienten über Jahrzehnte regelmäßig Vorträge an. Er referierte jeweils 1 Stunde zu den verschiedensten Themen. In ihrer Aussage haben diese Vorträge nichts von Ihrer Aktualität verloren: 78min.-Vortrag auf CD, 12.00€, emu-Verlag, Lahnstein

Tiere als Ware – Gequält – getötet – vermarktet, Manfred Karremann / Karl Schnelting, broschiert, 146 Seiten, ISBN-13: 978-3-596-11631-7, für 2-3€ gebraucht erhältlich, Fischer Taschenbuch Verlag (1/1998)

 


Über Fleisch: Industrieprodukt auf unserem Teller

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Le Monde diplomatique ist die weltweit größte Monatszeitung für internationale Politik, die kritisch die Folgen und Zusammenhänge der Globalisierug sowie ökonomische und soziale Verteilungskonflikte beleuchtet.


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Der nachfolgende Artikel erschien in Le Monde diplomatique Nr. 9647 vom 11.11.2011, Seite 1,12-13. Die Verfasserin ist die türkisch-deutsche Schriftstellerin, Publizistin und Journalistin Hilal Sezgin (* 1970 in Frankfurt am Main). Informationen über sie findet man beiWikipediaund auf ihrer eigenenWebseite.
 



Über Fleisch

Industrieprodukt auf unserem Teller 


von Hilal Sezgin


Der vielleicht größte Mythos im Zusammenhang mit dem Fleischverzehr ist der seiner Natürlichkeit. Es sei natürlich, dass der Mensch Fleisch esse. Es ist scheinbar selbstverständlich. Zur Illustration wird gern auf die frühsteinzeitliche Jäger-und-Sammler-Gesellschaft verwiesen, ungeachtet der Tatsache, dass einige von deren Gepflogenheiten uns heute schaudern machen: Frauenraub zum Beispiel, Menschenopfer oder das Aufbewahren menschlicher Skelettteile zwecks Ahnenverehrung. Vor allem aber ist der Rekurs auf den frühen Jäger und die in der Höhle wartende Gefährtin (sie hat derweilen ein paar lumpige Beeren gesammelt) deswegen verblüffend, weil die oft tagelange gemeinschaftliche Jagd mit ungewissem Ausgang nichts weniger ähnelt als dem recht gefahrlosen Gang in den Supermarkt. Beide Tätigkeiten und die damit verbundenen Sinneseindrücke entstammen unterschiedlichen Welten; es ist fraglich, ob der Steinzeitmensch, wenn man ihm ein in Folie verpacktes Tiefkühlhuhn in die Hand drückte, sofort etwas damit anzufangen wüsste.

Sobald es aufgetaut wäre, würde es sich der Steinzeitmensch gewiss erfreut zuführen wie jedes andere unverhofft am Wegesrand gefundene Stück Kadaver; doch in dieser Rolle, also als Aasfresser, sieht sich der moderne Fleischkonsument ja auch wieder nicht! Trotzdem gelingt dem Supermarktkunden die – im Grunde auch nicht wenig beachtliche – Kulturleistung, das an weit entfernten Orten unter industriellen Bedingungen und mit einer Menge chemischer Zusätze hochgepäppelte Stück Leben, das hunderte Kilometer transportiert, in eine Kette eingehängt, per Stromschlag im Wasserbad betäubt und dann geschlachtet wurde und ihm selbst erstmals als eisige, steinharte Substanz entgegentritt, als etwas wahrzunehmen, das dem ähnelt, was der entfernte Vorfahr erjagt hat.

Wozu nun dieser imaginäre Exkurs in Steinzeitwelt und Supermarkt? Um darauf hinzuweisen, dass man den heutigen Fleischkonsum für vielerlei halten kann: lecker, weit verbreitet, bequem, unappetitlich, ungesund, gesund, zivilisiert, barbarisch et cetera. Nur eines ist er eben nicht: „natürlich“. Welches Fleisch wir essen, wie wir daran gelangen, wie wir es zubereiten und sogar wie es – immerhin ein Produkt organischen Ursprungs – überhaupt gewachsen ist, all dies ist Ergebnis spezifischer und historisch äußerst wandelbarer menschlicher Praktiken. Doch der Vorteil der gängigen Betrachtung liegt auf der Hand: Was als natürlich gilt, ist von vornherein jeder Notwendigkeit zur Rechtfertigung enthoben, muss gesellschaftlich scheinbar nicht verhandelt werden, ist unserem moralischen und politischen Urteilen weitestgehend entzogen. Genau aus diesem moralfreien Raum haben Bücher wie Jonathan Safran Foers „Tiere essen“ und Karen Duves „Anständig essen“ den heutigen Fleischverzehr heraus- und in die öffentliche Arena gezerrt. Es muss sich nicht mehr allein der Vegetarier verteidigen, warum er sich zu seinen „absurden“ Ernährungsgewohnheiten verstiegen hat, sondern auch der Fleischesser ist mit Argumenten konfrontiert.

Und eben mit Fakten. Nicht zufällig schenken die erwähnten Bücher dem empirischen Herstellungsprozess des Fleisches mehr Aufmerksamkeit als dem abstrakten ethischen Für und Wider. Viele, ja die allermeisten Menschen mögen es grundsätzlich in Ordnung finden, Tiere zu Nahrungszwecken zu züchten und zu töten. Doch wie dieser Teil der Nahrungsproduktion tatsächlich praktiziert wird, nämlich per Massentierhaltung, hält kaum ein informierter Konsument für ethisch vertretbar. Bezüglich der Ablehnung der Massentierhaltung hat sich ein gesellschaftlicher Konsens herausgebildet, der bislang allerdings weder Alltags- noch Rechtspraxis geworden ist. Wir alle wissen ja: So wenig wie mit der steinzeitlichen Jagd hat die heutige Fleischproduktion mit jenen idyllischen Bauernhöfen gemeinsam, die die Ausmal- und Wimmelbilder unserer Kinder füllen. Was man über die Wirklichkeit erfährt – indem man eine Fernsehreportage über Hühnerfabriken sieht oder auf der Autobahn an einem Schweinetransporter vorbeifährt –, muss man schnell verdrängen, weil sich ein solches Ausmaß von Leid und Schrecken schwer aushalten lässt.

Wer sind nun diese Schweine im Lkw? Sie sind Säugetiere, empfindungsfähige Organismen, natürliche Lebewesen – und sind es nicht. Es wurde oben bereits angedeutet, dass sogar das Wachstum des Nahrungsmittels Fleisch kein rein natürlicher Vorgang ist. Auch mit klassischer Landwirtschaft hat die heutige Intensivtierhaltung wenig zu tun, vielmehr ist sie Hightech-Industrie mit Tieren. In industriellen Prozessen werden diejenigen Vorgänge von Lebewesen, die technisch vom Menschen noch nicht hervorgebracht werden können, deren Effekte aber gewünscht sind, in einen so weit wie möglich industrialisierten Produktionsprozess eingebaut. Zucht, Besamung, Fütterung, Haltung – in sämtlichen Phasen des Nutztierlebens führt der Mensch längst über die Natur Regie. Wenn das nur dieses eine, bis heute noch nicht ganz kontrollierbare Moment wäre, dieser verflixte Funke Leben! Doch diesem „Leben“ ist eben nur noch eine Nebenrolle zugewiesen in der heutigen Frankenstein-Industrie, die sich der eigenmächtigen und eigennützigen Planung und Erschaffung von Lebewesen verschrieben hat und auf diese Weise Fleisch, Eier und Milch für bereits ein bis zwei Milliarden von Menschen produziert.(1)

Wer sich mit der modernen Agrarindustrie beschäftigt, den wird eines am stärksten verblüffen: die Beobachtung, dass heutige Ställe nicht mehr rund um die Tiere, sondern vielmehr die Tiere passend für die Haltungssysteme „designt“ werden. Aus diesem Grund ist die tierschützerische Forderung nach besseren Haltungsbedingungen zwar völlig richtig, ihre Erfüllung allein würde aber leider nicht genügen. Denn fast sämtliche heutigen Nutztierrassen sind derart auf Effizienz gezüchtet, dass ihr Organismus darunter leidet. Sie sind anfällig für Störungen im Knochenbau, das Skelett kann mit dem Muskelwachstum nicht Schritt halten, sie neigen zu Stoffwechselstörungen, Flüssigkeitsansammlungen in der Bauchhöhle, chronischen Entzündungen überbeanspruchter Organe – oder gleich mehreren solcher Symptome auf einmal.(2)  Entsprechende Verhaltensstörungen kommen hinzu. Versuche haben gezeigt, dass Masthähnchen offenbar aufgrund ihrer chronischen Schmerzen die erhöhten Sitzstangen in ihrem Stall ohne Gabe von Schmerzmitteln gar nicht mehr erreichen konnten.(3)  Und damit die zur Weiterzucht verwendeten Elterntiere solcher Mastgeflügelrassen überhaupt fortpflanzungsfähig sind (und nicht zu groß, schwer oder plump), muss ihnen Futter vorenthalten werden, weswegen sie permanent hungern und Verhaltensauffälligkeiten zeigen.(4)

Auch dies mutet paradox an vor dem Hintergrund unterstellter „Natürlichkeit“ – da wir doch gemeinhin annehmen, anders als das Kulturwesen Mensch vollziehe ein Tier sein Leben „nur“ in der Befriedigung überschaubarer natürlicher Grundbedürfnisse. Doch bereits diese basalen tierischen Verhaltensweisen sind eben durch die Zucht immens eingeschränkt: die Bewegung, die Futteraufnahme, das Sozialverhalten – und die Fortpflanzung natürlich auch. Bei Hühnern ist die Zuchtwahl dermaßen weit fortgeschritten, dass heutige Hybridrassen nur noch entweder für Eier- oder für Fleischproduktion geeignet sind. Das Erbgut und Know-how entsprechender „Zuchtlinien“ liegt weltweit in der Hand weniger Firmen, die für ihre „Produkte“ exakt angeben, wie viele Eier eine durchschnittliche Henne im ersten Jahr legen wird, wenn sie soundso viel Gramm eines bestimmten Futters bei soundso vielen Stunden Licht et cetera erhält. Eine streng geregelte Kette von Großelterntieren, Elterntieren, Brütereien und Aufzuchteinrichtungen gewährt die „gleichbleibend hohe Qualität“ – des Produkts Tier.(5)


Hühnerschlachtsystem für Indien

Auch bei einem Säugetier wie dem Rind steuert die moderne Reproduktionstechnologie längst alles außer dem Wachstum innerhalb der Gebärmutter. Durch das strenge Überwachen einzelner Zuchtparameter wurde und wird nicht nur die Milchmenge kontinuierlich gesteigert, sondern auch der Eiweiß- und Fettbedarf der Milch je nach den Bedürfnissen des Marktes variiert. Künstliche Besamung ist Standard, zusätzlich werden inzwischen auch In-vitro- und In-vivo-Verfahren eingesetzt. Bei der In-vivo-Methode wird der Eisprung hormonell angeregt, später werden die Embryonen herausgespült, unterm Mikroskop begutachtet und in Behältern mit flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius zu den Empfängertieren transportiert. Dank solcher Embryonen und jährlich etwa 2,5 Millionen verschickter Portionen Sperma verspricht die niedersächsische Firma Masterrind GmbH ihren Kunden „die Sicherheit maßgeschneiderter Qualität“.(6)

Die extreme Leistungssteigerung hat dazu geführt, dass heute zwei Drittel der Milchkühe vorzeitig aufgrund von Sterilität, Stoffwechselkrankheiten und Eutererkrankungen geschlachtet werden müssen.(7)  Die Häufigkeit der chronischen (und schmerzhaften) Eutererkrankung bei der Kuh schätzen Tierärzte auf 40 Prozent. Wie mir ein schleswig-holsteinischer Rinderzüchter erklärte, züchten er und seine Kollegen daher derzeit nicht nur auf noch mehr Eiweiß, sondern eben auch „auf gesunde Euter und gute Beine“. Ich fragte nach, was mit „guten Beinen“ gemeint sei. Nun, schließlich komme man immer mehr von der ausschließlichen Anbindehaltung ab, bei der die Kühe einzeln auf ihrer Standfläche fixiert werden und ihr Futter vorgelegt bekommen.(8)  In Lauf- oder Boxenställen dagegen müssen sich die Tiere selbst zum Futterplatz und zum Melken bewegen. „Die Tiere müssen also wieder gehen können“, formulierte es der Rinderzüchter. So erklärt sich, dass bei einem vierbeinigen Landsäugetier „gute Beine“ zum Zuchtziel werden, damit es die Fähigkeit zur eigenständigen Fortbewegung (zurück-)erhält. Und dazu wird Sperma in stickstoffgekühlten Röhrchen verschickt.

Nun könnte man einwenden: Während wir in Europa Bedenken wälzen, ob wir aus Tierschutzgründen weniger Fleisch, Eier und Milch essen sollten, versuchen Menschen in anderen Teilen der Welt erst einmal, sich der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Kalorienmenge von unten zu nähern. Sobald dies gelingt und Einkommen und Lebensstandard steigen, werden auch mehr Milch, Eier und Fleisch konsumiert. So hat sich der weltweite Fleischverbrauch allein in den Entwicklungsländern von 1963 bis 1999 mehr als verdoppelt.(9)  Die Milchproduktion in Schwellenländern in Asien und Lateinamerika hat eine Steigerungsrate von circa 3 Prozent, die der Eierproduktion von 2 Prozent – jährlich.(10)  Es handelt sich, könnte man den Eindruck bekommen, um eine Entwicklung analog zur weltweiten Verbreitung des Autos. Die Bewohner der Industrienationen verpesten schon seit Jahrzehnten mit ihren Abgasen die Luft – sollen deswegen Chinesen auf ewig nur Fahrrad fahren? Wollen wir der langen Reihe unserer kolonialistischen Exporte nun auch noch unsere neu entdeckten moralischen Skrupel hinzufügen, denen zufolge der Rest der Menschheit vegetarisch zu leben habe?

Auch hier begegnet uns übrigens die Idee der Natürlichkeit oder Selbstverständlichkeit des Fleischessens (und Verzehrs anderer tierischer Produkte). In vielen Veröffentlichungen wird der Zusammenhang zwischen steigendem Lebensstandard und steigendem Konsum als gleichsam zwangsläufige, sich selbst erklärende Entwicklung dargestellt, kann beispielsweise knapp lauten: „Während die Green Revolution eine konzertierte politische und wissenschaftliche Antwort auf rasch wachsende Bevölkerungen war, wird die Livestock Revolution, die sich derzeit in den Entwicklungsländern vollzieht, vom Steigen der Einkommen und der weltweiten Mittelklasse vorangetrieben.“(11)  Das ist einerseits nicht falsch, andererseits aber, wie im Folgenden gezeigt werden soll, nicht die ganze Wahrheit.

Was bezeichnen überhaupt die Wörter „Green Revolution“ und „Livestock Revolution“? Das Erstere meint die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion von Getreide und Feldfrüchten mittels des Einsatzes von Kunstdünger, Pestiziden und neuen Züchtungen von den 1940ern bis Ende der 1970er. Analog dazu heißt Livestock Revolution („livestock“: Englisch für Nutztier) die in den 1980er Jahren einsetzende Technisierung und Effizienzsteigerung bei der Produktion tierischer Nahrungsmittel. Während allerdings inzwischen bekannt ist, dass die Segnungen der Green Revolution auch mit diversen Flüchen wie DDT-Katastrophen und der Quasimonopolisierung des Saatguts erkauft waren, weckt der Begriff der Livestock Revolution noch deutlich weniger (und weniger negative) Assoziationen.

Zu den Ländern, in denen sich diese „Revolution“ vollzieht, zählt Indien, das auch deshalb besonders interessant ist, weil es für seine lange vegetarische Tradition bekannt ist. 20 bis 30 Prozent der Inder leben vegetarisch.(12)  Weit verbreitet ist immer noch die Ablehnung von Rindfleisch, dafür wird stärker auf Büffelfleisch zurückgegriffen. Außerdem boomt die Produktion von Eiern und von Hühnchenfleisch mit einer Steigerungsrate von jährlich 8 Prozent.(13)  Bisweilen wird Huhn als gute Möglichkeit angepriesen, mit dem der „einfache Mann“ Speiseplan und Einnahmequellen ergänzen könne. Allerdings stellt sich bei einem näheren Blick auf die Produktion des Hühnchenfleisches heraus, dass die Produzenten und ersten Nutznießer des gestiegenen Hühnchenfleischkonsums mitnichten Kleinbauern sind, die sich ein paar Hühner halten;(14)  sondern man trifft in der indischen Hühnchenproduktion auf exakt dieselben Global Player mit Intensivtierhaltung, die man schon aus europäischem Rahmen kennt.

Weil die Hühnerzüchtung und -produktion weltweit auf eine Handvoll Firmen konzentriert ist, sollen hier kurz zwei von ihnen benannt werden. Erinnern wir uns, dass die Hühnerzucht in Legehennen und Masthähnchen (eigentlich: Masthühner beiderlei Geschlechts) unterteilt ist. Zu den weltweit größten Produzenten von Masthähnchen gehört die PHW-Gruppe (nach Paul-Heinz Wesjohann), die unter anderem, aber längst nicht nur die Firma Wiesenhof kontrolliert. Dem Bruder Erich Wesjohann wiederum gehört die EW Group unter anderem mit den Firmen Lohmann (Weltmarktführer für Legehennen) und Aviagen (Genetik in der Geflügelzucht).(15)  Beide Unternehmen agieren weltweit und arbeiten dabei, grob gesagt, mit dem Prinzip der Lizenzvergabe und der vertikalen Arbeitsteilung. In vielen, nicht allen Fällen verbleiben die Großelterntiere und deren wertvolles Genmaterial in der Hand der Firma selbst, die dann Bruteier an Fremdfirmen liefert;(16)  diese Firmen lassen die nächste Generation ausbrüten, geben sie eventuell weiter zu Aufzucht und Mast; für die Schlachtung gehen die Tiere manchmal an die erste Firma zurück. Es handelt sich um ein flexibles, überall einsetzbares System, mit dessen Hilfe viele Risiken und ein Großteil des Preisdrucks an andere Firmen weitergegeben werden können. Die Gewinnmargen für die anderen beteiligten Firmen sind äußerst knapp kalkuliert.(17)

Eine solche Fremdfirma, die mit beiden Wesjohann-Unternehmensgruppen (also sowohl in der Eier- als auch der Hühnchenproduktion) kooperiert, ist Suguna Poultry, die 1984 von zwei indischen Unternehmern gegründet wurde. Deren Website leuchtet in wunderschönen warmen Farben, die Slogans stehen dem nicht nach. „We dream for a healthier, happier India“, heißt es, und man verfolge „a vision to energise rural India“. Das passt gleichermaßen gut zur erklärten Firmenphilosophie der EW-Group („think globally, act locally“) wie zur Überzeugung von Paul-Heinz Wesjohann: „Ich bleibe dabei: Die moderne Geflügelzucht ist eine große soziale Tat.“(18)

Von der einen Unternehmensgruppe bezieht Suguna Poultry die Masthühner, von der anderen die Legehennen. So wurde Suguna Poultry die „unangefochtene Nummer eins im indischen Geflügelgeschäft“; vor zwölf Jahren machte die Firma 29 Millionen Euro Umsatz, heute sind es 570 Millionen.(19)  Ein Netz von 15 000 Bauern arbeitet für die Firma, und es werden mehr angeworben. Zu den Hähnchenställen gesellen sich Zuchtanlagen, Brütereien, Laboratorien und Futtermühlen. Derzeit produziert Suguna Poultry wöchentlich 7 500 000 Masthähnchen vom Typ Ross 308(20)– ein Huhn, dessen „Bedienungsanleitung“ 100 Seiten umfasst;(21)  als Legehenne wird Lohmann LSL-LITE eingesetzt, „ein Huhn mit spezieller Genetik für den indischen Markt“. Bei diesen Hightech-Hühnern ist alles genauestens aufeinander abgestimmt: Wie sie gehalten werden, welches Futter sie benötigen, wie sie (gerade in wärmeren und feuchteren Gefilden) motiviert werden können, genug Wasser aufzunehmen, denn: „Ein Huhn, das nicht trinkt, nimmt auch kein Futter auf.“(22)  Nimmt es aber weniger Futter auf als in den Unternehmenslaboren berechnet und in der Anleitung angegeben, produziert es weniger als erhofft und kostet eventuell sogar mehr, als es liefert.(23)  Das Huhn entpuppt sich also als eine Art Danaergeschenk wie jene Puppe, die Michael Endes Figur „Momo“ geschenkt bekommt; erst nach und nach versteht Momo, dass diese Puppe auch nach bestimmten Kleidern, Spielzeug und einem Gefährten verlangt. Im Falle der Hühner (die allerdings von vornherein bezahlt werden müssen) kommen also Futter, Käfig, auch spezielle Impfungen hinzu. Sie sorgen dafür, dass ein Bauer, der direkt oder über Suguna Poultry einen „exklusiven Distributorenvertrag“(25)  mit den niedersächsischen Unternehmen abgeschlossen hat, nicht ohne das restliche Paket auskommen wird.

So entstehen – nicht nur beim Huhn, sondern auch bei anderen modernen Hochleistungstieren – überall neue Absatzmärkte für weitere europäische Firmen. Futtermittel und Impfstoffe wurden schon erwähnt. Haltungssysteme (darunter auch die in der EU verbotene herkömmliche Hühner-Käfighaltung) liefert weltweit die in Vechta angesiedelte Firma Big Dutchman, die ein Patent zur automatischen Fütterung von Legehennen besitzt. Und auch die Milchkühe, deren Sperma wie oben beschrieben weltweit versandt wird, funktionieren in der Ferne wie Momos Puppe. Die Firma Siemens installiert dann die Technik der indischen Großmolkerei Vadushara Dairy; eine schwedische Firma beteiligt sich an der ersten Milchfarm in Kambodscha; eine spanische Firma liefert weltweit die Apparaturen für die Klauenpflege von Kühen. Damit die später gewonnenen Produkte überhaupt erst transportiert werden können, müssen in den betreffenden Ländern Verpackungsmöglichkeiten, Transportsysteme und Kühlketten aufgebaut werden. Also investieren deutsche und andere Firmen in Lkws und Kühlsysteme; überall sind im Rahmen der Green Revolution Know-how und Geld aus Europa und Nordamerika gefragt.

Doch was heißt eigentlich, dass etwas „gefragt“ sei? Wer bittet hier wen um Kooperation, und ist es nicht vielmehr oft so, dass Geld und Technologien in andere Märkte „eindringen“, sie „erobern“ oder gar erst generieren? Wiederum ist Indiens Beispiel aufschlussreich, weil es daran erinnert, dass mit dem Produkt totes, tiefgefrorenes Huhn allein nicht viel anzufangen wäre. Traditionell wurden Hühner in Indien lebend auf dem Markt gekauft und in der Nachbarschaft geschlachtet, was aus hygienischen Gründen auch gar nicht anders möglich war. Heute muss ein geschlachtetes Tier frisch gehalten und zu potenziellen Endabnehmern transportiert werden. Schließlich braucht es auch neue Arten der Verwertung, sprich Restaurants, Gewohnheiten und Rezepte. Nicht zufällig bietet Suguna Poultry auch Fertiggerichte an.

Nur das ärmste Fünftel der Weltbevölkerung, dem täglich 1 Dollar oder weniger für Nahrung zur Verfügung steht, wird auch dieses Angebot wohl nicht erreichen. So überlegt die zur EW Group gehörende Firma Aviagen: „Die Vermarktung von Hähnchenfleisch an diese Menschen ist aus offensichtlichen Gründen schwierig. Die einzige Gelegenheit, diesem Fünftel Chicken nahe zu bringen, ist durch den Verkauf von Hähnchenfleisch an Organisationen, die Nahrungsmittelhilfe vergeben.“(26) Es ist hier leider nicht der Platz, Milchpulverlieferungen in die Dritte Welt und ähnliche Phänomene zu diskutieren. Nur so viel sei gesagt: Zumindest auf dem Milchmarkt hat die Firma Danone einen direkten Weg zu den Portemonnaies der Ärmsten gefunden. An Niedrigverdiener in Indonesien hat die Firma erstmals 2004 Joghurt in 70-Gramm-Fläschchen für umgerechnet 10 Cent verkauft und 2009 in Senegal speziell für die unterste Einkommensgruppe den Trinkjoghurt Dolima (Wolof für: „Gib mir mehr“) kreiert.(27)


Danone Trinkjoghurt für Senegal

Zugegeben: Aus hinreichender Distanz betrachtet ist alles trivial, was über solche Mechanismen der Weltwirtschaft gesagt werden kann. Selbstverständlich suchen europäische Investoren internationale Absatzmärkte. Selbstverständlich generieren sie diese Märkte selbst mit. Europäische Regierungen stehen ihnen dabei zur Seite. Doch dies ist eben nicht dasselbe „Selbstverständlich“, mit dem man zunächst unbefangen nicken wird, wenn man hört, dass steigender Wohlstand weltweit auch mehr Bedarf an Fleisch, Eiern und Milch generiert. Kein Senegalese muss Danone-Joghurt trinken; kein indischer Städter braucht ausgerechnet Sugunas Home Bites’ Spaghetti Bolognese vom Huhn.

Japans Bewohner – die sich zum Bedauern der europäischen Milchindustrie weigern, ihren Trinkmilchkonsum weiter zu steigern – kämen notfalls auch ohne die Pizzerien und Schnellrestaurants aus, die europäischen Produzenten immerhin weitere Absätze für Käse und Schmelzkäse garantieren.(28) Solcher Bedarf erwächst nicht gleichsam organisch aus dem Wohlstand, sondern er wird aus einer Kombination von „harten“ Mitteln von Kapital und Politik sowie „weicheren“ kulturellen Prozessen generiert: von Investitionen, Technologietransfer, Exportsubventionen, Freihandelsabkommen; von Ernährungsberatung, Internet, Reisen und Bildern vom westlichen Lebensstil.

Nun lässt sich auch aus umwelt- und entwicklungspolitischen Perspektiven vieles gegen die Livestock Revolution einwenden, doch in diesem Text sollen einmal nicht die Folgen für den Menschen, sondern die für das Tier im Vordergrund stehen. Ein Fehlschluss muss dabei vermieden werden: Auch die traditionelle Tierhaltung war und ist für Tiere keine Erquickung. Weder leben die Kühe auf Indiens Straßen „glücklich“, noch das Huhn, das auf einem afrikanischen Fahrradgepäckträger transportiert wird. Allerdings kommt der Frankenstein-Industrie – und dem dahinterstehenden Verbund aus ökonomischen Interessen und wissenschaftlichen Kompetenzen – das zweifelhafte Verdienst zu, das Grauen sowohl quantitativ wie qualitativ um ein Vielfaches gesteigert zu haben. Quantitativ, weil ohne die moderne Effizienzsteigerung ein solch hohes Niveau des Konsums von Fleisch, Milch und Eiern gar nicht zu erreichen wäre; und qualitativ, da wie oben beschrieben wirklich jede einzelne Lebensphase der involvierten Tiere zu einer Qual eigener Art umgewandelt wurde.

Nicht erst die Schlachtung, nicht erst der Transport sind qualvoll (die Dauer beider wird übrigens in den industriellen Prozessen zumeist wesentlich verlängert). Sondern auch die Reproduktion, der (meist vorenthaltene) Umgang mit dem Nachwuchs, ja sogar die Nahrungsaufnahme (die zwar dem wirtschaftlichen Ergebnis, nicht aber den subjektiven Bedürfnissen der Tiere entspricht); das Stehen und Liegen, das Bewegen – falls überhaupt möglich. Haben frühere Philosophen das Tier noch durch die unspektakuläre Freude charakterisiert gesehen, der Bedürfniserfüllung zu frönen und im eigenen Körper „zu Hause“ zu sein, hat die Intensivtierhaltung den Tieren das meiste dieses schlichten Soseins und Wohlgefühls nicht erst mit den Haltungsformen, sondern oft bereits mit der Züchtung genommen.

Vermutlich kann man es dem Kulturwesen Mensch nicht verdenken, dass es versucht ist, die widerspenstigen Elemente der Körperhaftigkeit auch anderer Spezies einem gewissen Schöpfungseifer zu unterwerfen. Das allein müsste nicht gleich katastrophal sein. Im Falle der weltweit operierenden Frankenstein-Industrie allerdings lassen sich die vielen Qualen und Grausamkeiten, die restlose Ausbeutung des Tiers für jeden ethisch nicht weiter qualifizierten Konsum und schließlich auch die Entfremdung des Menschen von anderen Spezies nicht schönreden. Hier hat der Mensch seine Intelligenz, seine Erfindungsgabe und besonders seine Fähigkeit, die Prinzipien des Lebens zu erforschen und zu variieren, denkbar schlecht genutzt.
 



Fußnoten:


(1)  Weltweit werden jährlich circa 56 Milliarden Tiere verzehrt (vermutlich sind, wie bei den meisten Schätzungen dieser Art, nur Landwirbeltiere berücksichtigt). 67 Prozent des Geflügelfleisches, 50 Prozent der Eier und 42 Prozent des Schweinefleisches weltweit stammen aus der Massentierhaltung. Livestock’s Longs Shadow, FAO 2007.

(2)  Siehe die Beiträge von Bernhard Hörning und Lars Schrader bei der Veranstaltung „Wenn die Zucht zur Qual wird“, am 23. Mai 2011: www.gruene-bundestag.de/cms/tierschutz/dok/384/384370.wenn_die_zucht_zur_qual_wird.html

(3)  Bernhard Hörning, „Auswirkungen der Zucht auf das Verhalten von Nutztieren“, Kassel (University Press) 2008.

(4)  Michael Erhard, siehe Anmerkung 2.

(5)  Auf seiner Firmenwebsite stellt Weltmarktführer Lohmann Tierzucht die Produktpalette vor: www.ltz.de/produkte

(6)  www.masterrind.com.

(7)  Bernhard Hörning (Hochschule Eberswalde) in „Wenn die Zucht zur Qual wird“, siehe Anmerkung 2.

(8)  Laut Informationen des Deutschen Tierschutzbundes werden bislang noch über ein Drittel aller Kühe in Anbindehaltung gehalten. Auch wenn Anbindehaltung ein klarer Fall von nicht artgerechter Haltung ist, heißt das noch nicht, dass Boxenställe dem Bewegungsdrang des Tiers gerecht werden.

(9)  Weltagrarbericht der Zukunftsstiftung Landwirtschaft e. V. www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichtes/fleisch.html und Christopher Delgado, „Rising Consumption of Meat and Milk in Developing Countries Has Created a New Food Revolution“, "Journal of Nutrition, Nr. 133, November 2003, S. 3907S–3910S.

(10)  "Elite. Magazin für Milcherzeuger, 22. Juni 2011: www.elite-magazin.de/news/Milch-sprudelt-weltweit-ausser-in-der-EU-498741.html und "Agrarmärkte, Jahresheft 2007, Teilauszug „Eier und Schlachtgeflügel“ aus der Schriftenreihe der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft

(11)  „Livestock Production and the global environment: Consume less or produce better?“, Henning Steinfeld und Pierre Gerber in "Proceedings of the national Academy of Sciences in The United States, 8. Oktober 2010.

(12)  Siehe die diversen im englischen Wikipedia angegebenen Studien: en.wikipedia.org/wiki/Vegetarianism_by_country#India

(13)  Laut Ministry of Food Processing Industries, Bericht 2007–2008. Siehe auch: Economic Research Service/USDA, „India’s Poultry Sector: Development and Prospects“, WRS-04-03. Laut dem Informationsdienst Maier +Vidorno GmbH (mv-group.com) 2008 hat der Verzehr von Geflügelfleisch einen Anteil von 50 Prozent am jährlich um 11 Prozent wachsenden Fleischkonsum.

(14)  Insbesondere die „einfache Frau“ übrigens gerät dabei oft ins Hintertreffen, siehe "Info Resources Focus, 1/2007: „The Livestock Revolution: An Opportunity for Poor Farmers?“

(15)  Firmenrechtlich: PHW-Gruppe Lohmann & Co. AG und EW Group GmbH.

(16)  Heutige Hühnerhybriden sind so gezüchtet, dass sich die gewünschten Eigenschaften in der nächsten Generation verlieren. Die Firmen besitzen also ein „eingebautes biologisches Patent“, Franciso Marí und Rudolf Buntzel, „Das globale Huhn. Hühnerbrust und Chicken Wings – Wer isst den Rest?“, Frankfurt am Main (Brandes & Apsel) 2007.

(17)  Und zwar zwischen 0,134 und 0,25 Euro pro Tier laut Franciso Marí und Rudolf Buntzel, siehe Anmerkung 16.

(18)  "Welt am Sonntag, 22. März 2009.

(19)  "Lohmann Poultry News, 3/2010.

(20)  www.sugunapoultry.com/farmers/parent_stock/breed.asp.

(21)  Marí/Buntzel, siehe Anmerkung 16.

(22)  "Lohmann Poultry News, 3/2010.

(23)  Besonders unbeeinflussbare Faktoren wie Klima, Dürre und dadurch bedingte Futterknappheiten können zur Gefahr werden, "Info Resources Focus, 1/2007

(24)  "Lohmann Poultry News, 3/2010.

(25)  Aus einer Firmenveröffentlichung, zitiert nach Marí/Buntzel, siehe Anmerkung 16, S. 86.

(26)  „2009 machte [Danone] 42 Prozent seines Umsatzes in Indien, Indonesien oder afrikanischen Ländern. Vor zehn Jahren waren es noch 6 Prozent.“ "Financial Times Deutschland, 2. Juli 2010.

(27)  www.meine-milch.de/artikel/deutscher-milchmarkt-import-und-exportstrukturen; Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: „Chancen und Herausforderungen für den deutschen Milchmarkt“, 2008.
 



Quelle: "Le Monde diplomatique“, Berlin


Le Monde diplomatique Nr. 9647 vom 11.11.2011, Seite 1,12-13, 642 Zeilen, Dokumentation, Hilal Sezgin - Permanenter Link zum Text

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Pferdefleisch-Skandal: Handel ist Täter, nicht Opfer

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Pferdefleisch-Skandal: Handel ist Täter, nicht Opfer


Angesichts des Skandals um falsch deklariertes Pferdefleisch fordert foodwatch: Es darf sich nicht länger lohnen, zu lügen und zu betrügen. Handelskonzerne haben die Pflicht, sicherzustellen, dass ihre Produkte sicher sind und dass drinsteckt, was draufsteht. Wer das nicht ausreichend überprüft, aber wie Real Milliarden-Umsätze macht, dem muss bei Verstößen eine Strafe in Millionen-Höhe drohen. Erst dann hat ein Konzern ein ausreichend großes Eigeninteresse daran sicherzustellen, dass seine Ware korrekt ist.
 
Inzwischen ist bekannt, dass auch in Deutschland mehrere Handelsketten Lasagne verkauft haben, die Pferdefleisch enthielt. Wenn Handelskonzerne Eigenmarken anbieten, agieren sie quasi als Hersteller – und müssen wie Markenhersteller auch für die Qualität ihrer Produkte gerade stehen. Allerdings sind die Vorschriften für Eigenkontrollen bisher äußerst vage. Unternehmen können kaum strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.


Handel kaum zu belangen

Tatsächlich weiß der Handel genau, dass er strafrechtlich praktisch nicht für den Verkauf nicht verkehrsfähiger Eigenmarken-Ware belangt werden kann. Denn nach heutiger Rechtslage ist der Nachweis, dass die Konzerne wissentlich gehandelt haben, mangels eindeutiger Qualitätssicherungs-Vorgaben so gut wie unmöglich. Die Mitarbeiter der Handelriesen werden sich fast immer darauf berufen können, nichts gewusst zu haben, weil es keine konkreten Pflichtvorgaben gibt, zu untersuchen, ob die Ware ihrer Deklaration entspricht.

Das spezielle Lebensmittelstrafrecht bedroht die falsche, aber medizinisch folgenlose Deklaration der Zutaten mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € für Privatpersonen (§ 10 Abs. 3 LmKV, §§ 60 Abs. 2 Nr. 26a, Abs. 5 Nr. 2 LFGB), wenn die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen, und das Lebensmittel in Verkehr gebracht wird. Diese Strafnormen richten sich also an die gesamte Produktions- und Vertriebskette bis hin zum Einzelhändler. Vorsatz erfordert (wie beim Betrug) das positive Wissen vom Deklarationsfehler; Fahrlässigkeit nur, dass man sich dieser Erkenntnis pflichtwidrig verschlossen hat.


foodwatch fordert spezielle Untersuchungspflichten für Handelskonzerne

Entscheidend ist daher aus Sicht von foodwatch: Handelskonzerne und Markenhersteller müssen speziell zur Untersuchung ihrer Produkte verpflichtet werden, um sicherzustellen, dass die Ware korrekt ist. Bei Verstößen müssen sie zur Verantwortung gezogen werden – und zwar nicht nur zivil- sondern auch strafrechtlich. Denn wenn den Unternehmen nicht nur geringe Bußgelder drohen, die sie aus der Portokasse zahlen können, sondern empfindliche Geldstrafen, die sich am Umsatz orientieren, dann liegt es auch in ihrem eigenen Interesse, nur korrekte Produkte in Umlauf zu bringen.

Eine spezielle Untersuchungspflicht der Handelskonzerne für ihre Eigenmarken-Produkte ist verfassungsrechtlich möglich, weil sie die Untersuchungskosten an die ihnen verpflichteten Hersteller weitergeben können. Außerdem werden diese Händler vom zivilen Produkthaftungsrecht ohnehin schon wie Hersteller behandelt.


Strafen müssen betriebswirtschaftlich weh tun

Eine solche gesetzlich geregelte spezielle Untersuchungspflicht würde folgende Situation erzeugen: Wenn die zuständigen Mitarbeiter eines Handelkonzerns die Ware untersuchen, einen Deklarationsverstoß feststellen und sie trotzdem weiter verkaufen, handeln sie vorsätzlich und können als Betrüger bestraft werden. Wenn sie nicht untersuchen und falsch deklarierte Ware deshalb verkaufen, begehen sie zwar im Regelfall keinen Betrug (es sei denn, sie wussten aus anderer Quelle vom Deklarationsverstoß), aber jedenfalls eine fahrlässige Ordnungswidrigkeit.

Das angedrohte Bußgeld muss so hoch sein, dass ein ertappter Verstoß für den Handelskonzern betriebswirtschaftlich schwerwiegende Folgen hat. Ähnlich wie im Kartellrecht sollten hohe Millionenbeträge als Strafzahlung fällig werden, damit die Lebensmittelhändler aus schierem Eigeninteresse alles tun, um sicherzustellen, dass in ihren Regalen (besonders bei Eigenmarken) nur gesetzeskonforme Artikel zum Verkauf angeboten werden.


Behörden auch bei Betrugsfällen zur Verbraucherinformation verpflichten

Bisher sind die Behörden nicht verpflichtet, die Verbraucher über Täuschungsfälle bei Handel und Herstellern zu informieren. Wären sie verpflichtet, im Sinne des vorsorgenden Verbraucherschutzes auch ihre Kenntnisse über, z.B. aufgrund von Falschdeklaration, nicht verkehrsfähige Ware, umgehend und umfassend zu veröffentlichen, hätten die Verbraucher die Möglichkeit, diese Produkte gezielt zu meiden. Und die verantwortlichen Unternehmen würden sich beeilen, schnellstmöglich Klarheit zu schaffen. Alle Informationen aus dem europäischen Schnellwarnsystem müssen ebenso wie behördeneigene Untersuchungsergebnisse, selbstverständlich auch solche, die Entwarnung geben, sofort veröffentlicht werden. Das schafft Klarheit und hilft, die Interessen der Verbraucher jederzeit bestmöglich zu schützen.

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Spekulation mit Agrarrohstoffen treibt Preise hoch

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Spekulation mit Agrarrohstoffen treibt Preise hoch



Insgesamt sechs Papiere aus den Forschungsabteilungen von Deutscher Bank und Allianz belegen: Entgegen öffentlicher Äußerungen gehen die Unternehmen selbst davon aus, dass Spekulation mit Agrarrohstoffen zu höheren Nahrungsmittelpreisen und damit zu Hunger führen kann. Die Deutsche Bank hat darüber sogar den Deutschen Bundestag belogen.

In einem als „ausschließlich zur internen Nutzung, vertraulich“ gekennzeichneten Dokument des Allianz-Konzerns, das der Verbraucherorganisation foodwatch vorliegt, heißt es: Es sei „doch wahrscheinlich“, dass „spekulative Kapitalströme (…) die Preisentwicklung zumindest verstärkt haben“. In einem weiteren Papier hielt die Forschungsabteilung von Allianz bereits 2008 fest: „Die Preisausschläge an den Agrarmärkten wurden durch spekulative Faktoren nicht ausgelöst, aber verstärkt“.

Deutsche Bank belog Bundestag

Vier Dokumente der Abteilung „DB Research“ zeigen, dass die Deutsche Bank den Deutschen Bundestag über ihre Erkenntnisse belogen hat. Vor dem Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hatte der Chefvolkswirt des Unternehmens, David Folkerts-Landau, am 27. Juni 2012 gesagt: „Es gibt kaum stichhaltige empirische Belege für die Behauptung, dass die zunehmende Bedeutung von Agrarfinanzprodukten zu Preissteigerungen  oder erhöhter Volatilität geführt hat.“ Die Forschungsabteilung der Deutschen Bank dagegen schreibt: „Auch die Spekulation hat zu Preissteigerungen beigetragen.“ Folkerts-Landau könnten die Einschätzungen von „DB Research“ durchaus bekannt sein – er selbst ist der Leiter der Abteilung.

Es ist dies der eigentliche Skandal in der Debatte um das Thema Nahrungsmittelspekulation: Konzerne wie die Deutsche Bank und Allianz wissen ganz genau, welchen Schaden sie mit ihren Finanzprodukten anrichten – aber sie täuschen die Öffentlichkeit, belügen sogar den Bundestag, um weiterhin ohne Skrupel Geschäfte auf Kosten Hungernder zu machen.

DB Research warnt ausdrücklich und unmissverständlich vor den Konsequenzen: „Solche Spekulationen können für Landwirte und Verbraucher gravierende Folgen haben und sind im Prinzip nicht akzeptabel.“

Preissteigerungen "nicht ganz von der Hand zu weisen"

Insgesamt werden in den Papieren von Deutscher Bank und Allianz immer wieder die uneinheitlichen empirischen Erkenntnisse über den Einfluss von Spekulation auf die Preise dargestellt. Die Hauptursache für steigende Preise wird in fundamentalen Entwicklungen (steigende Nachfrage, Biospritproduktion etc.) gesehen. Doch entgegen den öffentlichen Aussagen von Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und Allianz-Vorstand Jay Ralph, die spekulative Finanzprodukte sogar als Instrument im Kampf gegen die Hungerkrise darstellten, gehen die Forschungsabteilungen beider Unternehmen davon aus, dass Spekulation Preisentwicklungen verschärfen kann: Es sei „nicht ganz von der Hand zu weisen, dass die Spekulation übermäßige Preisentwicklungen zumindest fördert“, heißt es in einem Allianz-Papier.

foodwatch fordert Ausstieg – sofort

foodwatch hat die Deutsche Bank und den Allianz-Konzern aufgefordert, sämtliche Finanzprodukte, die auf die Preisentwicklung von Agrarrohstoffen wetten, sofort vom Markt zu nehmen. Schon kurzfristige Preissteigerungen können insbesondere bei chronisch mangelernährten Kindern dauerhafte Schäden verursachen oder zum Tode führen – allein eine Wahrscheinlichkeit für solche Folgen verpflichtet dazu, die exzessive Spekulation aus Vorsorgegründen zu beenden.

Deutsche-Bank-Forscher forderten Regulierung gegen Exzesse

In einem Dokument aus dem Jahr 2010 machten sich die Deutsche-Bank-Forscher sogar noch für politische Eingriffe stark: „Eine stärkere Regulierung auf den Derivatemärkten würde insgesamt einen positiven Beitrag dazu leisten, Exzesse zu vermeiden.“ Geboten wäre das – aber davon ist heute keine Rede mehr.

Alle Zitate aus den Forschungspapieren von Allianz und Deutscher Bank sowie Links zu den Originaldokumentenhier bitte weiterlesen

Stellungnahme von Deutsche-Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau im Deutschen Bundestaghier bitte weiterlesen


Ihr foodwatch-Team



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Schwarz-Gelb beschließt Betrüger-Schutz-Gesetz

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Schwarz-Gelb beschließt Betrüger-Schutz-Gesetz

 

Die gestern Abend vom Deutschen Bundestag beschlossene Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) wird nicht zu einer besseren Information der Verbraucher bei Betrugsfällen führen. Die Regierungskoalition hat in Wahrheit keine Neuregelung vorgenommen, sondern einen Absatz nahezu wortwörtlich wieder in das Gesetz aufgenommen, der bis August 2012 bereits dort stand – und der schon bis dahin nicht dazu geführt hat, dass die Behörden bei Etikettenschwindel und Betrugsfällen über die betroffenen Produkte informieren.
 
Die Koalition hat nichts anderes getan, als einen erst vor einem halben Jahr gestrichenen, bekanntermaßen wirkungslosen Absatz im Lebensmittelrecht zu recyceln – und will dies auch noch als Verbesserung der Verbraucherinformarion verkaufen. Damit betreibt die Regierung selbst Etikettenschwindel. In dem bis zum 31. August 2012 gültigen Gesetz hieß es, dass die Behörden die Öffentlichkeit bei hinreichendem Verdacht auf einen Verstoß gegen das Täuschungsverbot über die betroffenen Produkte informieren „sollen“. Aus drei Gründen hat sich dies als wirkungslos erwiesen:

  • Solange Behörden informieren „sollen“ und nicht „müssen“, nutzen sie diesen Ermessensspielraum, um aus Sorge vor möglichen Schadenersatzklagen der betroffenen Unternehmen Informationen eher nicht zu veröffentlichen.
  • Die Behörden müssen abwägen, ob das öffentliche Interesse an der Information das Geheimhaltung-Interesse des betroffenen Unternehmens überwiegt – dies macht jede Entscheidung pro Veröffentlichung angreifbar und führt im Zweifel dazu, dass die Beamten sich für die Geheimhaltung entscheiden.
  • Vor einer Information der Öffentlichkeit müssen die Behörden die betroffenen Unternehmen anhören – dadurch werden die Verbraucher, wenn überhaupt, erst dann informiert, wenn die betroffenen Produkte schon verzehrt sind.

foodwatch fordert: Behörden müssen informieren „müssen“

foodwatch forderte den Bundesrat auf, die Gesetzesnovelle abzulehnen. Stattdessen müssen Behörden verpflichtet werden, bei Täuschungsfällen wie bei Gesundheitsgefahren ohne Anhörung der betroffenen Unternehmen unverzüglich die Öffentlichkeit zu informieren. Aus der Soll- muss eine Muss-Bestimmung werden, ohne Ermessensspielraum und ohne zeitlichen Verzug bei der Information der Verbraucher.


Hintergrund: Das steht in § 40 Absatz 1 LFGB


Der Bundestag hat gestern mit der Koalitionsmehrheit eine Änderung des § 40 Absatz 1 LFGB beschlossen. Demnach sollen die zuständigen Behörden die Öffentlichkeit unter Nennung von Produktnamen – nach Abwägung von öffentlichem und privatem Interesse und nach Anhörung der betroffenen Unternehmen – informieren, wenn „der durch Tatsachen hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde“.

 

Bis zum 31. August 2012 hatte es in dem Gesetz geheißen, eine Information solle erfolgen, wenn „der hinreichende Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die (…) dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung dienen, in nicht unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde“.


Ihr foodwatch-Team



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Kennzeichnungslücken: Warum Sie immer noch so viele Käfigeier kaufen

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Warum Sie immer noch so viele Käfigeier kaufen

 

Das ist das Problem

Viele Verbraucher lehnen die Haltung von Legehennen in engen Käfigen ab. Doch im Supermarkt wandern Käfigeier oft unerkannt in den Einkaufswagen: versteckt in Nudeln und Backwaren oder als gefärbte Ostereier. Grund ist eine Kennzeichnungslücke. Anders als bei unverarbeiteten, frischen Eiern muss nicht über die Haltungsform informiert werden, wenn Eier als Zutat in Nudeln und Co. stecken, gefärbt verkauft oder im Restaurant serviert werden.


Das ist der Stand

Der Großteil der von Industrie und Gastronomie verarbeiteten Eier stammt aus Käfighaltung. Ob aus klassischer Käfighaltung oder den neuen Kleinvolieren, der Unterschied ist gering: Statt knapp einem DIN-A-4-Blatt pro Tier in der Legebatterie steht den Hühnern in der Kleinvoliere eine Fläche von eineinhalb DIN-A-4-Blättern zur Verfügung. Und obwohl die klassischen Legebatterien eigentlich seit 1. Januar 2012 EU-weit verboten sind, können Eier aus Legebatterien immer noch in Lebensmitteln stecken, denn viele Mitgliedsstaaten haben das Verbot nicht rechtzeitig umgesetzt.

Das fordert foodwatch

foodwatch fordert, dass auch bei verarbeiteten Produkten gekennzeichnet werden muss, wie die Hühner gehalten wurden – ob im Supermarkt oder in der Gastronomie. Dass die Verbraucher eine solche Kennzeichnung wollen, zeigt die Praxis: Seit 2004 muss bei unverarbeiteten Eiern die Haltungsform EU-weit gekennzeichnet werden. Der Absatz von Käfigeiern ist seitdem drastisch zurückgegangen. In einer repräsentativen Emnid-Umfrage sprachen sich zudem 80 Prozent der Verbraucher für eine solche Kennzeichnung aus.



Für Transparenz – gegen versteckte Käfigeier!

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Fleisch in Schutzatmossphäre: So funktioniert der Sauerstoff-Trick

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Fleisch in Schutzatmossphäre: So funktioniert der Sauerstoff-Trick


Die meisten großen Handelsketten verkaufen Frischfleisch in „Schutzatmosphäre“-Packungen. Dahinter verbirgt sich oft ein hochgradig mit Sauerstoff angereichertes Gasgemisch. Der Effekt: Auch nach Tagen sieht das Fleisch außen rosig-frisch aus. Eine Illusion, denn Sauerstoff macht es gleichzeitig innen zäh und ranzig.

Jedes zweite Stück Fleisch kaufen Verbraucher aus den Selbstbedienungs-Kühltheken von Supermärkten. Hackfleisch und Rinderrouladen, Gulasch und Schweineschnitzel liegen dort geschnitten und portioniert in praktischen Plastikschalen. In genau diesen Plastikschalen entsteht die große Frische-Illusion – einem speziellen Gasgemisch sei dank. Tagelang behält das Fleisch außen eine rosige Farbe, während es innen jedoch schneller altert, zäh und ranzig wird. Die Anbieter nehmen diese Qualitätsverschlechterung in Kauf: Um es besser verkaufen zu können, hübschen sie es optisch auf – und bieten minderwertiges Fleisch an.


„Schutzatmosphäre“ mit kosmetischer Wirkung

Verpackt unter „Schutzatmosphäre“, so heißt das „Zauberwort“ auf vielen Etiketten. Dahinter können sich unterschiedliche Gasgemische verbergen, mit denen die luftdicht abgeschlossenen Plastikschalen gefüllt werden. Ein foodwatch-Labortest zeigt: Die großen Ketten Aldi (Nord), Lidl, Marktkauf (Edeka-Gruppe) und Rewe setzten bei allen untersuchten Fleischprodukten auf ein hochgradig sauerstoffhaltiges Gasgemisch. Der Vorteil für den Handel: Es reagiert mit dem Muskelfarbstoff Myoglobin und erzeugt so eine rötliche Farbe. Ohne diese Reaktion würde Fleisch natürlicherweise zunehmend gräulich-braun werden. Der kosmetische Effekt ist gewollt: Rosig-rotes Fleisch gilt als frischer und lässt sich besser und länger verkaufen.


Staatsinstitut: Fleisch wird „schlagartig zäh und ranzig“

Das ist nicht nur eine Irreführung der Kunden, denen Tage altes Fleisch als optisch schlachtfrisch untergejubelt wird. Denn Fachleute wissen: Der Einsatz von Sauerstoff ist alles andere als unproblematisch. Hochkonzentriert, reagiert er auch mit den Fetten und Eiweißen im Fleisch. Folge sind „vielfältige negative Auswirkungen“, die etwa Wissenschaftler des staatlichen Max-Rubner-Instituts seit längerem als „unstrittig“ beschreiben: „Derartig dem Sauerstoff ausgesetztes Fleisch“ werde „schlagartig ranzig, entwickelt Altgeschmack, erfährt vielfältig stoffliche Umsetzungen der Lipid- und Proteinfraktion und wird zäh“, heißt es in einem Artikel im Branchenblatt „Fleischwirtschaft“ (6/2009). Sogar eine „massive Erhöhung der gesundheitlich als schädlich bekannten Cholesteroloxide“ stellten die Wissenschaftler fest, also die Bildung von „anerkannt toxischen Substanzen mit diversen biologischen Wirkungen, speziell auch im Zusammenhang mit degenerativen Erkrankungsgeschehen, wie Arteriosklerose oder auch Krebs“.


Nur Vermarktungsvorteile

In aller Deutlichkeit kritisiert das Bundesinstitut: „Hinzu kommt, dass keinerlei Notwendigkeit zur Behandlung von Fleisch mit höheren Sauerstoffkonzentrationen besteht, außer einem Vermarktungsvorteil durch Aufrötung erzielen zu wollen.“ Der eigentliche Skandal: Fleischindustrie und Handelsketten kennen das Problem, doch für den eigenen Vorteil nehmen sie die Nebenwirkungen und Risiken für ihre Kunden in Kauf. Ein Anbieter von Industriegasen, die Messer Group mit Sitz in Krefeld, schreibt ganz offen in einer Produktbroschüre über die Wirkung von Sauerstoff: „Verursacht die Oxidation von Fetten / Ölen. Erlaubt das Wachstum von aeroben Bakterien und Schimmel, aber erhält die rote Farbe von Fleisch und hemmt anaerobe Bakterien.“

 

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Capri-Sonne erhält Goldenen Windbeutel 2013. Reaktionen und Gegenreaktionen

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Capri-Sonne erhält Goldenen Windbeutel 2013.



Reaktionen und Gegenreaktionen


120.000 Verbraucher haben über aggressive Marketingmethoden bei Kinderprodukten abgestimmt – und entschieden: Die Werbung für den Soft-Drink Capri-Sonne ist die schlimmste. foodwatch wollte daher dem Hersteller Wild (SiSi-Werke) am 16. Mai am Firmensitz in Eppelheim bei Heidelberg den Goldenen Windbeutel 2013 für die dreisteste Werbemasche des Jahres verleihen.

Capri-Sonne (in der Geschmacksrichtung Orange) enthält pro 200-Milliliter-Beutel umgerechnet sechseinhalb Stück Würfelzucker und damit mehr als ein gleich großes Glas Fanta Orange. Da der Konsum zuckerhaltiger Getränke ohnehin bereits zu hoch ist und Übergewicht unter Kindern grassiert, forderte foodwatch das Unternehmen auf, alle Werbe- und Marketingaktivitäten zu stoppen, die sich gezielt an Kinder richten.



Capri-Sonne & Co. sind Dickmacher ersten Ranges, das ist wissenschaftlich erwiesen. Dennoch fixt Wild Kinder auf allen Kanälen an, immer noch mehr Zuckergetränke zu konsumieren – im Internet, Fernsehen, in der Schule, bei Sportveranstaltungen und sogar als Kinderbetreuer in Ferienanlagen. In einer ganzen Reihe von Studien ist der Zusammenhang zwischen Soft-Drink-Konsum und dem Risiko für die Bildung von Übergewicht belegt. In Deutschland gelten 15 Prozent der Kinder als übergewichtig, 6 Prozent sogar als fettleibig (adipös). foodwatch fordert daher ein grundsätzliches Verbot der Bewerbung unausgewogener Produkte direkt an Kinder.

Bei der von foodwatch ausgerufenen Online-Wahl zum Goldenen Windbeutel auf www.goldenerwindbeutel.de haben sich vom 18. April bis zum 15. Mai 2013 insgesamt 119.835 Verbraucher beteiligt. Das Ergebnis im Detail:

  • Capri-Sonne von Wild/SiSi-Werke: 51.054 Stimmen / 42,6 %
  • Paula von Dr. Oetker: 26.231 Stimmen / 21,9 %
  • Kosmostars von Nestlé: 24.710 Stimmen / 20,6 %
  • Monsterbacke Knister von Ehrmann: 11.580 Stimmen / 9,7 %
  • Pom-Bär von funny-frisch (Intersnack): 6.260 Stimmen / 5,2 %

Capri-Sonne richtet sich mit einer ganzen Reihe von Marketingaktivitäten direkt an Kinder und sucht dabei gezielt die Nähe zum Sport. Capri-Sonne tritt als Sponsor und Veranstalter von Sportevents für Kinder auf, betreut Kinder in Hotelanlagen, spricht diese gezielt mit einer Internetseite an und macht sie über ihre facebook-Seite zu Markenbotschaftern. Bis Anfang Mai verbreitete der Hersteller zudem werbliches Unterrichtsmaterial an Grundschullehrer, in dem Kindern die Ernährungsempfehlung ausgesprochen wurde, „viel“ Capri-Sonne zu verzehren. Nach der foodwatch-Kritik stoppte Wild die Verbreitung des Materials – ein erster, kleiner Erfolg des Goldenen Windbeutels 2013.

Anders als in den Vorjahren hatte foodwatch beim Goldenen Windbeutel 2013 nicht die Werbelüge des Jahres, sondern die dreisteste Werbemasche bei einem Kinderprodukt gesucht. Nachdem in den Jahren 2009 bis 2012 das Thema Etikettenschwindel im Blickpunkt stand, möchte foodwatch nun das Problem der Fehlernährung bei Kindern und die Verantwortung der Lebensmittelindustrie in den Fokus rücken. Bei einem Marktcheck mit mehr als 1.500 Produkten hat foodwatch 2012 belegt, dass drei Viertel der direkt an Kinder vermarkteten Lebensmittel zur Kategorie der süßen oder fettigen Snacks gehören. Das Angebot folgt einer ökonomischen Logik: Während die Gewinnmargen bei Obst und Gemüse unter 5 Prozent liegen, betragen sie bei Junkfood, Soft-Drinks und Süßwaren bis zu 18 Prozent. Lebensmittelhersteller haben daher ein finanzielles Interesse daran, möglichst viele unausgewogene Kinderprodukte zu verkaufen.

Obwohl foodwatch den fünf nominierten Unternehmen bereits zum Start der Abstimmung einen Besuch beim Gewinner für den heutigen Tag angekündigt und um ein Gespräch angefragt hatte, machte Wild die Schotten dicht. Das Unternehmen lehnte die Annahme des Preises ab. Die Pförtner forderten zunächst Fernsehteams und Hörfunkjournalisten auf, ihre Aufnahmen zu stoppen. Im Pförtner-Häuschen sagten sie den foodwatch-Aktivisten dann unter Ausschluss von Medienvertretern, dass die Geschäftsführung nicht im Hause sei und kein Unternehmensvertreter für ein Gespräch zur Verfügung stehe. Die goldene Windbeutel-Skulptur mussten die foodwatch-Aktivisten wieder mitnehmen: „Wir dürfen keine Gegenstände annehmen“, so die Pförtner. „Wir sollen ausrichten, dass die Deutsche SiSi das Geschenk nicht annimmt.“ Die Aufforderung „Lasst die Kinder mit Zuckerbomben-Marketing in Ruhe“ ließ foodwatch als alternatives „Geschenk“ auf der Straße vor der Pforte zurück.



Die Pförtner händigten lediglich eine schriftliche Stellungnahme aus, in der der Hersteller zwar erklärt, dass er (wie vorgeschrieben) alle Zutaten „vollständig“ und „auf jedem Beutel“ deklariert – aber mit keiner Silbe auf die Kritik am aggressiven Marketing bei Kindern eingeht.


Ihr foodwatch Team


 



Böse, böse Dickmacher

Am 19.05.2013 erschien in der Welt am Sonntag unter dem Titel "Böse, böse Dickmacher" ein Porträt über foodwatch. Nach Auffassung von foodwatch ist der Text in hohem Maße tendenziös, verzerrend und leider auch fehlerhaft. In einer ausführlichen Stellungnahme äußert sich foodwatch zu den Vorwürfen, zu denen die Verbraucherorganisation im Vorfeld der Veröffentlichung größtenteils nicht einmal befragt wurde. Hier die ersten Zeilen des Artikels:
 

Böse, böse Dickmacher

Foodwatch inszeniert sich als David im Kampf gegen eine mächtige Industrie. Dabei übt die kleine Verbraucherorganisation mittlerweile selbst großen Einfluss aus – mit umstrittenen Methoden.

Grau ist der Mittwoch dieser Woche in Heidelberg-Eppelheim. Das winzige Trüppchen Demonstranten am Werkstor des Getränkeherstellers Wild fällt trotzdem auf. Eine Aktivistin steckt in einem Capri-Sonne-Orange-Kostüm und klagt in die Kamera der ARD: "Ich bin ein übersüßer Dickmacher und werde viel zu viel von Kindern verzehrt." Ein junger Mann in knallroter Regenjacke versucht, einen fußballgroßen goldenen Windbeutel an den Pförtner des Unternehmens zu überreichen. Der Mann verweist die Demonstranten unwirsch vom Firmengelände.


bitte lest zunächst den vollständigen Artikel bei WELT.de  - weiter


Als Initiator des Kritischen Netzwerkes halte ich es für enorm wichtig, immer wieder aufzuzeigen, mit welcher Polemik und journalistischen Unkorrektheiten führende (Mainstream-)Medien hierzulande permanent aufrechte Einzelkämpfer und NGOs - wie in diesem Falle foodwatch e.V. – in der breiten Öffentlichkeit vorführen und verunglimpfen. Die wirtschaftlichen Interessen großer Tageszeitungen und anderer Medien sind natürlich legitim und damit auch ein positives, wohlwollendes Verhältnis zu den Werbekunden, aber eine dringend notwendige Verbraucheraufklärung durch sachliche wie nachweisbare Fakten bleibt oftmals auf der Strecke. Und hier kommen wir ins Spiel: partei- und wirtschaftsunabhängige alternative NGOs, Medien und Blogger.

Die offizielle Stellungnahme von foodwatch zum foodwatch-Porträt in der Welt am Sonntag vom 19.5.2013 muss deshalb im KN eine besondere Aufmerksamkeit erfahren und ich bitte alle LeserInnen, sich daraus selbst eigene Gedanken zu machen und mögliche Konsequenzen hinsichtlich Kauf- und Leseverhalten zu ziehen. Den engagierten Frauen und Männern des Vereines foodwatch e.V. gebührt jedenfalls mein Respekt und darf sich eines weiteren medialen Supports durch das Kritische Netzwerk sicher sein.   
 



Stellungnahme zum foodwatch-Portrait „Böse, böse Dickmacher“ in der Welt am Sonntag vom 19. Mai 2013

Berlin, 20. Mai 2013

Wir freuen uns über das Interesse der Welt am Sonntag (WamS) an foodwatch – es ist ja nicht alltäglich, dass ein fünfköpfiges Autorenteam sich mit der Arbeit einer NGO befasst. Dabei haben wir nicht den Anspruch, dass unsere Positionen am Ende von jedem geteilt werden. Selbstverständlich freuen wir uns auch über die notwendige kritische Begleitung, wenn sie fair und nach guter journalistischer Praxis erfolgt. Der am 19. Mai erschienene Text „Böse, böse Dickmacher“ ist jedoch in hohem Maße tendenziös, verzerrend und leider auch fehlerhaft. Viele Faktendarstellungen von Autoren und Zitatgebern halten einer Überprüfung nicht stand, zu den meisten im Text transportierten Vorwürfen ist foodwatch noch nicht einmal befragt worden.

Die Vermutung drängt sich auf, dass da die These des Artikels von Vornherein feststand und durch allzu viel Recherche auch nicht zerstört werden sollte – dies zeigt sich in jeder Passage des Textes und war auch bereits unser Eindruck , als uns in der vergangenen Woche die Anfrage des Redaktions-Hospitanten erreicht hat.

Gern möchten wir eine Reihe von Punkten richtigstellen und geraderücken:


1. Die Fehlerkette beginnt schon beim Aufmacher-Bild, das die WamS aus unserem Presse-Downloadbereich entnommen hat, und der zugehörigen Bildunterschrift: Bei den gezeigten handelt es sich keineswegs, wie die WamS schreibt, um „von foodwatch als ungesund eingestufte Produkte“, sondern schlichtweg um eine von foodwatch unkommentiert gelassene Zusammenstellung von Kinderlebensmitteln, die die Vielfalt von Verpackungsgestaltungen zeigen sollen, mit denen Lebensmittelhersteller Kinder ansprechen. Die angebliche Einstufung als „ungesund“, die bei einigen der abgebildeten Produkte zudem unsinnig ist, ist eine freie Erfindung der Redaktion.

2. Die Autoren erwecken durch ihre reportage-artige Schilderung im Einstieg des Textes den Eindruck, sie wären sie bei der foodwatch-Aktion zur Verleihung des Goldenen Windbeutels bei Capri-Sonne in Heidelberg-Eppelheim dabei gewesen. Tatsächlich war kein Vertreter der Welt oder der WamS vor Ort. foodwatch hätte diese Möglichkeit gern eingeräumt, es gab jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Anfrage für die Teilnahme an der Aktion.

3. Frei erfunden ist die Darstellung, dass am vergangenen Freitag foodwatch-Mitarbeiter „gemeinsam die Resonanz der Windbeutel-Kampagne“ auswerteten – auch wenn die Autoren den Eindruck erwecken, bei einer solchen Besprechung dabei gewesen zu sein, es gab keine solche. Das mag zwar eine Kleinigkeit sein, zeigt jedoch, wie genau es die WamS-Autoren mit der Wahrheit nehmen. Nach einem unangekündigten Überraschungsbesuch des Redaktionshospitanten am Freitagmorgen, der „zufällig in der Gegend“ gewesen zu sein vorgab, hatten sich vielmehr zwei foodwatch-Mitarbeiter die Zeit genommen, Fragen zum Goldenen Windbeutel im Interview mit dem WamS-Hospitanten zu beantworten.

So ungewöhnlich dieses Vorgehen, so ungewöhnlich der gesamte Weg der WamS-Recherchen: Der Redaktionshospitant hatte in der vergangenen Woche in der foodwatch-Pressestelle angefragt, ob er kurzfristig einen Tag im foodwatch-Büro verbringen könne, um Eindrücke zu gewinnen. Solche Besuche machen wir zwar grundsätzlich immer wieder möglich (in der Vergangenheit auch schon für eine Journalistin der Welt), aus zeitlichen Gründen mussten wir dies wegen der Verleihung des Goldenen Windbeutels für die vergangene Woche jedoch absagen. Stattdessen hatten wir wunschgemäß für Freitag ein Telefonat zum Goldenen Windbeutel in Aussicht gestellt. Daraus wurde dann der beschriebene Überraschungsbesuch und im Anschluss eine Reihe von E-Mails, in denen der Redaktionshospitant foodwatch mit verschiedenen Vorwürfen in Form von Zitaten konfrontierte, über deren Urheber er größtenteils noch nicht einmal informiert war. Zu allen Fragen und Vorwürfen haben wir ausführlich mit Stellungnahmen geantwortet, was nur zu einem geringen Teil redaktionell berücksichtigt wurde. Zum Großteil der im Text genannten Kritikpunkte und Vorwürfe wurde foodwatch jedoch gar nicht erst um Stellungnahme gefragt. Dies widerspricht nicht nur den Grundregeln journalistischen Arbeitens, sondern führt auch zu einer Reihe von Falschdarstellungen und Verzerrungen, auf die wir im Folgenden eingehen möchten.

4. Die WamS macht sich leider nicht die Mühe, die von foodwatch im Zuge der Wahl zum Goldenen Windbeutel formulierte Kritik korrekt oder vollständig wiederzugeben. Diese befasst sich vor dem Hintergrund des unter Kindern grassierenden Übergewichts mit den vielfältigen und aggressiven, gezielt auf Kinder zielenden Marketingmethoden für unausgewogene Produkte, so zum Beispiel für dem stark zuckerhaltigen Soft Drink Capri-Sonne, der aus der Online-Wahl als „Sieger“ hervorging. Hätten die Autoren diesen Zusammenhang aus gesundheitlichen Problemen, unausgewogenen Produkten und aggressivem Marketing gezielt an Kinder dargestellt, so wäre dem Leser auch schnell klar gewesen, dass das vom Capri-Sonne-Hersteller zur Entgegnung angeführte und von der WamS ohne Einordnung übernommene „Argument“, dass der Hersteller schließlich auch ein „Capri-Sonne Bio-Schorly“ anbiete, mit der eigentlichen Kritik überhaupt nichts zu tun hat – auf diese ist das Unternehmen in seiner Stellungnahme nämlich gar nicht erst eingegangen. Stattdessen hat es nach der foodwatch-Kritik die Verbreitung von „Unterrichtsmaterialien“ an Grundschullehrer, die in Wahrheit Werbebroschüren für Capri Sonne sind, gestoppt . Ebenfalls eine bekannte Tatsache, die die WamS unerwähnt lässt.

► bitte lest die vollständige foodwatch - Stellungnahmeweiter 
 



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Prüfsiegel QS - Weder Qualität noch Sicherheit.

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Prüfsiegel QS - Weder Qualität noch Sicherheit

Täuschung mit Siegel


Die Abstände der Nahrungsmittelskandale (ich weigere mich hartnäckig, von „Lebensmittel“skandalen zu sprechen, weil den Produkten keinen lebenserhaltenden Status zugesprochen werden kann) werden immer kürzer. Siehe dazu meinen Beitrag Nahrungsmittel = Lebensmittel?

Die Fleisch-Mafia kann beim jüngsten „Pferdefleischskandal“ wieder einmal frohlocken: Der Betrug wurde erst „aufgedeckt“, als der Schrott bereits vertilgt war. Die Recherchen laufen ins Leere – und wen interessiert schon der betrogene Konsument? Niemand. Schon gar nicht Frau Aigner. Die steht zwar bei den Konsumenten auf der Gehaltsliste, das interessiert sie aber nicht. Sie bekommt Monat für Monat ihr Geld, ja wofür eigentlich? Für Verbrauchertäuschung pur. Die Befindlichkeiten der Verbraucher interessieren nicht die Bohne.


Hat sie etwa die Seiten gewechselt? Nein, sie war schon immer auf der Seite der Konsumententäuscher. Und wer sind diese? Nun, da ist der Deutsche Bauernverband (DBV), der deutsche Raiffeisenverband (DRV) und der Bundesverband der deutschen Fleischwarenindustrie (BVDF) zu nennen. Im Verbund so mächtig wie die Pharma- und Finanzindustrie. Diese haben sich zusammengesetzt und überlegt, wie sie gewissenhaft wirtschaftende Bauern und Futtermittelhersteller aus dem Feld schlagen können. Also jene, die keine Gentechnik und Glyphosathaltige Pestizide wie z.B. „round-up“ den Tieren zumuten wollen, aus Verantwortung ihren Kunden gegenüber. Dieser gentechnikfrei arbeitenden Klientel soll zukünftig endgültig der Garaus gemacht werden.

Dazu hat sich der im Verbund mit der Nahrungsmittelindustrie arbeitende mächtige Industriezweig etwas Besonderes einfallen lassen: Das QS-Siegel. Qualität und Sicherheit.  Nun wurden Fleischprodukte bei ALDI, LIDL, Kaufland und McDonald’s mit „QS“ gekennzeichnet angeboten, das Zeichen besonderer Qualität. Die Massentierhaltung hat durch QS-Siegel eine „Zertifizierung“ bekommen. Das beeindruckt natürlich.

Jetzt aber sind diese Fleischverkäufer mit ihrem „Quatsch-mit-Soße-Kennzeichen wieder Mal aufgeflogen, weil verschimmelter Mais in den Futtertrog der Tiere gelangt ist. Also die Tiere, die Lieferanten für QS-Fleisch wurden. Wer wird sich denn schon über das krebserregende Aflatoxin im verschimmelten Mais aufregen? Frau Aigner? Nein. ALDI & Co? Auch nicht. Warum sollten die sich auch aufregen, wenn sich Frau Verbraucherschutzministerin nicht aufregt?  


   


Wer sich tierisch aufregt, ist der Bauernverband & Co. Denke jetzt bloß keiner, dass einer von dieser Mafia schlagartig von Skrupeln befallen wurde. Pustekuchen, die haben sich aufgeregt, weil das Umweltinstitut München und der Bayerische Rundfunk den Skandal öffentlich gemacht haben. So eine Sauerei aber auch!

Im TV-Magazin "Kontrovers" des Bayerischen Fernsehen lief kürzlich ein Beitrag über Lebensmittelskandale und Siegelbetrug. Das Umweltinstitut München kritisiert in diesem Zusammenhang industriefinanzierte Gütezeichen wie das QS-Siegel. In einem Schreiben, das dem Umweltinstitut vorliegt, übt das Institut QS unter Androhung rechtlicher Schritte Druck auf den Bayerischen Rundfunk aus, den Beitrag zu entschärfen.

Dabei hat das o.g. Konsortium doch Anspruch auf Verbrauchertäuschung. Dieser Anspruch basiert auf der Verbrauchertäuschung vom Januar 2011. Da wurden Futtermittel mit Dioxin der Firma Harles und Jentzsch entdeckt. Entdeckt wurde bereits damals, dass das Kontrollsystem beim Futtermittel deswegen untauglich ist, weil Kontrollen von demjenigen durchgeführt wird, den es zu kontrollieren gilt. Das nennt man dann „verantwortliche Eigenkontrolle“. Also keine unangemeldete staatliche Kontrolle? Nein.

Wenn es also keine Kontrolle gibt, warum spricht man dann von einem Prüfsiegel „QS“?

Weil die Konsumenten offenkundig nicht scharf darauf sind zu fragen, was es mit dem QS- Siegel auf sich hat. Das wissen auch Bauernverband & Co. ALDI, LIDL, Kaufland und McDonald’s auch.

Die Vermarktungsstrategen wissen um die Unmündigkeit ihrer Kunden. Denen kann man leicht das Werbezeichen QS als Prüfsiegel unterjubeln. Sie klatschen sich vor Freude auf die Schenkel, weil ihre Kunden so blöd sind und in sich hineinstopfen ohne zu fragen, was sie mampfen. Hauptsache es schmeckt und macht erst einmal satt. Wie der Fraß produziert wird, ist nebensächlich.

Sie beherrschen aus dem Eff-Eff das Moral-Hazard-Verhalten. Das bedeutet nichts anderes als unbekümmerte und verantwortungslose Rücksichtslosigkeit gegenüber den Kunden.

Lästig sind nur so Leute wie foodwatch und andere Schreiberlinge. Die versuchen doch glatt, der mächtigen Lobby in die Suppe zu spucken. Die erdreisten sich sogar, zu verlangen, dass ALDI & Co. für ihre Produkte Haftung übernehmen sollen. Die verlangen sogar obendrein, dass der Handel für seine Eigenmarken gerade stehen und bei Täuschung oder Gesundheitsgefährdung strafrechtlich als Täter belangt werden soll, weil Mercedes sich auch nicht aus der Verantwortung stehlen kann, wenn der Zulieferer untaugliche Bremsen geliefert hat.

Geht’s noch? Das wäre doch total übertrieben, denn bisher ist doch noch keiner nach dem Verzehr des Dreckszeugs tot umgefallen. Und wenn das mal passieren sollte, dann kann man ja immer noch alle juristischen Hebel in Bewegung setzen. Bis dahin fließt noch viel Wasser die Mosel herunter….


Marie-Luise Volk

Gesundheitsberaterin (GGB), www.agrogen-rlp.de
 



Bildquelle:  M.-L. Volk

 

  http://www.umweltinstitut.org/

 

   http://www.foodwatch.org/

 

EU-Maßnahmen gegen Nahrungsmittelspekulation weitgehend wirkungslos

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EU-Maßnahmen gegen Nahrungsmittelspekulation weitgehend wirkungslos

Finanzindustrie setzt entscheidende Ausnahmeregeln durch




Oxfam und foodwatch fordern wirksame Regulierung der Finanzmärkte


Die Vorschläge der Europäischen Union zur Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation sind weitgehend wirkungslos. Das hat eine Analyse der Entwicklungsorganisation Oxfam und der Verbraucherorganisation foodwatch gezeigt. Der EU-Richtlinienentwurf zur Regulierung der Finanzmärkte (MiFID-Richtlinie) enthält zahlreiche Ausnahmeregeln, durch die die Maßnahmen, mit denen exzessive Spekulationsgeschäfte mit Nahrungsmitteln verhindert werden sollen, unwirksam werden.

„Die mächtige Finanz- und Wirtschaftslobby hat in Brüssel ganze Arbeit geleistet, um die Regulierung der Finanzmärkte zu torpedieren“, erklärte David Hachfeld von Oxfam Deutschland. „Der Finanzindustrie ist es gelungen, entscheidende Schlupflöcher in die Finanzmarkt-Richtlinie einzubauen. Damit gehen die Spekulationsgeschäfte auf Kosten der Ärmsten munter weiter“, so foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.

Oxfam und foodwatch forderten die EU-Finanzminister auf, effektive Maßnahmen gegen die Wettgeschäfte auf Agrar-Rohstoffpreise zu ergreifen – insbesondere durch die Einführung umfassender „Positionslimits“ ohne Ausnahmeregeln. Damit würde die Zahl der zu rein spekulativen Zwecken abgeschlossenen Warenterminverträge auf Agrar-Rohstoffe begrenzt. Eine besondere Verantwortung sehen beide Organisationen bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Er vertritt nicht nur das EU-Mitgliedsland mit der größten Wirtschaftskraft, sondern auch jenes, in dem mit Deutscher Bank und Allianz zwei der weltweit größten Nahrungsmittelspekulanten ihren Sitz haben. Wolfgang Schäuble müsse beweisen, dass die Gewinn-Interessen der deutschen Finanz- und Energiekonzerne nicht über dem Wohl von Millionen von Armut und Hunger bedrohten Menschen stünden, so Oxfam und foodwatch.

Die EU-Beratungen über die umfassende MiFID-Richtlinie zur Regulierung der Finanzmärkte gehen aktuell in die entscheidende Phase. Der Gesetzentwurf, über den demnächst die europäischen Finanzminister verhandeln, beinhaltet zwar die Einführung von Positionslimits – allerdings auch zahlreiche Ausnahmeregeln und Schlupflöcher. Hier drei Beispiele:   


„Schlupfloch“ 1: Außerhalb der Börsen darf unbekümmert weiter spekuliert werden

Spekulationsgeschäfte mit Agrar-Rohstoffen finden nicht nur an Börsen und anderen regulierten Handelsplätzen statt, sondern auch in dem bisher weitgehend unregulierten sogenannten over-the-counter-Handel (OTC-Handel). Entscheidend ist daher, dass Positionslimits für den gesamten Handel gelten – unabhängig von der Handelsplattform. Dies ist in der MiFID-Richtlinie jedoch nicht eindeutig formuliert.


„Schlupfloch“ 2: Individuelle Positionslimits für einzelne Händler sind nicht effektiv

Die MiFiD-Richtlinie sieht Positionslimits bisher nur für einzelne Händler vor. Zu Preisstörungen kann es jedoch auch kommen, wenn mehrere kleinere Spekulanten mit identischen oder ähnlichen Strategien handeln. So könnte etwa die Deutsche Bank Positionslimits ganz einfach umgehen, indem sie ihre verschiedenen Investmentgesellschaften und deren Rohstofffonds als separate Händler mit jeweils einem eigenen Limit betrachtet. Die Forderung von Oxfam und foodwatch: Unternehmen, die vollständig oder zu einem relevanten Anteil zum selben Konzern gehören, müssen einem konzernübergreifenden Positionslimit unterliegen („aggregierte Positionslimits“).


„Schlupfloch“ 3: Kritische Ausnahme für Spekulanten

Der aktuelle EU-Richtlinienvorschlag enthält weitreichende Ausnahmen für Transaktionen, „die objektiv messbar direkt mit der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement“ von Unternehmen zusammenhängen. Eine genaue Abgrenzung zwischen dem „Liquiditäts- und Finanzmanagement“ von Unternehmen und rein spekulativen Geschäften ist jedoch schwierig. Große Konzerne wie Glencore oder Cargill, die eigentlich physisch mit Rohstoffen handeln, benutzen die Warenterminmärkte bereits heute nicht mehr nur zur Absicherung realer Risiken, sondern auch für spekulative Zwecke mit dem Ziel, aus den erhöhten Preisschwankungen zusätzliche Gewinne zu erzielen. Die MiFID-Richtlinie ermöglicht, dass Händler alle möglichen Aktivitäten als Liquiditäts- und Finanzmanagement deklarieren können – und damit die Positionslimits problemlos umgehen. Oxfam und foodwatch fordern daher, dass Ausnahmen nicht generell für das Liquiditäts- und Finanzmanagement gelten dürfen, sondern eng auf Transaktionen beschränkt bleiben müssen, bei der ein Beleg für ein konkretes Rohstoffgeschäft erbracht werden kann.

David Hachfeld und Thilo Bode forderten ein entschiedenes Vorgehen der Europäischen Union: „Hunger hat viele Ursachen. Doch Hunger durch Nahrungsmittelspekulationen ist menschengemacht – diesen unverantwortlichen Geschäften muss Einhalt geboten werden. Die USA verschärfen Positionslimits, auch Finanzplätze wie Japan, Hongkong oder Singapur wenden dieses wirkungsvolle Instrument bereits an. Die EU muss jetzt endlich nachziehen, um die schlimmsten Exzesse im globalen Rohstoff-Kasino zu beenden.“
   
Nachdem die Europäische Kommission im Oktober 2011 ihre Vorstellungen zur Finanzmarktrichtlinie vorgestellt hat und das Europäische Parlament sich in erster Lesung positioniert hat, liegt nun der Ball beim Rat der EU-Finanzminister. Sobald die Position des Ministerrats vorliegt, verhandeln das Parlament, der Ministerrat und die Kommission über einen gemeinsamen Vorschlag. Der ursprüngliche Zeitrahmen sah eine Verabschiedung im Herbst 2012 vor. Ob noch vor der Sommerpause 2013 ein Beschluss stehen wird, ist unklar.

Ihr foodwatch Team

 



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siehe Anhang: Ausführliches Hintergrundpapier von Oxfam und foodwatch zum EU-Richtlinienentwurf zur Finanzmarktregulierung

Gefährliche Wachmacher: foodwatch fordert Verbot von Energy Shots

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Gefährliche Wachmacher:

foodwatch fordert Verbot von Energy Shots

 

foodwatch fordert ein Verbot sogenannter „Energy Shots“. Die kleinen Fläschchen enthalten Koffein und Taurin in besonders starker Konzentration. Sowohl die hochkonzentrierten Energy Shots als auch herkömmliche Energy Drinks stehen im Verdacht, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Nierenversagen und sogar Todesfälle zu verursachen. Bei den Shots ist die Gefahr einer Überdosierung allerdings besonders groß.



Während für Red Bull und Co. die bei Jugendlichen sehr beliebten Energy Shots ein Riesengeschäft sind, stellen sie für die Gesundheit der Kunden womöglich eine Riesengefahr dar. Ein Energy Shot von 60 Milliliter enthält die gleiche Menge Koffein und Taurin wie eine normale Red-Bull-Dose – allerdings in vierfacher Konzentration. Insbesondere beim Sport oder in Kombination mit Alkohol warnen Wissenschaftler vor möglichen Nebenwirkungen. Trotzdem bewirbt Red Bull die Getränke mit jungen, angesagten Extremsportlern für angeblich ‚erhöhte Leistungsfähigkeit‘.

foodwatch fordert ein generelles Verkaufsverbot der hochkonzentrierten Shots. Zudem sollen herkömmliche Energy Drinks deutliche Warnhinweise auf der Verpackung tragen und nur noch ab 18 Jahren verkauft werden dürfen.


⇒ Energy Shots gelten als „nicht sicher“

Das Bundesverbraucherministerium hat im Mai 2012 zwar Höchstwerte für Inhaltsstoffe wie Koffein und Taurin in Energy Drinks erlassen. Red Bull umgeht diese Regelung allerdings, indem der Hersteller die Shots offiziell als Nahrungsergänzungsmittel klassifiziert: Der Red Bull Energy Shot enthält mehr als viermal so viel Koffein und Taurin pro Liter als für Energy Drinks erlaubt ist.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stufte bereits im Dezember 2009 in einer Untersuchung für das Bundesverbraucherministerium Energy Shots als „nicht sicher“ ein und sprach sich für ein Verbot aus: Da ein Warnhinweis auf der Packung nicht ausreiche, um eine Überdosierung auszuschließen, empfahlen die Wissenschaftler „das Inverkehrbringen von ‚Energy Shot‘ Produkten zu untersagen“. Auch die französische Lebensmittelbehörde ANSES warnte 2012, dass die Sicherheit der Produkte nicht garantiert werden könne. In den USA ermittelt derzeit die zuständige Food and Drug Administration (FDA), ob mehrere Todesfälle durch Energiegetränke ausgelöst wurden. Problematisch ist dabei nicht allein der erhöhte Koffeingehalt. Die gesundheitlichen Risiken werden auch mit möglichen Wechselwirkungen mit dem hochkonzentriert zugesetzten Inhaltsstoff Taurin sowie mit begleitend konsumiertem Alkohol begründet.


Bundesverbraucherministerium schaut tatenlos zu

Auf Anfrage von foodwatch bestätigte das BfR im Januar 2013 seine grundsätzlich kritische Einschätzung zu den Produkten – wich aber dennoch von seiner ursprünglichen Forderung nach einem Verbot der Shots ab und empfahl stattdessen lediglich „entsprechende Warnhinweise auf dem Etikett anzubringen“. Offenbar hat Bundesverbraucherministerium  Ilse Aigner die wissenschaftliche Untersuchung, die sie selbst in Auftrag gegeben hat, drei Jahre lang einfach ignoriert – obwohl sie bei drohenden Gesundheitsgefahren nicht auf Brüssel warten muss, sondern selber aktiv werden kann. Ohne weitere Begründung rückt das Bundesinstitut für Risikobewertung jetzt von seiner Empfehlung für ein Verbot ab – und die Politik bleibt weiter tatenlos.

Laut der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) konsumiert fast jeder dritte Erwachsene Energy Drinks, besonders beliebt sind sie bei Kindern und Jugendlichen: 68 Prozent der Teenager greifen zu den Getränken. Davon sind 12 Prozent „high cronic consumers“ (Konsum mindestens viermal wöchentlich) sowie 12 Prozent „high acute consumers“ (mehr als ein Liter pro Konsum).

Ihr foodwatch Team


 



siehe PdF-Dokumente unten im Anhang:

 

  • Fakten-Papier zu Energy Shots und Energy Drinks
  • Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) aus dem Jahr 2009
  • Korrespondenz zwischen foodwatch und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
  • Korrespondenz zwischen foodwatch und Red Bull


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Wofür Claus Hipp nicht mit seinem Namen steht

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Wofür Claus Hipp nicht mit seinem Namen steht

Tochterfirma Bebivita verkauft Zucker-Tees mit zahnschädigenden Zusätzen für Kleinkinder


Nach Verbraucherkritik hatte Hipp seine Zuckergranulat-Tees für Kleinkinder 2012 vom Markt genommen – unter anderem Namen verkauft das Unternehmen solche Produkte bis heute weiter. Für Bebivita, eine 100-prozentige Tochterfirma, hat Hipp offenbar die eigenen Maßstäbe außer Kraft gesetzt: Der Instant-"Kinder-Früchtetee" widerspricht allen gängigen Ernährungsempfehlungen und ist auch noch mit einem Zusatzstoff versehen, den Hipp selbst als „zahnschädlich“ bezeichnet. Mit einem Brief und einer E-Mail-Aktion unter www.abgespeist.de forderte die Verbraucherorganisation Firmenchef Claus Hipp auf, die Produkte einzustellen.

Unter der Marke Bebivita vertreibt Hipp für Kinder ab 12 Monaten Früchtetees aus Granulat, das zu 94 Prozent aus Zucker besteht. Das widerspricht dem oft postulierten Anspruch von Hipp, „kindgerechte“ und „gesunde“ Produkte für Kinder anzubieten: Allen gängigen Ernährungsempfehlungen zufolge sollten Kinder Tee nur ungesüßt trinken. Da Tee ganz einfach klassisch mit Teebeuteln zubereitet werden kann, besteht auch keine Notwendigkeit eines Zuckerzusatzes. Außerdem enthalten die Bebivita-Tees das Säuerungsmittel Zitronensäure (E 330), das bei der Marke Hipp unter Verweis auf gesundheitliche Gründe nicht eingesetzt wird: In der Öffentlichkeit rühmte sich das Unternehmen, dass die Hipp-Produkte „keinerlei zahnschädliche Zitronensäure“ enthielten. Bei Bebivita gelten diese Bedenken offensichtlich nicht. Auf den Etiketten der Tochterfirma findet sich kein Hinweis, dass die Produkte tatsächlich von Hipp hergestellt und vertrieben werden.

„Es gibt Produkte, für die Claus Hipp nicht mit seinem Namen stehen will – die verkauft er dann eben einfach unter dem Namen Bebivita“, erklärte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelwerbung bei foodwatch. „Man möchte es Herrn Hipp so gern abnehmen, dass es nicht nur um Profit, sondern wirklich auch um die Gesundheit der Kinder geht – die Produktpolitik bei der Tochterfirma Bebivita legt eher den gegenteiligen Eindruck nahe. Klar ist: Tee braucht gar keinen Zucker – da hilft es auch nicht, wenn sich Hipp mit Apfelschorle oder Limonade vergleicht.“

foodwatch hatte die Hipp-Instanttees im Mai 2012 erstmals kritisiert. Innerhalb weniger Tage hatten bereits 10.000 Verbraucher eine Beschwerde-E-Mail an das Unternehmen unterzeichnet. Im Juni verlieh foodwatch dem Unternehmen den Goldenen Windbeutel 2012 als Negativpreis für die Werbelüge des Jahres 2012. Kurz zuvor hatte Hipp bereits angekündigt, die Zuckergranulat-Tees vom Markt zu nehmen und durch „zuckerfreien Tee“ zu ersetzen – seit Ende des Jahres sind tatsächlich einfache Teebeutel ohne Zuckerzusatz als Ersatzprodukt im Handel. Unter dem Namen Bebivita jedoch verkauft Hipp auch weiterhin Zucker-Tees für Kleinkinder.


Ihr foodwatch-Team
 

 



► Quelle:  Pressemitteilung foodwatch vom 1.08.2013

► Links:


Ergebnisse der Wahl zum Goldenen Windbeutel 2012weiter

Pressemitteilung von Hipp mit der zitierten Aussage über die „zahnschädliche“ Zitronensäureweiter



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Schweinefleisch für Schwarzwälder Schinken

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Klage der Schwarzwälder Schinkenhersteller gegen foodwatch erledigt



Schweinefleisch für Schwarzwälder Schinken dürfte auch aus Neuseeland kommen



Pressemitteilung: Streit um irreführende Regionalitätswerbung:

Im Streit um die Kritik an irreführender Regionalitätswerbung hat der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller seine Klage gegen die Verbraucherorganisation foodwatch für erledigt erklärt. Der für den 23. September bereits anberaumte Verhandlungstermin vor dem Landgericht Konstanz, Außenstelle Villingen-Schwenningen, ist damit hinfällig. foodwatch hatte zuvor eine Äußerung präzisiert, ohne an der Kritik etwas zurückzunehmen. Denn für die Verbraucher bleibt die Herkunftskennzeichnung in vielen Fällen unklar: Aller Regionalitätswerbung manchen Herstellers zum Trotz dürfte das Schweinefleisch für den Schwarzwälder Schinken auch aus Neuseeland kommen.

Hintergrund: Für den Schwarzwälder Schinken müssen keineswegs alle Produktionsschritte im Schwarzwald erfolgen. So kann der Ausgangs-„Schinken“, also das unverarbeitete Hinterbein des Schweins, außerhalb des Schwarzwalds produziert werden; die Schweine werden häufig weit entfernt gehalten, gemästet, geschlachtet und zerlegt. In Reaktion auf die Einführung einer freiwilligen Regional-Kennzeichnung der Bundesregierung hatte foodwatch dies in einer Pressemitteilung am 18. Januar 2013 als Beispiel für eine weiterhin mögliche Irreführung der Verbraucher aufgeführt und mit einer zugespitzten Äußerung kritisiert. Dies nahm der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller zum Anlass für seine Klage auf Unterlassung, da er nicht ausreichend klargestellt sah, dass andere für die Herstellung von Schwarzwälder Schinken wichtige Produktionsschritte im Schwarzwald erfolgen müssen. Um mögliche Missverständnisse auszuschließen, sagte foodwatch in einer Unterlassungserklärung zu, die konkrete Aussage künftig nicht zu wiederholen - knüpfte dies innerhalb der Unterlassungserklärung jedoch daran, die Kritik stattdessen mit der alternativen Formulierung zu artikulieren: „Das Schweinefleisch für den Schwarzwälder Schinken dürfte auch aus Neuseeland kommen.“ Der Schutzverband hatte im Laufe von Vergleichsbemühungen des Gerichts versucht, foodwatch zur Unterlassung praktisch aller kritischen Äußerungen (der Schutzverband sprach von allen „ehrenrührigen Behauptungen“) über den Schwarzwälder Schinken sowie dessen Produzenten zu bringen.

foodwatch-Sprecher Martin Rücker erklärte: „Der Versuch, unliebsame Kritik an dem in der Lebensmittelindustrie weit verbreiteten Regionalitäts-Schwindel auf juristischem Wege zu unterbinden, ist gescheitert. Statt sich der auch von zahlreichen Verbrauchern geäußerten Kritik an irreführender Kennzeichnung zu stellen, hat der Schutzverband sich an einem Ablenkungsmanöver versucht, für das wir kein Verständnis aufbringen.“ Insgesamt sehe sich foodwatch in seiner Kritik bestätigt – wenn eine Formulierungsänderung der Klarheit dient, sei dies im Sinne aller.

Um irreführende Angaben zur Regionalität künftig zu vermeiden, fordert foodwatch eine verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft von Hauptzutaten. „Niemand hält die Schinkenhersteller davon ab, bereits heute freiwillig die Herkunft des Fleischs anzugeben – das brächte jene Klarheit, die viele Verbraucher vermissen. Besser noch: Der Verband sollte sich dafür einsetzen, dass beim Schwarzwälder Schinken künftig tatsächlich alle Produktionsschritte im Schwarzwald stattfinden müssen.“


Ihr foodwatch-Team


 



► Quelle:  Pressemitteilung foodwatch vom 29.08.2013 - weiter


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Werbeversprechen vieler Lebensmittelhersteller

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Werbeversprechen vieler Lebensmittelhersteller werden vielleicht gebrochen!


foodwatch fordert Maßnahmen gegen Etikettenschwindel




Berlin, 29. Oktober 2013. Jeder zweite Lebensmittelhersteller weiß nach eigenen Angaben nicht, ob er seine Werbeversprechen auch einhalten kann. Das ist das Ergebnis einer bislang kaum beachteten Unternehmens-Umfrage, die der Branchenverband BVE in diesem Oktober veröffentlicht hat. Darin stimmten lediglich 52 Prozent von 300 befragten Firmen der Aussage zu, die eigenen „Werbeversprechen sind geprüft und werden eingehalten“ - bei den anderen findet offenbar nicht einmal eine Prüfung statt. Die Verbraucherorganisation foodwatch wertete dies als neuen Beleg dafür, dass Verbraucher nur durch konsequente Gesetzgebung vor irreführender Werbung geschützt werden können.

„Das ist zumindest mal bemerkenswert ehrlich: Jedem zweiten Unternehmen ist es offenbar völlig egal, ob seine Werbeversprechen stimmen oder die Verbraucher täuschen“, erklärte Oliver Huizinga, foodwatch-Experte für Lebensmittelwerbung. „Die Umfrage zeigt: Solange eine große Anzahl von Unternehmen gar nicht ehrlich sein will, ja noch nicht einmal die eigenen Versprechen prüft, hilft eine Debatte über Selbstverpflichtungen oder Selbstreinigungskräfte des Marktes nicht weiter. Nur durch gesetzliche Vorgaben können Verbraucher vor den Werbelügen geschützt werden.“ 

Für die Studie „Krisenmanagement & Krisenkommunikation 2013“ hatten die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und die AFC Consulting Group online mehr als 300 Vertreter der Lebensmittelindustrie befragt. Der unbekümmerte Umgang mit Werbebotschaften erstaunt umso mehr, als die Lebensmittelwirtschaft bereits seit Jahren eine Vertrauenskrise beklagt und eine Verbraucher-Umfrage im Auftrag der BVE schon 2011 vernichtende Zahlen geliefert hatte. Damals hatte das Marktforschungsinstitut GfK 30.000 Haushalte repräsentativ befragt - lediglich 18 Prozent gaben an, den Aussagen der Lebensmittelhersteller zu vertrauen. 81 Prozent der Befragten sagten, sie könnten die Qualität von Produkten anhand der vorhandenen Informationen nicht richtig einschätzen. Anfang 2012 hatte zudem ein Gutachten zu dem von der damaligen Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner initiierten Internetportal gegen Etikettenschwindel, lebensmittelklarheit.de, klaren „Handlungsbedarf“ aufgezeigt, um „den Kunden, aber auch den Mitbewerbern Schutz vor opportunistischem Verhalten einzelner Unternehmen [zu] bieten“.  

„Studie um Studie lässt sich die Lebensmittelwirtschaft verheerende Zeugnisse ausstellen, zieht jedoch keinerlei  Lehren daraus. Unverdrossen machen Unternehmen weiter aus Zuckerbomben gesunde Mahlzeiten und Kinder zur Zielscheibe perfidester Werbemaschen, ungebremst kämpfen ihre Lobbyisten mit aller Kraft gegen jedes bisschen Mehr an Transparenz und Information. Höchste Zeit, dass der Gesetzgeber Regeln einführt, die Verbraucher ebenso wie ehrliche Wettbewerber schützen“, so Oliver Huizinga von foodwatch. „Wenn der Gesetzgeber nicht dort eingreift, wo eine Branche ihr eigenes Versagen zugibt – wo eigentlich dann?“ 

Anlässlich der laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD forderte foodwatch von der neuen Bundesregierung entschiedene Maßnahmen und europarechtliche Initiativen gegen irreführende Werbung und Etikettierung. foodwatch hat dazu einen 15-Punkte-Plan vorgelegt. (siehe unten) Dazu gehören verpflichtende EU-weite Kennzeichnungsvorgaben, etwa für die Herkunft von Lebensmitteln oder für den Einsatz genveränderter Futtermittel, aber auch nationale Vorhaben: foodwatch forderte die neue Bundesregierung auf, Informationsrechte von Verbrauchern nicht nur gegenüber Behörden, sondern auch gegenüber Unternehmen zu schaffen.  

Quellen:

 

  • Unternehmens-Umfrage der BVE, Oktober 2013weiter
  • Verbraucher-Umfrage der BVE, 2010weiter
  • Trends in der Lebensmittelvermarktung: Begleitforschung zu lebensmittelklarheit.deweiter 


 




15-Punkte-Plan gegen Etikettenschwindel (foodwatch):



1. Vorrang von Information vor Werbung

Die wichtigsten Informationen über ein Lebensmittel müssen groß, verständlich und für alle Hersteller einheitlich auf der Schauseite der Verpackung stehen. Sie dürfen nicht durch werbliche Verpackungsgestaltung in den Hintergrund gedrängt werden. Werbung darf den Produkteigenschaften nicht widersprechen.



2. Lesbare Mindestschriftgröße

Alle Produktinformationen müssen deutlich sichtbar und auch für ältere Menschen gut lesbar sein. Anstelle der EU-weit festgelegten von 0,9 bzw. 1,2 Millimeter müssen – wie bei Büchern oder Zeitschriften üblich – wenigstens 2 Millimeter als Mindestschriftgröße vorgegeben werden.



3. Realistische Produkt-Abbildungen

Die Abbildung eines Lebensmittels auf der Verpackung muss dem tatsächlichen Produkt entsprechen. Geschönte Abbildungen müssen untersagt werden.



4. Verbindliche Mengenangaben für beworbene Zutaten

Werden einzelne Zutaten eines Produktes werblich in Bild oder Text hervorgehoben, muss der Hersteller in Form von Prozentangaben nennen, welchen Anteil diese Zutat im Produkt ausmacht. Die Angabe muss gut sichtbar direkt bei der werblichen Hervorhebung erfolgen.



5. Umfassende Herkunftskennzeichnung

Hersteller müssen verpflichtet werden, die Herkunftsländer der Hauptzutaten ihrer Produkte anzugeben. Mit regionaler Herkunft darf nur dann geworben werden, wenn dies durch die tatsächliche Herkunft der Zutaten gedeckt ist und die Ursprungsregion (für Deutschland mindestens bundeslandgenau) für alle Zutaten angegeben wird.



6. Klare Nährwertangaben

Schluss mit verwirrenden Portionsgrößen: Kilokalorien und die wichtigsten Nährwerte (Zucker, Fett, gesättigte Fettsäuren und Salz) müssen auf der Schauseite von Verpackungen aufgeführt werden – einheitlich pro 100 Gramm bzw. 100 Milliliter. Anstelle des Natriumgehalts muss immer der Salzgehalt genannt werden. Das beste System zur Nährwertinformation ist die Ampelkennzeichnung nach dem Muster der britischen Food-Standards-Agency.



7. Verständliche Aromen- und Zusatzstoff-Deklaration

Der Einsatz von Aromen und Zusatzstoffen muss transparent sein. Werden echte Fruchtaromen verwendet, müssen diese als „natürliches Aroma" unter Nennung der Frucht in der Zutatenliste stehen – alle anderen Aromen müssen dort als „künstliches Aroma" deklariert werden. Alle gesundheitlich umstrittenen Zusatzstoffe müssen verboten werden. Werden Zusatzstoffe durch andere Substanzen ersetzt, die nicht unter die EU-Zusatzstoffverordnung fallen, müssen diese unter Angabe ihrer Funktion genannt werden (z.B. „Geschmacksverstärker Hefeextrakt").



8. Transparenz über die Verwendung tierischer Zutaten und die Form der Tierhaltung

Die tiergerechte Haltung von Nutztieren ist gesetzlich sicherzustellen. Solange dies nicht gewährleistet ist, müssen die Hersteller von Tierprodukten auf der Verpackung über die Form der Tierhaltung informieren – Vorbild ist die Angabe der Haltungsform bei frischen Eiern. Wo Zutaten tierischen Ursprungs eingesetzt werden, muss dies erkennbar sein. Das gilt auch für tierische Bestandteile in Aromen oder Zusatzstoffen oder bekannte produktionsbedingte Verunreinigungen. Wer vollständig auf Zutaten tierischen Ursprungs verzichten möchte, muss die Möglichkeit dazu haben.



9. Lückenlose Kennzeichnungspflicht für genveränderte Pflanzen und Tiere

Der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere muss kenntlich gemacht werden. Dies gilt auch für Tierprodukte, bei deren Erzeugung gentechnisch veränderte Futtermittel zum Einsatz kamen – die bestehende Kennzeichnungslücke muss geschlossen werden, damit Verbraucher echte Wahlfreiheit haben.



10. Transparenz über Herstellungsweise

Wenn die Herstellungsweise eines Produktes beworben wird, muss diese mit konkreten Angaben belegt werden. Industriell hergestellte Lebensmittel dürfen nicht mit Begriffen wie traditionell, natürlich oder handwerklich beworben werden. Imitate bekannter Produkte müssen als Imitat gekennzeichnet sein.



11. Kennzeichnung herstellungsbedingter Alkoholgehalte

Wird einem Produkt Alkohol zugesetzt oder die Bildung von Alkohol durch die Herstellungsweise gefördert, muss der Alkoholgehalt ausgewiesen werden. Produkte, die Alkohol auch in geringen Mengen enthalten, dürfen nicht als „alkoholfrei" bezeichnet werden.



12. Mindest-Füllmengen für Verpackungen

Große Packung, wenig Inhalt – mit diesem Trick muss Schluss sein. Verpackungen und Abbildungen dürfen nicht mehr Inhalt suggerieren, als tatsächlich drin ist. Daher dürfen Produktabbildungen nicht größer sein als das Produkt selbst; für Verpackungen ist eine Mindest-Füllmenge von 70 Prozent vorzugeben.



13. Marketingverbot für unausgewogene Kinderprodukte

Kinder essen zu viele Süßwaren und Snacks und trinken zu viele Soft Drinks. Als Kinderprodukte dürfen daher nur noch ausgewogene, den Ernährungsempfehlungen für Kinder entsprechende Lebensmittel vermarktet werden. Unausgewogene Produkte dürfen nicht länger als geeignet für Kinder dargestellt und mit Comicfiguren oder Spielzeugbeigaben für Kinder attraktiv gemacht werden.



14. Verbot von Gesundheitsversprechen

Lebensmittel sind keine Medikamente. Gesundheitsbezogene Werbeaussagen (Health Claims) sind häufig irreführend und nicht dazu geeignet, eine ausgewogene Ernährung zu fördern – sie sollten daher grundsätzlich verboten werden.



15. Klage- und Informationsrechte für Verbraucherverbände

Nicht alle irreführenden Etikettierungen und Werbepraktiken lassen sich über Kennzeichnungsregeln verhindern. Legale Verbrauchertäuschung wird erleichtert durch die ungenügenden Möglichkeiten, gerichtlich gegen Gesetze vorzugehen. Verbraucherverbände müssen daher das Recht erhalten, durch ein nationales und europäisches Verbandsklagerecht gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen zu klagen. Die Verbraucherinformationsrechte dürfen sich nicht länger auf Behörden beschränken: Auch Unternehmen müssen zur Information über Produkte verpflichtet werden.


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Ihr foodwatch Team

 


 

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Bildquelle Einkaufsregal:  Kunstart.net / Quelle:pixelio.de
 

Die 10 irrsinnigsten Lebensmittel-Gesetze

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Die 10 irrsinnigsten Lebensmittel-Gesetze:


Warum Unternehmen besser geschützt sind als Verbraucher



Giftpanscher bleiben straffrei, riskante Schlachtabfälle werden mit farblosen Farben markiert: Das Lebensmittelrecht in Deutschland und der EU schützt die Interessen der Unternehmen oft besser als die der Verbraucher. Das belegt exemplarisch eine Liste der zehn verheerendsten Gesetze, die die Verbraucherorganisation foodwatch am 11. April 2014 veröffentlicht hat.

„Wer solche Gesetze verabschiedet, schadet nicht nur den Verbrauchern, sondern auch der Demokratie“, erklärte foodwatch-Sprecher Martin Rücker. „Sie sind entweder handwerklich lausig gemacht oder bieten absichtsvoll so wahnwitzig große Schlupflöcher für Betrug und Täuschung, dass sich der Verdacht aufdrängt: Die Lobbyisten der Industrie haben diese Gesetze selbst geschrieben.“


Die Liste der 10 irrsinnigsten Gesetze:


1. Wirkungslose Abstandsregeln für Gentechnik-Felder.

Verbraucher und Bauern sollen bei Gentechnik Wahlfreiheit haben. Deshalb gibt es Mindestabstände zwischen Feldern mit und ohne genveränderte Pflanzen. Das sind, je nach Land, mal 150, mal 500 Meter. Eine Rechnung, die ohne die Bienen gemacht wurde: Die fliegen mehrere Kilometer weit und tragen genveränderte Pollen so unbeeindruckt weiter.


2. Je mehr Dioxin da ist, umso mehr wird erlaubt.

Zum Schutz der Verbraucher gibt es Dioxin-Grenzwerte. Deren Höhe richtet sich jedoch nicht in erster Linie danach, wie viel Gift gesundheitlich vertretbar ist – sondern danach, wie hoch Lebensmittel tatsächlich belastet sind. Enthält ein Produkt (wie Fischöl oder -leber von Ostseefischen) besonders viel Dioxin, wird der Grenzwert raufgesetzt, damit genügend Ware auf den Markt gelangt.


3. Azo-Farbstoffe:

Warnhinweise nur im Kleingedruckten. So genannte Azo-Farbstoffe machen vor allem Süßigkeiten oder Eis knallig bunt, sie stehen jedoch im Verdacht, das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) auszulösen. Darauf hat die EU reagiert – nicht jedoch mit einem Verbot, obwohl es genügend andere, unbedenkliche Farbstoffe gibt. Sie schreibt lediglich einen versteckten Mini-Warnhinweis im Kleingedruckten vor: Wer den nicht sieht, hat Pech gehabt.


4. Zucker-Empfehlungen direkt von der Industrie.

Der menschliche Körper ist nicht auf die Aufnahme von Zucker angewiesen, er bildet ihn aus Kohlenhydraten selbst. Die EU macht es dennoch möglich, dass Lebensmittelhersteller einem Erwachsenen die Aufnahme von 90 Gramm Zucker am Tag als „empfohlene Tageszufuhr“ oder „Richtwert“ auf den Verpackungen empfehlen. Der Wert kommt jedoch nicht etwa von der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, sondern direkt vom europäischen Lobbyverband der Lebensmittelindustrie, damals unter dem Namen CIAA: Die EU hat ihn einfach ins Gesetz geschrieben. Ein Antrag, die Werte wissenschaftlich erst einmal überprüfen zu lassen, fand im Europaparlament 2011 keine Mehrheit.


5. Uran-Limits für Leitungswasser, aber nicht für Mineralwasser.

Natürliche Uranvorkommen belasten in manchen Regionen das Grundwasser – das giftige Schwermetall kann lebenswichtige Organe wie die Nieren schädigen. Die Bundesregierung hat daher 2011 einen Grenzwert eingeführt. Der gilt allerdings nur Trinkwasser, nicht für Mineralwasser. Der Unterschied zwischen Wasser  aus dem Hahn und Wasser aus der Flasche: Für Mineralwasser ist nicht das Gesundheits-, sondern das Agrarministerium zuständig.


6. Zusatzstoffe:

Kennzeichnung im Supermarkt, aber nicht im Restaurant. Bei verpackten Lebensmitteln weist die Zutatenliste alle eingesetzten Zusatzstoffe („E-Nummern“) aus. In der Gastronomie jedoch müssen viele Zusatzstoffe nicht genannt werden - zum Beispiel das umstrittene Phosphat (E450). Wer im Restaurant isst, ist Verbraucher zweiter Klasse.


7. Lückenhafte Dioxintests:

Nach dem Dioxin-Skandal 2011 kündigte die Bundesregierung an, Futtermittelherstellern „eine systematische […] Eingangsuntersuchung auf Dioxine“ und andere unerwünschte Stoffe vorzuschreiben. Heraus kam eine EU-Verordnung, nach der allerdings nur Fette und Öle auf Dioxin getestet werden müssen, andere Futter-Zutaten nicht. Und die nur eine Stichprobe pro 1000 Tonnen (!) vorschreibt - das heißt: In einem Konvoi von 50 Lastwagen wird eine einzige Probe gezogen. „Systematische“ Tests? Die stehen im Aktionsplan der Bundesregierung, aber nicht im Gesetz.


8. Farblose Farbe zum Markieren riskanter Schlachtabfälle.

Infolge von BSE muss potenziell gefährliches Tiermehl eingefärbt werden, damit es nicht wieder in die Nahrungskette gelangen kann. Doch die EU-Gesetze erlauben es, riskante Schlachtabfälle allein mit der Chemikalie GTH zu markieren – deren Eigenschaft: Sie ist farb- und geruchlos, kann nur im Labor nachgewiesen werden. Dem Betrug sind damit Tür und Tor geöffnet.


9. Gesundheitsinformationen erst auf Anfrage:

Behörden in Deutschland wissen, wie stark Chips mit Acrylamid oder Mineralwasser mit Uran belastet ist. Uns Verbrauchern verraten sie das meistens nicht. Es sei denn, wir fragen nach. Das Verbraucherinformationsgesetz regelt inzwischen, dass auf Antrag Zugang zu solchen Informationen gewährt wird. Das Problem: Verbraucher müssen erst einmal wissen, was die Behörden wissen, damit sie danach fragen können. Denn die „Verbraucherinformation“ geht laut Gesetz nicht so weit, dass die Behörden solche Informationen von sich aus weitergeben müssen.


10. Straffreiheit für Giftmischer.

Ein Futtermittelhersteller geht straffrei aus, wenn er den Behörden meldet, dass Gift in seinem Tierfutter steckt – eine Frist für die Meldung gibt es nicht. Die Folge: Weiß ein Unternehmen, dass seine Futtermittel giftbelastet sind, kann es das Futter trotzdem erst einmal verkaufen und später – wenn das Gift längst verfüttert ist und Eier oder Fleisch belastet – Selbstanzeige erstatten: Strafrechtlich hat das Unternehmen nichts zu befürchten. Denn es gilt ein „Verwendungsverbot“: Die Informationen aus der Selbstanzeige dürfen nicht gegen das Unternehmen verwendet werden. Die Staatsanwälte dürfen nicht einmal ermitteln. Anders als bei Selbstanzeigen von Steuersündern – wie im Fall Uli Hoeneß diskutiert – gibt es keine formalen Anforderungen an die Selbstanzeige.

foodwatch-Sprecher Martin Rücker: „Lebensmittel waren noch nie so sicher wie heute, das wiederholen Industrie und Politiker mantra-artig. Ein Blick auf die teils hoffnungslos absurde Gesetzgebungspraxis zeigt, dass es eine Vielzahl von Risiken gibt, die leicht vermieden werden können.“



Ihr foodwatch-Team

 

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Quelle:  foodwatch> Pressemitteilung

Links:


Die Liste der 10 irrsinnigsten Gesetze als pdf-Datei - weiter

1. (Gentechnik): Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung (GenTPflEV) – weiter

2. (Dioxin-Grenzwerte): EU-Verordnung 1259/2011 [PdF] – weiter

3. (Azo-Farbstoffe): EU-Verordnung 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe [PdF] – weiter

4. (Zucker): EU-Lebensmittelinformationsverordnung 1169/2011 [PdF] – weiter

5. (Uran): Trinkwasserverordnung mit Grenzwert [PdF] – weiter und Mineral- und Tafelwasserverordnung ohne Grenzwert [PdF] – weiter

6. (Zusatzstoffe): Zusatzstoffzulassungsverordnung – weiter

7. (Futtermitteltests): EU-Verordnung 225/2012 [PdF] - weiter und Ankündigung im Aktionsplan des Bundesverbraucherministeriums [PdF] – weiter

8. (farblose Farben): EU-Verordnung 142/2011 [PdF] – weiter

9. (Verbraucherinformation): Lebensmittel- und Futtermittelgesetz (LFGB) – weiter und Verbraucherinformationsgesetz (VIG) [PdF] – weiter

10. (Verwendungsverbot): Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) - weiter

 


Die subversiven Machenschaften der Agro-Gentechnikindustrie

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Die subversiven Machenschaften der Gentechniker

Wie Lobbyisten mit Steuergeldern gemästet werden und was hinter ihren Aktivitäten steckt

Interview mit dem Aktivisten Jörg Bergstedt(JB), aufgezeichnet 03/2011 von Michael Leitner (ML)

Jörg Bergstedt ist Vollzeitaktivist und recherchiert dabei Fakten, die ihn bei der Agro-Gentechnikindustrie unbeliebt machen. Es geht ihm dabei weniger um ethische oder biologische Motive, sondern um selbstbestimmtes Leben: Er ist dagegen, dass Konzerne und private Interessen die Rahmenbedigungen, in denen wir leben, diktieren und negativ beeinflussen. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sind Recherchen und Aktionen gegen die Gen-Mafia. Wegen des Zerstörens eines gentechnischen Versuchsfeldes wurde er im Herbst 2011 eingeknastet.

In der Haft vollendete er sein Buch über die Seilschaften, die in Deutschland versuchen, genetisch veränderte Pflanzen zu einer sich unkontrolliert ausbreitenden Realität zu machen. Es heißt „Monsanto auf Deutsch“ (ISBN 978-3-86747-043-8). Das Buch ist im SeitenHieb-Verlag erschienen und kann über den Buchhandel, den Verlag und in der Projektwerkstatt, Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen (www.aktionsversand.de.vu) bezogen werden. Frisch auf dem Knast (Anm.: Haft dauerte vom 23.9.2010 bis 22.3.2011) entlassen führte Michael Leitner ein Interview mit ihn.

ML: Jörg, vor ein paar Tagen bist Du aus dem Gefängnis entlassen worden. 6 Monate Knast, wegen des Zerstörens einiger gentechnisch manipulierter Gerste-Pflanzen ist recht happig!


JB: Es ist in der Tat erstaunlich! 2006 haben wir mit mehreren Leuten das Versuchsfeld mit Gen-Gerste der Uni Gießen befreit, soweit uns das möglich war.


ML:„Befreien“ heißt für Euch, Anbauflächen von den gentechnisch veränderten Pflanzen (gv-Pflanzen) zu befreien, indem ihr sie zerstört. Das ist, obschon durchaus verständlich, immerhin Sachbeschädigung!


JB: Das genetisch veränderte Pflanzen ihr Erbgut massiv in die Umwelt ausstreuen und somit das Erbgut traditioneller Pflanzen verdrängen oder verunreinigen, ist ebenfalls Sachbeschädigung, nur auf einer wesentlich globaleren Ebene. Gentechnik zu verhindern, wo immer es möglich ist, halte ich für Notwehr. Außerdem bin ich von allen vier Leuten, die angeklagt wurden, der einzige, der eingeknastet wurde. Das zeigt, dass es beim Prozess nicht darum ging, die Sachbeschädigung zu bestrafen.


ML: Ich habe Dein Buch gelesen, ich habe Deinen Gen-Seilschaften-Vortrag gesehen. Unter den 4 Festgenommenen bist Du sicherlich derjenige, der für die Gen-Lobby am lästigsten ist!


JB: Der eigentliche Skandal an der Sache ist, dass in der Verurteilung die Frage, ob die Versuchsfelder der Uni Gießen überhaupt vorschriftsmäßig angelegt waren und somit ihre Existenz rechtens war, total ausgeklammert wurde. Es geht hier u.a. um Zäune und Netze, die verhindern sollen, dass beispielsweise Vögel oder Insekten die Samen der Genpflanzen fressen und so für ihre Verbreitung außerhalb des Versuchsfeldes sorgen.


ML: In einem anderen Verfahren, das ich hier mal kurz erwähnen möchte, hat die Genehmigungsbehörde ein Genfeld im Nachhinein abgesegnet, obwohl der so genannte Mäuseschutzzaun, der laut Gesetz Kleinsäuger abhalten muss, viel zu grobmaschig war.


JB: Richtig. Die Behörde hat einen Mäuseschutzzaun, durch den selbst sehr fette Mäuse locker durch eine einzige Masche schlüpfen können, dadurch legalisiert, dass kleine Maschenweiten allein auch nicht helfen würden. Mit gleicher Begründung wurden auch bei anderen Genfeldern identische, wirkungslose Schutzvorrichtungen toleriert. Behördenlogik ist also: Ein Mäuseschutzzaun, der kein Mäuseschutzzaun ist, ist doch einer, wenn ein anderer auch keiner ist!


ML: Gehen wir mal von kleinen Richtern und weißen Mäusen zu mehr oder weniger großen Ministern. Wir haben ja in den letzten 13 Jahren mehrere Regierungswechsel gehabt, unter Schröder war sogar die Grüne Renate Künast Ministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMELV). Inwiefern hat denn Künast als Ministerin das offizielle Parteiprogramm der Grünen hinsichtlich Gentechnik umgesetzt?


JB: Gar nicht. Zuständig für die Genehmigung von Genfeld-Versuchen ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft (BVL), das zum BMELV gehört. Egal unter welchem Minister – das Amt hatte bei Anträgen zu Genversuchen, auch zu Freilandversuchen, stets eine Genehmigungsquote von 100%. Definitiv auch unter Künast.


ML: Wenn Wahlen etwas verändern könnten, wären sie auch verboten. Andrea Fischer von den Grünen war ja unter Schröder Gesundheitsministerin und arbeitet heute als Pharmalobbyistin. Woher kommt diese 100%-Quote bei Genehmigungen des BVL?


JB: Die Quote von 100% ist natürlich kein Zufall. Chef des BVL war die ganze Zeit Dr. Hans-Jörg Buhk. Der hielt auf Messen gern flammende Reden für Agro-Gentechnik und trat sogar, neben seiner Tätigkeit als obersten Verbraucherschützer des BVL, in einem Werbefilm der Gentech-Branche auf, wo er für Genmais warb. Nebenbei ist er Mitglied in diversen Gentech-Lobbyverbänden. Und er hat  ein Manifest unterzeichnet, das fordert, die Kontrollen in der Gentechnik sehr weit zu reduzieren. Mit anderen Worten: Er findet seinen Job als Verbraucherschützer eigentlich total überflüssig! Sein Stellvertreter Detlev Bartsch ist auch nicht besser, denn er tritt in dem gleichen Werbefilm auf, wie Buhk.


ML: Bist Du eigentlich der einzige Rechercheur, dem das mal aufgefallen ist?


JB: Nein, aber schon der einzige, der den direkten und öffentlichen Konflikt sucht. Das TV-Magazin Report hat vor vielen Jahren – übrigens zu Künast-Zeiten - mal über das BVL berichtet. Es gibt einzelne Texte oder auch die kritische, von den Grünen bezahlte Studie „Kontrolle oder Kollaboration?“. Und es gibt gut begründete Dienstaufsichtsbeschwerden. Passiert ist rein gar nichts.

Interessant ist auch die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit, ZKBS. Deren Mitglieder werden ebenfalls vom BMELV berufen. Lustig an dem Club ist, dass ihm auch Versuchsleiter von aktuellen oder geplanten Genfeldern angehören. Die Herren und wenigen Damen dürfen dann abstimmen, ob ihre eigenen Versuche nun gefährlich sind oder nicht. Durchwinkquote auch hier 100%, und zwar durch einstimmige Abstimmungen. Wir haben bei allen Akteneinsichten, die alles andere als leicht umzusetzen waren, noch nie eine Enthaltung oder eine Gegenstimme gefunden.

 

ML: Die meisten Genversuche in Deutschland werden als Sicherheitsforschung bezeichnet. Das klingt doch erstmal treu und redlich!


JB: Gentechnisch veränderte Pflanzen (gv-Pflanzen) streuen ihr manipuliertes Erbgut massiv, das ist durch zahlreiche Beobachtungen nachgewiesen und wird auch von den BefürworterInnen nicht mehr bestritten. Sicherheitsforschung, wo gv-Pflanzen quasi mit dem Segen der Regierung die Lizenz zum Kontaminieren gegeben wird, ist von vornherein eine Pervertierung des Wortes „Sicherheitsforschung“.

Übertragen wir das mal auf die Kernenergie: Jeder weiß, dass Plutonium extrem giftig ist. Würde man die Sicherheitsforschung bei Gentechnik auf die Kernenergie übertragen, dann wüsste man bereits vorher, dass Plutonium extrem giftig ist, würde es aber trotzdem immer wieder versuchsweise freisetzen, um nachzuprüfen, ob das auch wirklich stimmt.


ML: Sicherheitsforschung lohnt sich außerdem …


JB: .. und zwar gewaltig! Egal, was man auf seinen Genfeldern dann tatsächlich macht: Deklariert man es als „Sicherheitsforschung“,  dann bekommt man Fördergelder von Seiten der Regierung.


ML: Das Kontaminieren des Genpools unserer Nutzpflanzen wird also staatlich subventioniert?


JB: Ja, und zwar in heftigem Ausmaß. Wir haben in Deutschland ja eine Hand voll Saatgutbanken, in denen jeweils bestimmte Sorten von Saatgut lagern, die alle paar Jahre ausgesät werden müssen, um frisches Saatgut zu produzieren. Saatgutbanken sind wichtig, unter anderem für den Erhalt der ursprünglichen Vielfalt an Arten, Sorten, Linien. Es ist nun immer wieder zu beobachten, dass in unmittelbarer Nähe zu Saatgutbanken „Sicherheitsforschung“ zu genau den Pflanzenarten betrieben wird, die in den Saatgutbanken gerade ausgesät werden.

 

ML: Klingt nach einem abgekarteten Spiel. Es wird also ganz gezielt die Arbeit der Saatgutbanken zerstört, subventioniert von Steuergeldern. Eigentlich unfassbar, aber die von Dir zusammengetragenen Fakten lassen keine andere Schlussfolgerung zu.


JB:  Wenn es ist die gleiche Leuten sind, die einerseits forschen, andererseits genehmigen oder Fördergelder bewilligen und dann auch noch in Überwachungsgremien sitzen, dann gibt es da erfahrungsgemäß wenig Reibungspunkte.


ML: Nenn' mal ein Beispiel.


JB: Ich kann da mehrere nennen und möchte mit Joachim Schiemann anfangen. Der arbeitet für das Julius-Kühn-Institut (JKI), dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Genauer gesagt, ist er dort Leiter des Instituts für Sicherheit in der Gentechnik bei Pflanzen. Er berät als Leiter des Instituts sowohl Bundesregierung als auch EU-Kommission. Gleichzeitig entwickelte er, quasi nebenbei, gentechnisch manipulierte Pflanzen und führt Versuche mit ihnen durch. Dafür gründete er, nachdem gegen seine Versuche im JKI Bedenken entstanden, mit anderen Genbastlern als Deckmantel einen „gemeinnützigen“ Verein namens FINAB e.V.. Zusammen mit Genlobbyisten wie Kerstin Schmidt gibt Schiemann gemeinsame Schriften heraus.

Und nebenbei ist Schiemann Treuhänder des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie, das mit der Entwicklung von gv-Pflanzen Geld verdient. Am 6.6. 2009 war er Hauptredner zum Tag der offenen Tür in der Genversuchsanstalt in Gatersleben. Ich nehme mal an, das klingt nicht grad so, als würde er Regierung und Kommission objektiv beraten können, oder?


ML: Lass mich überlegen. Hm …. nein, nicht wirklich. Eine unrühmliche Rolle bei der Agro-Gentechnik spielt die Uni Rostock. Die gibt sich modern, man hat dort keine Berührungsängste mit der Industrie. Wahrscheinlich hält genau deshalb Prof. Dr. Inge Broer, Inhaberin des Rostocker Lehrstuhls für Agrarbiotechnologie, auch Anteile am Firmenverbund BioOK?


JB: Nicht nur sie, vier andere Mitglieder des universitären Lehrkörpers halten ebenso GmbH-Anteile.


ML: Inge Broer ist ja eine vielseitige Person, wie Du in Deinem Buch „Monsanto auf Deutsch“ schreibst. Mitglied in wissenschaftlichen Beiräten von Ministerien, Mitglied in Arbeitsgruppen von Bundesämtern, Vorsitzende von Vereinen wie FINAB, die in Wirklichkeit ein Staubsauger für staatliche Subvenstionen im Auftrag von Lobbyisten ist. Außerdem Gutachterin einer Stiftung, Leiterin einer Arbeitsgruppe des Umweltministeriums Mecklenburg-Vorpommern, Sprecherin der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Mitglied des runden Tisches „Gentechnik“ von Ministerin Schavan.  Außerdem Inhaberin von neun Patenten, die meisten davon bei BAYER. Alles Tätigkeiten, die etwas mit Genmanipulation zu tun haben. Und natürlich Gesellschafterin bei BioOK. Klar, das sind dann sehr kurze Dienstwege zwischen Forschung, Genehmigung und Freisetzung von gv-Pflanzen!


JB: Die kürzesten Dienstwege, die es gibt: Ein Impuls von Synapse zu Synapse genügt und ZACK! ist der Antrag gleichzeitig formuliert, finanziert und genehmigt. Forschung, Kontrolle, Finanzierung und Durchführung aus einer Hand. So unkompliziert ist deutsche Forschung seit dem Nationalsozialismus nicht mehr gewesen!

 
ML: Was bedeutet eigentlich das „OK“ in BioOK?


JB: Ich weiß es nicht. Am passendsten wäre ja, wenn es für „Organisierte Kriminalität“ stünde. Interessant dabei ist, dass das Julius-Kühn-Institut zunächst ebenfalls als Teil des Firmenverbundes BioOK auftauchte, 2010 dann aber plötzlich aus der Liste der beteiligten Firmen verschwand. BioOK wurde übrigens vom Bundesforschungsminister  mit 4,3 Millionen als Aufbauhilfe gemästet. Dazu kommen noch Zuschüsse für einzelne Projekte, die jeweils zwischen 200.000 und 800.000 € liegen dürften.

Schaut man mal nach, wer hinter den Firmen steckt, die sich unter dem Namen BioOK zusammengeschlossen haben, dann stößt man zum einem immer wieder auf Namen vom Lehrkörper der Uni Rostock. Daneben fällt eine andere Person auf, Kerstin Schmidt. Die hat nichts in Richtung Biologie oder ähnliches studiert, sie ist studierte Mathematikerin. Und Chefin gleich mehrerer Firmen, die „zufällig“ alle die gleiche Anschrift haben: Thünenplatz 1 in Groß-Lüsewitz. Wobei sich Schmidts dortige Firmen ein Faxgerät teilen müssen, während sie zumindest beim Telefon verschiedene Durchwahlen haben. Schon etwas ungewöhnlich, dass sich mehrere Firmen einen Hauptanschluss fürs Telefon so friedlich teilen!


ML: Das Gute daran ist doch, dass die Steuergelder, die in Schmidts Firmengeflecht fließen, immerhin nicht für im Ausland produzierte Faxgeräte ausgegeben werden! Kerstin Schmidt scheint sowieso ein sparsamer Mensch zu sein. Am alten Sitz ihrer Firmen in Rostock in der Schnickmannstraße teilten sich alle friedlich einen Briefkasten (Foto!) Und ich dachte immer, Briefkastenfirmen gäbe es nur in Liechtenstein oder auf obskuren Inseln in der Südsee! Aber anscheinend reichen die 4,3 Millionen Fördergeld zwar für mehrere Telefone, aber nur für ein Faxgerät und einen einzigen Briefkasten. Sind das tatsächlich alles kleine Firmen oder steckt da ein Global Player der Gen-Branche dahinter?


JB: Wenn man mal versucht auf ein Genfeld einer kleinen Firma zu gelangen und vom Werkschutz daran gehindert wird, kann man die Jungs ja fragen, wer sie bezahlt!


ML: Klingt so, als hättest Du das schon mal gemacht.


JB: Der Auftrag an die Sicherheitsfirma kam von BASF.


ML: Anscheinend ist der Konkurrenzkampf in der Branche überschaubar!


JB: Zumindest haben sie gemeinsame Interessen. Monsanto Deutschland sitzt in Düsseldorf. Meist lassen sie sich vor Gericht durch den ortsansässigen Anwalt Hartwig Stiebler vertreten. Er hat aber auch schon für 2 Firmen gearbeitet, die von Kerstin Schmidt geleitet werden.


ML: Die Verbraucher sind sich ja einig: Nur 6% wollen Gentechnik auf dem Teller haben. Gibt es denn nicht irgendeinen Punkt, wo das von der Politik berücksichtigt wird?


JB: Nein. Schauen wir uns mal den BioÖkonomieRat an, der von Anette Schavan ins Leben gerufen wurde. Der soll entwerfen, wie es langfristig mit der Agro-Gentechnik weitergehen soll. Da sitzt nicht mal ein Quotenkritiker drin. Wenn Du mir auch nur ein leicht unabhängiges Mitglied dieses Rates nennen kannst, werde ich einen Monat lang nur Genmais und Soja von Monsanto fressen!


ML: Aber immerhin arbeiten die Ratsmitglieder ja ehrenamtlich!


JB: Wenn Du das „Arbeit“ nennen willst, die eigenen Interessen unter offiziellem Design zu verbreiten, dann schon. Tatsächlich sitzen im Rat schlicht die bezahlten Mitarbeiter der Firmen und Lobbyverbände, deren Interessen sie im Rat vertreten.


ML: Worum geht es den Lobbyisten eigentlich, was ist ihr Ziel?


JB: Sie wollen, dass alles, was auf den Teller kommt, aus patentrechtlich geschützten Produkten stammt.  Sie wollen die komplette Kontrolle über den gesamten Produktionsprozess unserer Nahrung und am besten gleich an mehreren Stellen des Systems mitverdienen. Der freie Landwirt – ohnehin ja mehr Legende als Realität - soll abgeschafft werden und zum Lizenznehmer oder gleich Lohnarbeiter mutieren. Und der hinterhältigste Weg dorthin ist, wenn patentierte Genpflanzen ihr Erbgut so ausgestreut haben, dass es sich durch unkontrollierte Auskreuzung unter das Saatgut konventioneller Pflanzen mischt. So machen sie sie die angebliche Wahlfreiheit des Konsumenten zwischen konventionellen und gv-Pflanzen zu einer Farce.

Jeder Bauer, der sein eigenes Saatgut produziert, würde durch die Auskreuzung ihre Patentrechte verletzen, weil eben auch ein paar Anteile gv-Pflanzen darunter sind. Durch entsprechende Prozesse kann man dann jeden Landwirt, der sein Saatgut nicht brav bei der Gendreck-Industrie einkauft, ruinieren. Nicht nur der schon benannte Anwalt aus Düsseldorf würde solche Fälle sicher gerne vor Gericht bringen!


ML: Es gab ja die von Dir genannten Bemühungen, die Machenschaften der Gen-Mafia aufzudecken. Andreas Bauer vom Umweltinstitut München hat Arbeiten veröffentlicht, bis er  gegangen wurde. Und im Auftrag der grünen Bundestagsabgeordneten Ulrike Höfken wurde eine Studie zum Thema erstellt. Du hast ja selbst mitbekommen, wie die Gen-Mafia auf fundierte Kritik wie Deine Broschüre „Organisierte Unverantwortlichkeit“ reagiert, man wollte Dich per Gerichtsurteil zum Schweigen bringen. Erzähl doch mal, wie man das versucht hat!


JB: Dazu muss ich etwas ausholen, denn ich wurde auf Unterlassung verklagt, weil ich die Machenschaften der Gen-Branche öffentlich kritisiere. Kläger war neben Kerstin Schmidt auch Uwe Schrader. Der sitzt für die FDP im Landtag von Sachsen-Anhalt und ist nebenbei Vorsitzender von Innoplanta e.V..  Innoplanta wurde mit 20 Mio. Euro Bundeszuschüssen gegründet.  Offizielles Ziel war dabei, die Zusammenarbeit der Akteure in der „grünen Gentechnik“ zu optimieren.

Gründungsvorsitzender von Innoplanta war Thomas Leimbach, der heute ironischerweise Chef der Überwachungsbehörde ist, angeblich also Innoplanta und Umfeld-GentechnikerInnen beaufsichtigt. Naja, auf dem Papier tut er das. Schrader war früher Chef der Finanzierungs-GmbH sachsen-anhaltinischer Gentechnik  der BioRegion Halle-Leipzig.

Bei Innoplanta kommen alle Protagonisten der Gen-Branche zusammen. Mitglieder sind Politiker, Vertreter kleiner und großer Konzerne, regionale Wirtschaftsförderung, Bauernverband, ein Mitarbeiter des Julius-Kühne-Institus. Also ein Lobbyistenverein und gelebte Seilschaft, gegründet mit 20 Millionen aus der Bundeskasse!


ML: Okay, wer sowas öffentlich macht, der gehört natürlich zum Schweigen gebracht! Solche Zusammenhänge bringen ja unnötige Unruhe ins Volk, das am Ende noch glaubt, der Staat sei ein Selbstbedienungsladen für jeden, der gute Kontakte hat und die richtigen Tricks kennt! Wie hat man bei Dir versucht, Dich zum Schweigen zu bringen?


JB: Der Prozess vorm Landgericht Saarbrücken war eine Farce. Wer das detailliert nachlesen will -  es steht ausführlich in meinem Buch. Das kann man kaufen oder auf projektwerkstatt.de als pdf herunterladen. In aller Kürze kann man sagen, dass die erste Instanz vor dem Landgericht ohne Beweiserhebung ein vorgefertigtes Urteil verhängte. Ich hatte dann das Glück, dass meine Veröffentlichungen in meiner Berufung vor dem Oberlandesgericht auch tatsächlich geprüft wurden. Meine Verurteilung aus erster Instanz wurde als „abwegig“ bezeichnet, die von mir verbreiteten, vor Gericht angegriffenen Behauptungen seien sorgfältig recherchierte Fakten.

Anwalt der Gegenseite war übrigens Stefan Kropf. Der ist Partner in der Saarbrücker Kanzlei des ehemaligen saarländischen und später sachsen-anhaltinischen Wirtschaftsministers Rehberger. Der war als Minister ein Förderer der „grünen Gentechnik“ und ist heute gleichzeitig Beiratschef bei Innoplanta und, wie der Zufall es will, auch noch stellvertretender Richter am Verfassungsgerichtshof des Saarlandes. Ein Hundsfott, der der sich etwas Böses dabei denkt!                                                                                   


ML: Ich kenne all das, was Du mir erzählst, nur zu gut aus dem Bereich Pharma. Vielleicht gehören beide Branchen ja auch zusammen, denn die belegten gesundheitlichen Auswirkungen von gv-Pflanzen sorgen ja für eine gute Kundenbindung der Verbraucher an das pharma-dominierte „Gesundheitssystem“. Was Du mir bis jetzt erzählt hast, bringt mich  auf den Gedanken, es in Zukunft besser mit Lichtnahrung auszuprobieren.

Ich möchte jetzt langsam zum Ende kommen und dabei einen Ausblick auf die politische Landschaft wagen. Die Grünen sind ja gerade ziemlich in, die Menschen halten sie für sehr glaubwürdig in Umweltfragen. Ich bin da etwas kritisch, denn beispielsweise der Parteichef Cem Özdemir ist ja Mitglied im Pro-USA-Club Atlantikbrücke. 2002 wählte ihn das World Economic Forum gar zum "Global Leader of Tomorrow", zum globalen Führer der Zukunft.  Und als wäre das nicht genug, war er 2009 auch noch auf dem Bilderberger-Treffen in Griechenland. Was hältst Du von den Grünen?


JB: Es wird sicherlich interessant, sie auch in Zukunft beim Spagat zwischen Parteiprogramm und Realpolitik zu beobachten. Da werden wir dann sehen, wie biegsam und flexibel sie sind. Nehmen wir nur mal das grüne Parteiprogramm. Da steht drin, dass sie keine Gentechnik wollen, weder auf dem Acker, noch auf dem Teller. Nun war es aber die grüne Renate Künast, die als BMELV die Gen-Seilschaften ungestört weiterarbeiten ließ. Ihr Ministerium hat direkt in die Agro-Gentechnik investiert, ihr Ministerium hat selbst Genfelder angelegt.

Legendär war auch der Austausch zwischen Mitarbeitern von Ministerien und der Industrie unter Kanzler Schröder.  BASF und BAYER durften damals ihre Kohorten ins Umwelt- und Forschungsministerium schicken. Die heutigen Eliten der Gesellschaft sind Vollstrecker der Interessen von Profit und Macht. Die Parteien unterscheiden sich ein wenig in den kulturellen Noten der Durchsetzung dieser Interessen – die einen mehr mit Polizeiknüppeln, die anderen eher auf die „sanfte“ Tour.

Manche Politiker oder Parteien kritisieren in der Opposition, was sie als Regierungspartei dann selbst machen. Die Grünen sind für den Glauben an den Sinn von Demokratie und Wahlen wichtig, weil sie den Unzufriedenen einen Scheinausweg anbieten. Dass Trittin die Atomkraft abgesichtert und den Protest gegen den Castor diffamiert hat, das Künast Genfelder hat durchwinken und anlegen lassen und Joschka Fischer Angriffskriege organisiert hat, wird verdrängt, um nicht aus der eigenen Verblödung aufzuwachen. Schlechter als die anderen sind die Grünen damit natürlich nicht, aber ihre Existenz ist für die Beruhigung des Bildungsbürgertums so wichtig wie die Linke für die Aufstandsverhinderung in verarmten Schichten.


ML: So gesehen sind die Grünen so glaubwürdig, wie es eine Selbsthilfegruppe für Menschen wäre, die in der DDR von ihren Anwälten ausspioniert wurden, wenn Gregor Gysi Gründungsmitglied dieser Selbsthilfegruppe ist! Was muss passieren, damit die Welt nicht den Bach runtergeht?


JB: Wir müssen die Macht, die wir Politik und Verwaltungen übergeben haben und die von denen zu Teilen an die Großkonzerne weitergereicht wurde, wieder zu den Menschen zurückholen. Verweigerung, Aufbau von Alternativen, Subversion und gewaltfreie Sabotage sind – vor allem in einer inhaltlich gut vermittelten Mischung – geeignete Mittel.

Die Macht muss raus aus den Märkten und Parlamenten und zurück zu den Menschen. Und konkret: Ich bin ja Anhänger der Informationsguerilla. Man kann jeden Mist dazu bringen, sich gegen sich selbst zu richten. So ist beispielsweise jedes Wahlplakat dazu geeignet, durch kreative Veränderungen des ursprünglichen Plakates eigene Aussagen zu transportieren, damit es plötzlich mal etwas Wahrheit transportiert. Man darf bloß nicht daran glauben, dass sich das System selbst abschafft, denn das ist mit Sicherheit mit etwas Handarbeit seitens derjenigen verbunden, die Veränderungen wollen.


ML: Ich denke, wir leben in einer sehr dynamischen Zeit. Immer mehr Menschen kapieren, was hinter den Kulissen abläuft. Jetzt müssen die nur noch aktiv werden. Und schaun mer mal, was in Zukunft bei den Grünen passiert. Kann gut sein, dass die Oberen dort genau so korrupt sind, wie die anderer Parteien. Aber an der Basis kenne ich einige, die authentisch sind. Aber Du hast Recht, wir müssen die Macht zurück zu den Menschen holen. Und uns lokal organisieren für gute Projekte, die unsere Interessen durchsetzen.

Wahlen an sich ist ja absurd, man achte nur mal auf die Wortwahl, wie es Andreas Popp kürzlich in einem Vortrag beim Kongress der unabhängigen Medien gemacht hat: „Man gibt seine Stimme ab und übergibt sie der Urne“. Man verzichtet also darauf, seine Stimme zu erheben und übergibt sie einem Behälter für verstorbene Überreste. Wir müssen also unserer Stimmen erheben, uns selbst organisieren und darauf achten, dass wir dabei nicht von Parteien oder dubiosen Vereinen vereinnahmt werden.



Bild- und Grafikquellen:

1. Aktivist Jörg Bergstedt - Foto: Marie-Luise Volk, Gamlen > esgehtanders.de

2. Polizeiaufgebot vor dem Gerichtsgebäute in Gießen. Dieser Trupp wurde eingesetzt, um den Begleitzug von Jörg Berstedt von der Innenstadt Gießen zum Landgericht zu begleiten. Völlig überzogen - sie wollten uns nur als eine "gefährliche" Meute hinstellen, obwohl sie doch schon bei der Demo in der Innenstadt feststellen konnten, dass wir alle friedlich waren. So demonstriert man Staatsmacht. Foto: Marie-Luise Volk, Gamlen > esgehtanders.de


3. Gentechnikfreies Camp der Initiative Gendreck: der Widerstand wächst. Foto: Hanno Böck Quelle:Wikimedia Commons. Dieses Werk wurde von seinem Urheber Hanno Böck als gemeinfrei veröffentlicht. Dies gilt weltweit.

4. Aktivisten bei einer „Feldbefreiung“. Der Begriff Feldbefreiung bezeichnet unter Umweltaktivisten euphemistisch die zielgerichtete Zerstörung von Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Juristisch betrachtet erfüllt eine Feldbefreiung den Straftatbestand der Sachbeschädigung und jedenfalls bei umzäunten Feldern auch des Hausfriedensbruchs. Die Aktivisten halten das Ausreißen gentechnisch veränderter Pflanzen auf Grund möglicher Gefahren für Gesundheit und Umwelt jedoch für legitim. Einige Aktionen werden vorher öffentlich angekündigt und die Teilnehmer nehmen eventuelle Strafen bewusst in Kauf. In den letzten Jahren gab es jedoch auch in Deutschland vermehrt heimliche Feldbefreiungen. Foto: Jean-Marc Desfilhes Quelle:Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 1.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert

5. "Gen-Kartoffeln kommen uns nicht in die Tüte"Foto: Umweltinstitut München e.V., Verein zur Erforschung und Verminderung der Umweltbelastung > Webseite

6.Buchcover „Monsanto auf Deutsch". Das Buch ist im SeitenHieb-Verlag erschienen und kann über den Buchhandel, den Verlag und in der Projektwerkstatt, Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen (www.aktionsversand.de.vu) bezogen werden. Eine weitere Informationsseite mit Downloadmöglichkeit der Kapitel als PDF (Bilder niedrig auflösend) findet sich unter www.projektwerkstatt.de/gen/buch, zudem ist über www.biotech-seilschaften.de.vu ein Internetbereich zum Thema zu erreichen.

7.MonsantoD-Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de

8.  Lobbykraft? NEIN DANKE. Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de

9.  Monsanto-Mais 1507 bildet extrem viel Bt-Toxin im Pollen, der um ein vielfaches höher ist, als beim Monsanto-Mais (MON) 810. Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de

10.Bergstedt-Sympatisanten im Kreise weiterer Agrogen-Kritiker vor dem Landgericht Saarbrücken. Foto: Marie-Luise Volk, Gamlen > esgehtanders.de

11. Transparent "Gentec-Konzerne + Wissenschaft + Politik u. Verwaltung = organisierte Unverantwortlichkeit."Foto: Marie-Luise Volk, Gamlen > esgehtanders.de


 

Umweltinstitut München e.V.

Verein zur Erforschung und Verminderung der Umweltbelastung

Landwehrstr. 64 a
80336 München

Tel.: (089) 30 77 49-0
Fax: (089) 30 77 49-20
E-Mail: info@umweltinstitut.org


www.umweltinstitut.org


 

 

Die Bio-Illusion: Verkauf von Gefühlen

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Die Bio-Illusion: Verkauf von Gefühlen


Heute abend habe ich mir die ARTE-Dokumentation „Die Bio-Illusion“ angesehen. Für Interessierte hier der Link dazu sowie zum dazugehörigen Dossier. Dieser Bericht hat mir einige wichtige Anregungen gegeben, um meinen Kommentar zu schreiben.


Mittlerweile habe ich den Eindruck, daß viele Konsumenten dem ökologischen Faktor beim Erwerb von landwirtschaftlichen Erzeugnissen immer weniger Bedeutung beimessen. Worauf es ihnen schwerpunktmäßig ankommt, das ist das gute Gewissen, das sie sich durch eine Illusion erkaufen. Sie lassen sich quasi durch die positiven Gefühle korrumpieren, die sie glauben, rechtmäßig dadurch verdient zu haben, daß sie ihr Geld für Waren mit einem grünen Etikett ausgegeben haben.


Landwirtschaftliche Produkte werden dabei über den gleichen Kamm geschoren, wie x-beliebige andere Waren. Man läßt sich von der Werbung  leiten und kupfert das Verhalten von Bekannten ab, um mitzuhalten. Trendy zu sein ist in unserer Event- und Konsumgesellschaft erstrebenswert  - und diesen Status erlangt man dadurch, daß man der Mode folgt. Und wenn die Mode derzeit auf „Bio“ steht, dann ist eben „Bio“ in! Von einer inneren Überzeugung, sich, seinen Mitmenschen und der Natur insgesamt nützlich und förderlich zu sein, keine Spur.


Meine These ist daher folgende: Die biologische Landwirtschaft hat sich größtenteils dem marktwirtschaftlichen System unterworfen und ist zur reinen Geldmacherei verkommen! Es handelt sich in Wirklichkeit um eine industriell betriebene „biologische“ Landwirtschaft, die die konventionelle nur kopiert und sich proforma mit Biosiegeln absichert. Die Methoden der konventionellen industriellen Landwirtschaft werden übernommen – ökonomisch bedingte und strategische Anpassungen werden dabei nur bedingt zugelassen, um die nötigen Zertifikate zu erlangen. Dabei wird nicht vor Betrug und Korruption zurückgeschreckt.


Im Übrigen stammt die Methodik der Zertifizierung bekanntlich aus der Industrie. Kleine Zwischenfrage: Wie soll ein natürlicher, ökologischer und originärer landwirtschaftlicher Anbau funktionieren, wenn dieser bis ins Detail von Zertifizierungen bürokratisch gemaßregelt wird, der die praktische Berufsausübung eines motivierten Bauern unterminiert? Oder wie ist es mit wahrhaft ökologischer Gesinnung vereinbar, wenn qualitativ einwandfreie Lebensmittel aussortiert und vernichtet werden, nur weil sie in Form und Farbe nicht einer willkürlich festgesetzten irrationalen Schönheitsnorm entsprechen? Wenn folgende Phänomene heutzutage bei einem Großteil der Bioerzeugung zutreffen – mit zunehmender Tendenz -, dann können wir uns den Selbstbetrug mit diesem Gefasel von gesunder biologischer Landwirtschaft ersparen:

  • Massenproduktion von Agrarerzeugnissen in Monokulturen.
  • Massentierhaltung fast ohne Einschränkungen.
  • Beibehaltung der Konzentrationsprozesse der industriellen Betreiber mit Hilfe der Kapitalwirtschaft.
  • Verdrängung der Kleinbauern und des Mittelstandes.
  • Systematische Zerstörung von kleineren, gewachsenen traditionellen landwirtschaftliche Strukturen sowie der  Artenvielfalt.
  • Verhinderung von Regionalisierung und Deindustrialisierung der Landwirtschaft.

Kleinbauern weltweit geraten unter die Räder der Bio-Geschäftemacherei. Ihre Traditionen werden untergepflügt, ihr Land wird billig aufgekauft, meistens noch staatlich oder von (EU-)Subventionen unterstützt. Durch die Hintertür wird der Agrarchemie doch wieder der Zutritt gestattet und selbst genmanipulierte Produkte werden durch Zufütterung oder Dünger in den Kreislauf gebracht. Massentierhaltung wird teilweise als ökologische Tierhaltung  deklariert. Die biologische Landwirtschaft gräbt sich ihr eigenes Grab, weil sie zunehmend unglaubwürdig wird und die Verbraucher belogen werden.


In China kann man beispielsweise Bio-Zertifikate für ca. 200 € erwerben. Dort ist ökologische Landwirtschaft unter den Bedingungen von Wassermangel, Einsatz von vergiftetem oder verschmutztem Wasser  oder durch Überdüngung gang und gebe. Trotzdem – oder sogar gerade deswegen – ist China der größte Hersteller von Bioware. Und wir in Deutschland und Europa biedern uns den Chinesen geradezu als Kunden an. Welche Scheinheiligkeit!


Auch Südspanien, die Region Almeria, die die größte landwirtschaftliche Anbaukonzentration Europas aufweist, ist ein besonders abschreckendes Beispiel für die Verwurstung von „Bio“. Dort wird inmitten einer gigantischen herkömmlichen industriellen Erzeugung unter Einsatz von fraglichen Methoden angeblich biologischer Anbau betrieben. Wie soll es da mit rechten Dingen zugehen?


Unter Millionen  von m² Plastikfolie wird Massenproduktion in Monokulturen unter absoluter Kostenminimierung praktiziert. Arbeiter und Pflanzen erblicken niemals das freie Licht der Sonne. Bei Almeria handelt es sich um eine der ödesten und wasserärmsten Gegenden Europas. Trotzdem wird für die landwirtschaftliche Erzeugung  das spärlich vorhandene Grundwasser angebohrt – der Grundwasserspiegel sinkt dadurch ständig. Für 1 kg Tomaten wird z. B. 180 Liter Wasser benötigt, während die angeheuerten afrikanischen Beschäftigten ausgebeutet werden, unter den erbärmlichsten Bedingungen hausen müssen und noch nicht einmal Trinkwasseranschluß besitzen.


Statt unseren boden- und mittelständigen Biobauern in Deutschland eine Existenzsicherung zu gewährleisten, erschließen sich die Großhandelskonzerne und Discounter billige Einkaufsquellen im Ausland, um die Kosten zu minimieren und die Gewinne zu maximieren. Die Verbraucher spielen das böse Spiel skrupellos und ungehemmt mit, um ein paar Cent zu sparen. Lange Transportwege bis zum Konsumenten, ob aus Almeria, China oder Thailand werden anstandslos in Kauf genommen. Wer die externen  Transportkosten und damit verbundenen Umweltschäden bei seiner Einkaufsentscheidung berücksichtigt, müßte solche Produkte eigentlich strikt ablehnen und boykottieren.


Es handelt sich beim Bioboom mittlerweile um eine internationale Seuche, die die traditionale Landwirtschaft ruiniert. Den ansässigen Bauern wird das Land von ausländischen Investoren unter Ausspielung ihrer ökonomischen Machtmittel und politischen Verbindungen unter dem Hintern weggekauft: letztendlich sind diese Praktiken nicht viel besser als Landraub. Meine Schlußfolgerung aus den geschilderten Mißständen lauten daher:

  • Ein marktwirtschaftliches System läßt keine echte biologisch-ökologische Landwirtschaft zu.
  • Eine generelle Umstellung ohne Ausnahmen auf biologische Kreislaufwirtschaft ist unerläßlich.
  • Dies darf jedoch keine Übernahme der alten Produktionsmethoden bedeuten.
  • Das in der Marktwirtschaft vorherrschende ungehemmte Profitstreben ist konterkarierend und nicht mit echter biologischer Landwirtschaft in Einklang zu bringen.
  • Eine Chance zur Umsetzung besteht nur unter der Voraussetzung der Verfolgung von Idealen, die den Profit  als zweitrangig einstufen.
  • Oberstes Ziel muß die Herstellung von landwirtschaftlichen Produkten sein, die dem Leben der Menschen, der Gesundheit und der Ökologie dienen, wobei die Diversivität von Arten und Lebensformen im Vordergrund steht, die einen Erhalt des natürlichen Kreislaufs sichern.

All dies ist jedoch nur möglich, wenn wir nicht nur unser Wirtschaftssystem sondern auch unser Wertesystem ändern. Ansonsten werden jegliche Bestrebungen, eine flächendeckende ökologische Landwirtschaft zu betreiben, die ihren Namen auch verdient, Makulatur bleiben. Wie degeneriert sind wir eigentlich, wenn wir diese Verhältnisse weiter zulassen und unterstützen?



MfG Peter A. Weber

Der Diätenwahn – eine Abrechnung

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Der Diätenwahn – eine Abrechnung


Die Zeitschriften sind voll von Maßstäben, an denen sich frau zu orientieren hat: Mit den Models der Bekleidungsindustrie wird die Messlatte gesetzt. Nur wer die vorgegebenen Normen von Claudia Schiffer & Co. erfüllt, kann auf dem Laufsteg punkten.

Untersützt wird der Hype um die Körpermaße von der Unterhaltungsindustrie. Sie hat eine äußerst wichtige Funktion übernommen: Ständig auf der Jagd nach den „besten“ Diäten.

Besonders im Frühjahr, nachdem die Kleidung von Winter auf Sommer gewechselt wird, kommt nämlich ans Tageslicht: Die „Rettungsringe“ oder der angefressene „air-bag“ macht das Tragen der Garderobe vom Vorjahr unmöglich. Dann bricht Panik aus.

Eine echte Marktlücke für Zeitschriften wie „Brigitte“ & Co. Die Vermarktung von „Wunder“-Diäten ist jetzt angesagt. Mit Werbeblogs für Flüssigkeitsfastenkuren und Eiweißdrinks („Almased“) zur TV-Bestzeit wird das in Gewichtsnot geratene Publikum zu den Verkaufsstellen (Apotheken) getrieben. Und das Geschäft klappt wie am Schnürchen.

Mit dem Film „Schlank durch Schokolade“, eine Produktion von k22 film & entertainment, Mainz im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit arte, kam ans Tageslicht, mit welcher Raffinesse auf dem Sektor des Tarnen und Täuschens vorgegangen wird: Es ist unglaublich leicht, ein Gutachten für die These, dass Schokolade schlank macht, zu bekommen. Wenn das Geld fließt, wird der größte Unsinn in Wahrheit gegossen. Und das alles mit dem Beglaubigungssiegel der Wissenschaftlichkeit. Das zieht immer. Zumindest bei dem Heer der Wissenschaftsgläubigen.


Doku Abnehmen 2015 Schokolade, Freund oder Feind Dokumentation (Dauer 28:11 Min.)


Diäten gibt es inzwischen wie Sand am Meer:

  • Hollywood-Diät (mit Hummer, Shrimps und Ananas, also tiereiweißlastig)
  • Karl-Lagerfeld-Diät (tiereiweißlastig, Nahrungsergänzungsmittel)
  • Atkins-Diät (tiereiweißlastig)
  • Blutgruppen-Diät („Rodeo“ bei den Nahrungsmitteln, Nahrungsergänzungsmittel)
  • Markert-Diät (wenig Fett und Kohlenhydrate)
  • Strunz-Diät (keine Kohlenhydrate, Nahrungsergänzungsmittel)
  • Metabolic Balance (tiereiweißlastig)
  • Low-Carb-Diät (wenig Kohlenhydrate, tiereiweißlastig)
  • Dukan-Diät (tiereiweißlastig, wenig Kohlenhydrate)
  • Weight-Watchers (Fettreduktion, Punktesystem, kalorienorientiert, in rund 30 Ländern der Welt praktizierte Produktvermarktung der US-amerikanischen Fa. „Weight Watchers International, Inc“)
  • Glyx-Diät (Vermarktung von „Glyx-Produkten“)
  • Fünf-Elemente-Ernährung (tiereiweißlastig)
  • Brigitte-Diät mit Slow Carbs (kalorienorientiert, wenig Kohlenhydrate)
  • Schnelle 3-Kilo Brigitte Diät (kalorienorientiert)
  • Brigitte-Diät mit der Diätwende (kalorienorientiert)
  • Brigitte-Bikini-Diät (kalorienorientiert)

usw. usw.

Diäten sind mängelbehaftet !

Die o.g. Diätformen sind unterschiedlich „konstruiert“, haben aber durchgängig schwere Mängel vorzuweisen. Grundnährstoffe wie Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate sind eben nicht dazu da, um mit ihnen zu jonglieren: Mehr (Tier-)Eiweiß, dafür weniger Kohlenhydrate oder Fettreduktion – und schon purzeln die Pfunde! Ob bei dieser Jongliererei die Gesundheit auf der Strecke bleibt, ist den Diät-„Weisen“ egal.

Damit Diäten wirtschaftlich boomen, werden auch die passenden (selbstverständlich fabrikatorisch entwerteten) Nahrungsmittel angeboten. Siehe Weight-Watchers: Die 100 g Karamell-Schoko-Waffel weist ja „nur“ 40,2 g (Fabrik-)Zucker auf. Mit diesem dickmachenden und obendrein gesundheitsschädlichen Produkt kann Weight-Watchers nur noch bei Ernährungsanalphabeten punkten.

Auch der Gang ins Reformhaus kann das Problem nicht lösen: Turbo-Diäten, auch wenn sie mit dem „vegan“-Mäntelchen daher kommen, sind aus gesundheitlichen Gründen nicht zu empfehlen. Auch die Reformhäuser schrecken nicht vor Fehlinformationen zurück, wenn es um das Geschäft geht.

Grundnährstoffe, die in ihrer Gesamtheit in natürlichen Lebensmitteln vorhanden sind, werden einfach als auswechselbar angesehen. Vitalstoffe wie z.B. Vitamine, Mineralstoffe, Enzyme usw. werden höchstens dann berücksichtigt, wenn sie als „Nahrungsergänzungsmittel“ vermarktungsfähig sind. Das Geschäft mit den Nahrungsergänzungsmitteln boomt.


Die Entstehung von Übergewicht

Dabei müsste doch erst einmal geklärt werden, wie Übergewicht überhaupt entsteht:

  • Übergewicht ist Folge von Vitalstoffmangel in der Zivilisationskost.
  • Vitalstoffmangel führt zur Stoffwechselstörung. Stoffwechselstörungen führen langfristig zu Krankheiten wie z.B. Übergewicht.
  • Vitalstoffmangel führt nicht direkt zur Fettsucht, sondern indirekt über die Störung der inneren Drüsen (Hypophyse, Schilddrüse, Nebennierenrinde, Eierstöcke).
  • Stärke- und zuckerhaltige Nahrungsmittel werden durch Vitalstoffmangel nicht mehr zur Endstufe Kohlensäure (CO2 ) und Wasser (H2O) „verbrannt“, sondern halb oxidiert als Fett in den Fettzellen abgelagert.
  • Vitalstoffmangelkrankheiten sind streng genommen unheilbar wie Diabetes (Fettzellen können nicht aufgelöst werden).
  • Übergewicht im Kindesalter zeigt Fehler der vorangegangenen Generationen auf.
  • Übergewicht hat auch eine oft unterschätzte lebensbedingte Komponente. Der Volksmund spricht nicht umsonst von „Kummerspeck“.

Über diese Zusammenhänge erfährt der übergewichtige Patient nichts. An den Universitäten erfahren Ärzte während ihrer Ausbildung so gut wie nichts über die Entstehung der ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten. Deswegen sind Ärzte genauso gefährdet wie ihre Patienten. Auch sie sind häufig betroffen von Übergewicht und anderen Krankheiten wie Herzinfarkt, rheumatischen Erkrankungen. Häufig berichten Patienten, dass ihnen der Arzt empfohlen hat, abzunehmen. FDH (Friss die Hälfte) statt FDR (Friss das Richtige).



Fett macht nicht fett (Fett)

Naturbelassene Fette wie Butter und Olivenöl wurden schon seit Jahrtausenden verzehrt. Sie gehörten seit jeher zur menschlichen Ernährung. Niemals haben sie geschadet. Doch die Abnehm-Gurus verdächtigen – flankiert von den Vertretern der Cholesterinlüge –  nach wie vor das Fett, das nichts anderes im Schilde führt als Fett (Übergewicht) zu erzeugen. Dabei müssten sie eigentlich vor den raffinierten Speiseölen und Margarinen warnen, die reine Kunstprodukte sind. Sie entstehen in den Laboratorien der Nahrungsmittelindustrie. Die Warnung vor natürlichen Fetten ist nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver.

Werden Fette gemieden, verstärkt sich die Fettsucht sogar bis ins unheilbare Stadium!



„No-Go“ für Nahrungsmittel ohne Vitalstoffe

Welche Nahrungsmittel sollten wegen Vitalstoffmangel verbannt werden?

Alle Produkte, die (Fabrik-)Zucker, Auszugsmehl und (Fabrik-)Fette enthalten. Diese sind verantwortlich nicht nur für Übergewicht, sondern auch für alle inzwischen als „normal“ – weil üblich – gehaltenen ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes (Zucker-Krankheit), Herzinfarkt, Erkrankungen des Bewegungsapparates, Multiple Sklerose, Parkinson, Demenz und Krebs.

Angesichts der immer auffälliger werdenden Katastrophe, besonders bei Kindern und Jugendlichen, müsste von Seiten der Politik längst gegengesteuert werden. Doch diese ist durch wirtschaftliche Interessen gefesselt wie der Riese in „Gullivers Reisen“. Längst haben das Regieren die Schwergewichte der Wirtschaft, nämlich die Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie übernommen. Ein überfälliger „Feldzug“ gegen die „Fast-Food-Tankstellen“ wie McDoof & Co. ist aufgrund wirtschaftlicher Interessen unmöglich.


Warum Kapitalinteressen die Wahrheit verhindern

Im kapitalistischen System gewinnen immer die Kapitalinteressen und nicht die Interessen der Bürger. Und solange unser Geldsystem den Zinseszinsmechanismus in sich trägt, werden diese unhaltbaren Zustände nicht abgestellt werden können. Auch für diese Problematik gibt es nur eine Lösung: Ein umlaufgesichertes und zinsbefreites Geldsystem, mit Gebühren für leistungslose Gewinne. Alle Kräfte müssen mobilisiert werden, um diese Zusammenhänge publik zu machen.

Die Nahrungsmittel- und in ihrem Schlepptau sich befindende Pharmaindustrie haben kein Interesse daran, dass die längst als unhaltbar entlarvte “Kalorienlehre“ aufgegeben wird. Garantiert diese Lehre doch den Großkonzernen satte Gewinne. Dabei wurde die Kalorienlehre durch die moderne Ernährungswissenschaft längst widerlegt. Gibt es kein besseres Beispiel dafür, dass Unwissenheit gewollt ist?  Das feudale System des Mittelalters hat sich aufgrund des Webfehlers im Geldsystem bis in die heutige Zeit hinübergerettet.


Warum die Kalorienlehre falsch ist

Der eigentliche Knackpunkt bei der Kalorienlehre ist, dass nur, weil Vitalstoffe nicht kalorisch (also nach Wärmeeinheiten) gemessen werden können,  sie als „nicht relevant“ angesehen werden.

Die Verfechter der Kalorienlehre haben trotzdem ein Dilemma, was sie so sehr angreifbar macht:

Vitamine u. andere Vitalstoffe, die ihre außerordentlich wichtige Wirkung nur im Millionsten-Gramm-Bereich zeigen, können kalorisch nicht erfasst werden. Der tägliche Bedarf von z.B. Vitamin B 12 liegt bei 1 Millionstel Gramm. Hier zeigt sich die Unmöglichkeit der kalorischen Sichtweise. Und nach der Denkweise dieser veralteten Kalorien-Wissenschaft(ler) sind sie dann eben nicht zu berücksichtigen. In der Ungenauigkeit ist man eben großzügig. Und daran muss gusseisern festgehalten werden, sonst bricht das Kartenhaus zusammen.



Doch ab und zu entlarvt sich diese Klientel selbst: Bei der Vermarktung von Nahrungsergänzungsmitteln. Nach ihrem Gutdünken werden jetzt die synthetisierten, also künstlich zusammengesetzten Vitamine, Mineralstoffe u.a. demjenigen, der in die Diätfalle getappt ist, noch als notwendige „Dreingabe“ empfohlen. Jetzt sind sie plötzlich unentbehrlich – aus gesundheitlichen Gründen!

Und damit der Hersteller von „Almased“ vor Schadensersatzforderungen verschont bleiben kann, wurde folgender Hinweis aufs Etikett gedruckt:

„Almased ist kein Ersatz für eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung und eine gesunde Lebensweise“. Die Haftung wird somit geschickt vom Hersteller auf den Konsumenten verlagert.



Stopp dem Diätenwahn!

Der „Diätenwahn“ kann sofort beendet werden:

Anstelle von Nahrungsmittel-Präparaten, die den Schadstoff (Fabrik-)Zucker sowie Auszugsmehl und (Fabrik-)Fette wie z.B. Margarine enthalten, sollten wieder möglichst natürliche Lebensmittel auf den Tisch kommen. Es ist so einfach, den Diät-„Roßtäuschern“ und den Nahrungsmittelkonzernen wie Nestlé, Maggi, Kraft Foods, Dr. Oetker & Co. Paroli zu bieten: Einfach einen Bogen um ihre unnatürlichen, gesundheitsschädigenden Produkte machen, dann sind diese so schnell verschwunden, wie sie gekommen sind!


Lebensmittel statt Nahrungsmittel!
 

 


Lesetipp:  Nahrungsmittel = Lebensmittel ? - weiter

Marie-Luise Volk
 



Quelle:  erstveröffentlicht auf meinem Blog esgehtanders.de .

Literatur:


"Idealgewicht ohne Hungerkur", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag Lahnstein b. Koblenz

"Übergewicht – Der Kampf mit dem eigenen Körper", Mathias Jung, emu-Verlag

"Unsere Nahrung – Unser Schicksal", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag

"Diäten. Wunderdiäten genauer betrachtet", Dr. med. Max Otto Bruker und Ilse Gutjahr, emu-Verlag

Kleinschrift "Schlank werden ohne Hungerkur“ Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag

Kollath-Tabelle "Die Ordnung unserer Nahrung“, emu-Verlag, in der Bearbeitung von Andrea Dornisch, Gesundheitsberaterin (GGB)


Bild- und Grafikquellen:


1.Fettleibigkeit ist häufig eine Folge des massiven sozialen Stresses, den die Ungleichheit verursacht. Das sollte aber niemand als Entschuldigung dienen, sich nicht trotzdem gesundheitsbewußter zu ernähren. (Kein raffinierter Zucker und Fast- Dosenfood, weniger Kohlenhydrate und Fleisch - dafür mehr Rohkost). 3 Buchtipps: "FOOD CRASH: Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr" (FELIX zu LÖWENSTEIN) - zur Buchvorstellung und  "Zucker - der süße Verführer" (Franz Binder; Josef Wahler) - zur Buchvorstellung. Wichtig auch: "Unsere Nahrung - unser Schicksal. Alles über Ursachen, Verhütung und Heilbarkeit ernährungsbedingter Zivilisationskrankheitenl" (Dr. med. M.O. Bruker, emu-Verlag). Foto: Dieter Schütz. Quelle:Pixelio.de

2. Buchcover "Diäten. Wunderdiäten - genauer betrachtet" von Dr. Bruker und Ilse Gutjahr, emu-Verlag TOP-TIPP!

3.Buchcover:"Unsere Nahrung unser Schicksal“ von Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag TOP-TIPP!

4. Buchcover: "Das Geld-Syndrom 2012 – Wege zu einer krisenfreien Wirtschaftsordnung". Aktualisierte Neuausgabe. ISBN 13: 978-3-8107-0140-4, Druck&Verlagshaus Mainz, Wissenschaftsverlag, Aachen, Euro 16,80 TOP-TIPP!

5. Kollath-Tabelle. Grafik: © emu-Verlag, Lahnstein. Prof. Werner Kollath (1892 – 1970) („Die Ordnung unserer Nahrung“),  Dr. Max Bircher-Benner („Vom Werden des neuen Arztes“) und Dr. Max Otto Bruker („Unsere Nahrung – unser Schicksal“) u.a. waren die Pioniere, die durch Forschungsergebnisse den Unterschied zwischen Lebensmittel und Nahrungsmittel  auf den Tisch legten. Doch bis heute bleibt dieser Unterschied der breiten Masse verborgen.

6.Buchcover:"Die Ordnung unserer Nahrung“ von Prof. Werner Kollath (1892 – 1970)
 

Suggestive Fragen, falsche Angaben, verzerrte Darstellungen

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Suggestive Fragen, falsche Angaben, verzerrte Darstellungen


Wie Minister Schmidt (CSU) Umfragedaten für seinen „Ernährungsreport“ manipulierte



Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt hat in seinem „Ernährungsreport 2016“ Umfrageergebnisse falsch dargestellt und ein manipulatives Bild der öffentlichen Meinung gezeichnet. Das kritisierte foodwatch am Donnerstag nach Auswertung der Originaltabellen und -Fragestellungen des Meinungsforschungsinstituts Forsa, auf denen der Ernährungsreport basiert und die der Verbraucherorganisation vorliegen. Demnach wurden Ergebnisse unterschlagen, sachlich falsche Angaben in den Fragestellungen gemacht, die Befragten mit suggestiven Formulierungen oder durch die Vorgabe von Antwortmöglichkeiten geleitet, Zahlen falsch in den Ernährungsreport übertragen sowie für eine Grafik manipulativ-verzerrte Größenverhältnisse gewählt. Auffällig oft dienen die Manipulationen des Ministeriums dem Politikverständnis von Minister Christian Schmidt, der in der Ernährungspolitik auf Aufklärung und freiwillige, gemeinsam mit den Unternehmen entwickelte Selbstverpflichtungen statt auf regulative Vorgaben für die Lebensmittelwirtschaft setzt.

„Der Ernährungsreport ist keine objektive Bestandsaufnahme, sondern ein interessengeleitetes Zerrbild. Um seine Politik der wirkungslosen Selbstverpflichtungen und windelweichen Aufklärungskampagnen zu rechtfertigen, manipuliert Minister Christian Schmidt sogar Umfragedaten“, kritisierte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei foodwatch.

Bundesernährungsminister Christian Schmidt hatte den „Ernährungsreport 2016“ am 5. Januar in Form einer aufbereiteten Broschüre publik gemacht. Nicht veröffentlicht wurden jedoch die Umfragedaten und Fragestellungen im Original. Der entsprechende Tabellenband von Forsa liegt foodwatch mittlerweile vor. Im Einzelnen kritisiert die Verbraucherorganisation:

Unliebsame Umfrageergebnisse wurden nicht veröffentlicht: Aus den Forsa-Tabellen (Frage 18/Folie 145) geht hervor, dass 83 Prozent der Befragten eine klare Gentechnikkennzeichnung „sehr wichtig“ oder „wichtig“ wäre. Im Ernährungsreport wird dies mit keinem Wort erwähnt. Hintergrund: In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD ursprünglich auf eine bessere, verpflichtende Kennzeichnung von Agrargentechnik auch bei Tierprodukten verständigt – mittlerweile hat sich die Koalition davon aber verabschiedet.

Manipulative Antwortauswahl: Zur Förderung gesunder Ernährung hat das Ministerium die Zustimmung zu drei Ansätzen abgefragt: kindgerechte Aufklärung/Ernährungsbildung, neutrale Informationen, Steuerpolitik. Bei diesen Optionen fehlt jedoch ausgerechnet der Ansatz, der von zahlreichen gesundheitspolitischen Fachverbänden und Verbraucherorganisationen gefordert wird: Eine Beschränkung von Werbe- und Marketingmaßnahmen für ungesunde Lebensmittel insbesondere für Kinder (Frage 25/Folie 187). Mehrere Umfragen in den vergangenen Jahren haben ergeben, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung eine solche Regulierung befürwortet.

Suggestive Formulierungen: Beim selben Thema fragt das Ministerium auch nach der Akzeptanz steuerpolitischer Maßnahmen zur Förderung gesunder Ernährung. Die Formulierung dieser Option lautet: „Besteuerung ungesunder Lebensmittel, z.B. besonders fett- oder zuckerreicher Lebensmittel, sodass diese für den Verbraucher deutlich teurer werden“. Das ist deutlich wertend und suggestiv („deutlich teurer“) und zudem einseitig – weil die Möglichkeit weggelassen wird, dass im Gegenzug gesunde Lebensmittel steuerlich besser gestellt werden könnten, so dass es für die Verbraucher unter dem Strich nicht zu einer Verteuerung von Lebensmitteln insgesamt kommen müsste.

Manipulative Wiedergabe der Ergebnisse: Obwohl also einschlägig diskutierte, regulative Optionen gar nicht und andere Regulierungsmaßnahmen nur suggestiv abgefragt wurden, behauptet das Ministerium im Ernährungsreport wahrheitswidrig, dass „Zwangsmaßnahmen“ von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt würden (S. 29). Auf seiner Internetseite behauptet das Ministerium, dass die „Mehrheit der Deutschen zwar staatliche Maßnahmen für besonders geeignet hält, um einer gesunden Ernährung den Weg zu ebnen, aber nicht in Form von Verboten und Gesetzen.“ (Quelle: bmel-text) Das ist manipulativ, denn eine Absage an Gesetzesänderungen lässt sich aus der Umfrage gerade nicht ableiten.
 

 

Verzerrte Grafiken: Noch weiter verstärkt wird die Präferenz des Ministeriums für aufklärerische Maßnahmen in der grafischen Darstellung. So ist der Anteil der Befragten, die Ernährungsbildung befürworten, gut doppelt so groß wie der Anteil derer, die – selbst unter der suggestiven Fragestellung– eine höhere Besteuerung von ungesunden Lebensmitteln befürworten. In der Grafik im Ernährungsreport wird die Zustimmung zu mehr Ernährungsbildung jedoch mit einer fast fünf Mal größeren Kreisfläche dargestellt als der Zuspruch zu Steuererhöhungen (S. 28).

Falsche Angaben: In einer Fragestellung zur Wichtigkeit von Herkunftsangaben wird behauptet, dass die Herkunft von Lebensmitteln bereits zu den „verbindlich gekennzeichneten Angaben“ gehört. Dies ist sachlich falsch: Bis auf einige Ausnahmen (wie unverarbeitetes Fleisch, Obst und Gemüse) muss auf den meisten verarbeiteten Produkten keine Angabe zur Herkunft gemacht werden. In anderen Umfragen war dies einer der dringlichsten Wünsche der Verbraucher für die Lebensmittelkennzeichnung. In der Fragestellung der BMEL-Umfrage wird weiter suggeriert, die in der Produktion eingesetzten Hilfsstoffe müssten verpflichtend gekennzeichnet werden – auch diese Angabe ist falsch, es besteht hier keine Kennzeichnungspflicht.

Irreführende Schlussfolgerungen: Die Frage „Wie gut fühlen Sie sich alles in allem über die Lebensmittel, die Sie einkaufen und essen, informiert“ haben 13 Prozent der Befragten mit „sehr gut“, weitere 64 Prozent mit „gut“ beantwortet (Frage 12/Folie 101). Daraus leitet das Bundesernährungsministerium ab, dass Lebensmittelkennzeichnung aus Sicht der Verbraucher weitgehend funktioniert – wörtlich heißt es auf der Internetseite des Ministeriums: „Grundsätzlich sind sie mit den zur Verfügung stehenden Informationen beim Einkauf zufrieden“.

Diese Folgerung ist jedoch irreführend. Denn gefragt wurde nicht nach einer Zufriedenheit mit den zur Verfügung stehenden Informationen. Hier kommen eine ganze Reihe von Umfragen – selbst die von der Ernährungswirtschaft beauftragten – zu ganz anderen Ergebnissen:


- 92,4 Prozent stimmen der Aussage „Es sollten mehr Informationen über Lebensmittel zur Verfügung stehen“ voll und ganz, eher oder teils/teils zu, ergab eine Studie der Universität Göttingen für den Lobbyverein „Die Lebensmittelwirtschaft“ (⇒ Deutschland, wie es isst, 2014).


- Eine Umfrage von TNS Emnid für foodwatch kam zu folgenden Resultaten: 74 Prozent stimmen der Aussage (voll und ganz bzw. eher) zu: „Es ist schwierig, die Qualität von Lebensmitteln anhand der Verpackung richtig zu beurteilen.“ 68 Prozent machen sich häufig oder manchmal Sorgen darüber, dass wichtige Angaben zu den Inhaltsstoffen nicht oder nur versteckt auf der Verpackung stehen. Und 69 Prozent wünschen sich mehr Informationen über Lebensmittel direkt auf der Verpackung (⇒ foodwatch-verbraucherreport, 2014).

- Gerade einmal 18,1 Prozent vertrauen den Angaben der Hersteller über die Qualität von Lebensmitteln, ermittele 2011 die GfK im Auftrag der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie BVE (⇒ foodwatch-verbraucherreport, 2014).


Ganz offensichtlich antworten die Menschen also wohlwollender, wenn nach dem Maß ihrer Informiertheit gefragt wird und nicht nach dem Bedürfnis an Informationen – irreführend ist es aber, daraus absolut abzuleiten, dass die Menschen mit den zur Verfügung stehenden Angaben zufrieden seien.

Ihr foodwatch Team

 



Lebensmittel statt Nahrungsmittel!
 


Lesetipp:  Nahrungsmittel = Lebensmittel ? - weiter

 



Quelle: Pressemitteilung foodwatch vom 14. Januar 2016 - weiter.

► Links:


Ernährungsreport 2016 des Bundesernährungsministeriums (BMEL) - weiter.

Forsa-Tabellenband zum Ernährungsreport - weiter.

BMEL zu den Ergebnissen des Ernährungsreports - weiter.


Kontakt zu foodwatch e.V. für Mitglieder und Verbraucherweiter

Juristische Auseinandersetzungen mit Behörden und Unternehmen kosten viel Geld. foodwatch ist dabei auf Ihre Unterstützung angewiesen – nur gemeinsam können wir uns zur Wehr setzen. Daher unsere große Bitte: Helfen Sie uns und werden Sie jetzt Fördermitglied: www.foodwatch.de/mitglied-werden

 

Literatur:


"Idealgewicht ohne Hungerkur", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag Lahnstein b. Koblenz

"Übergewicht – Der Kampf mit dem eigenen Körper", Mathias Jung, emu-Verlag

"Unsere Nahrung – Unser Schicksal", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag

"Diäten. Wunderdiäten genauer betrachtet", Dr. med. Max Otto Bruker und Ilse Gutjahr, emu-Verlag

Kleinschrift "Schlank werden ohne Hungerkur“ Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag

Kollath-Tabelle "Die Ordnung unserer Nahrung“, emu-Verlag, in der Bearbeitung von Andrea Dornisch, Gesundheitsberaterin (GGB)


Bild- und Grafikquellen:


1. Bundesminister für Ernährung und LandwirtschaftChristian Schmidt hat in seinem „Ernährungsreport 2016“ laut der Verbraucherschutzorganisation "foodwatch" Umfrageergebnisse falsch dargestellt und ein manipulatives Bild der öffentlichen Meinung gezeichnet. Foto: J. Patrick Fischer, Dipl. Ing. (FH) der Chemie. Quelle:Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.

2.Lobbykraft? NEIN DANKE. Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de

3. SENECA-Zitat: "Die größte Zahl der Menschen stirbt keines natürlichen Todes, sondern mordet sich selbst durch eine falsche Lebensweise." Textgrafik: Marie-Luise Volk, Gamlen.

4.Transparent "Gentec-Konzerne + Wissenschaft + Politik u. Verwaltung = organisierte Unverantwortlichkeit."Foto: Marie-Luise Volk, Gamlen > esgehtanders.de.

5.Buchcover:"Unsere Nahrung unser Schicksal“ von Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag TOP-TIPP!

6.Kollath-Tabelle. Grafik: © emu-Verlag, Lahnstein. Prof. Werner Kollath (1892 – 1970) („Die Ordnung unserer Nahrung“),  Dr. Max Bircher-Benner („Vom Werden des neuen Arztes“) und Dr. Max Otto Bruker („Unsere Nahrung – unser Schicksal“) u.a. waren die Pioniere, die durch Forschungsergebnisse den Unterschied zwischen Lebensmittel und Nahrungsmittel  auf den Tisch legten. Doch bis heute bleibt dieser Unterschied der breiten Masse verborgen.

7.Buchcover:"Die Ordnung unserer Nahrung“ von Prof. Werner Kollath (1892 – 1970).

8. Cover der Broschüre: "GENTECHNIK - manipuliertes Leben." Herausgeber: Umweltinstitut München e.V. - Verein zur Erforschung und Verminderung der Umweltbelastung - Landwehrstr. 64 a, 80336 München - www.umweltinstitut.org .

Umstrittene Energydrinks: Altersgrenze ab 18 Jahren für Red Bull, Monster und Co.

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Umstrittene Energydrinks


Altersgrenze ab 18 Jahren für Red Bull, Monster und Co.



Berlin, 1. Februar 2016. Nachdem in Lettland koffeinhaltige Energydrinks nicht länger an Minderjährige verkauft werden sollen, fordert die Verbraucherorganisation foodwatch auch in Deutschland eine Altersgrenze von 18 Jahren für Red Bull, Monster und Co. Mediziner weltweit warnen seit langem vor den Risiken der aufputschenden Getränke, die vor allem bei jungen Menschen sehr beliebt sind. Bundesernährungsminister Christian Schmidt lehnt regulative Maßnahmen in Deutschland bisher jedoch ab.

„Bravo Lettland – traurig, traurig, Herr Minister Schmidt. Lettland nimmt die eindringlichen Warnungen der Wissenschaft ernst und macht das einzig Richtige: Red Bull und Co. gibt’s erst ab 18. In Deutschland hingegen dürfen die umstrittenen Wachmacher weiter ungeniert an Kinder und Jugendliche verkauft werden“, kritisierte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei foodwatch. Die Verbraucherorganisation forderte den Verbraucherminister auf, endlich auch in Deutschland einen Verkaufsstopp der Getränke an Minderjährige umzusetzen. Über eine E-Mail-Protestaktion unter aktion-energyshots unterstützen bereits mehr als 28.000 Verbraucher die foodwatch-Forderung.
 

Energydrinks werden mit Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen, Nierenversagen und sogar Todesfällen in Verbindung gebracht. Das Parlament in Lettland hatte im Januar ein Verkaufsverbot für Minderjährige beschlossen, das ab 1. Juni 2016 gelten soll. Damit ist das baltische Land nach Litauen der zweite EU-Mitgliedsstaat mit einer Altersgrenze ab 18 Jahren für die umstrittenen Getränke. Die Forderung nach einer Altersgrenze haben neben foodwatch und der Gesellschaft der Europäischen Kinderkardiologen bereits Experten der Weltgesundheitsorganisation, der Verbraucherzentrale Bundesverband sowie Verbraucherschutzpolitiker von SPD und Grünen vertreten. Das Bundesernährungsministerium lehnt dies jedoch bislang ab - stattdessen kündigte Minister Christian Schmidt im Herbst dieses Jahres eine steuerfinanzierte, rund 100.000 Euro teure Aufklärungskampagne an, durch die der Konsum von Energydrinks bei Jugendlichen reduziert werden soll.

Einer im Mai 2015 publizierten Studie der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA zufolge konsumiert fast jeder dritte Erwachsene Energydrinks. Durch den süßen Geschmack und das gezielte Marketing sind die Produkte - anders als etwa der ebenfalls stark koffeinhaltige Kaffee - gerade bei Kindern und Jugendlichen beliebt: 68 Prozent der Teenager greifen zu den Getränken.

Ihr foodwatch Team


 



Quelle: Pressemitteilung foodwatch vom 01. Februar 2016 - weiter.


Links:


E-Mail-Aktion: Keine Energy-Drinks an Kinder! - weiter.

Entscheidung des lettischen Parlaments zu Energydrinks - weiter.

Studie von WHO-Experten zu Gesundheitsrisiken durch Energy Drinks (2014) - weiter.

Aktuelle Koffein-Risikobewertung der EFSA (2015) - weiter.

Konsumstatistiken der EFSA zu Energy Drinks (2013) - weiter. (PDF)


Kontakt zu foodwatch e.V. für Mitglieder und Verbraucherweiter

Juristische Auseinandersetzungen mit Behörden und Unternehmen kosten viel Geld. foodwatch ist dabei auf Ihre Unterstützung angewiesen – nur gemeinsam können wir uns zur Wehr setzen. Daher unsere große Bitte: Helfen Sie uns und werden Sie jetzt Fördermitglied: www.foodwatch.de/mitglied-werden



Bild- und Grafikquellen:

 

1. DEAD BULL - foodwatch fordert eine Alterbeschränkung ab 18. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa) - QPress.
 

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