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Berliner Charité ließ sich von Coca-Cola mit 1 Million Euro sponsern

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Berliner Charité ließ sich von Coca-Cola mit 1 Million Euro sponsern

foodwatch fordert Stopp der Kooperation mit Softdrink-Konzern

Coca-Cola legt Sponsoringaktivitäten und Geldzahlungen für Forschung offen

„Gesundheitspartnerschaften“ sollen Limo-Konzern als Gesundheitsförderer profilieren

Charité-Direktorin wirbt für Coca-Cola-Initiative

Berlin, 3. Februar 2016. Die Berliner Charité hat sich über fünf Jahre mit insgesamt einer Million Euro von Coca-Cola sponsern lassen. Der Soft-Drink-Konzern finanzierte ausgerechnet Forschungsprojekte und eine Plattform zum Thema Herzerkrankungen – für deren Entstehung zuckerhaltige Getränke mitverantwortlich sind. Das geht aus einer Aufstellung von Coca-Colas so genannten „Gesundheitspartnerschaften“ hervor, die das Unternehmen nach Aufforderung der Verbraucherorganisation foodwatch offengelegt hat. Demnach hat Coca-Cola zwischen 2010 und 2015 allein in Deutschland knapp 7,5 Millionen Euro investiert, um sich als Förderer von Gesundheit, ausgewogener Ernährung und Bewegung zu präsentieren.

Die von Coca-Cola gestartete Initiative „Hör auf dein Herz“, die eine Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen als Ziel nennt, wirbt bis heute prominent mit der Kardiologin Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek als Partnerin. Die Direktorin des Charité-Institutes für Geschlechterforschung in der Medizin tritt beispielsweise in einer Pressemitteilung der Initiative auf, in der sich Coca-Cola rühmt, sich „für einen aktiven und gesunden Lebensstil zu engagieren“. foodwatch forderte die Charité auf, jegliche „Partnerschaft“ mit Coca-Cola für die Zukunft auszuschließen sowie auch den Ärztinnen und Ärzten der Klinik Kooperationen mit dem Limo-Hersteller zu untersagen. Unter www.charite.foodwatch.de startete foodwatch eine E-Mail-Protestaktion.

„Zuckergetränke wie Coca-Cola sind mitverantwortlich für den weltweiten Anstieg von Übergewicht und chronischen Krankheiten, Herzinfarkte inklusive“, erklärte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei foodwatch. „Coca-Cola betreibt mit Geldspritzen für Forschungseinrichtungen und Sportprojekte einen millionenschweren Ablasshandel. Die Charité lässt sich vor den Werbekarren des Konzerns spannen und präsentiert Coca-Cola damit als Teil der Lösung statt als Teil des Problems – damit muss Schluss sein!“

Coca-Cola hatte im Dezember auf eine Aufforderung von foodwatch, alle Zuwendungen an Wissenschaftler und Gesundheitsprojekte in Deutschland offenzulegen, reagiert und eine Liste über seine „Gesundheitspartnerschaften“ ins Internet gestellt – versteckt in einem Blogbeitrag auf der Webseite des Unternehmens. Daraus wird ersichtlich, dass Coca-Cola im Zeitraum von 2010 bis 2015 insgesamt fast 7,5 Millionen Euro (7.471.999 Euro) im Bereich Gesundheit, Ernährung und Bewegung investiert hat, davon knapp 1,5 Millionen (1.402.546 Euro) für Forschung. An 23 Organisationen und Forschungseinrichtungen flossen Gelder, unter anderem an das Deutsche Kinderhilfswerk, die Universität Paderborn oder den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Einer der größten Empfänger: die Charité Berlin. Coca-Cola überwies insgesamt 1.002.000 Euro für Forschung zur Herzgesundheit bei Frauen an das Charité-Institut für Geschlechterforschung in der Medizin.

„Ein schlechter Witz: Ausgerechnet der größte Limo-Produzent der Welt will Frauen über die Vorsorge von Herz-Kreislauferkrankungen aufklären“, so Oliver Huizinga von foodwatch. „Softdrinks wie Coca-Cola fördern selbst Übergewicht, Diabetes und auch Herzerkrankungen. Doch diese Debatte über die eigene Verantwortung will Coca-Cola unbedingt vermeiden. Die Charité darf da nicht länger mitspielen.“
 

  

Auch in anderen EU-Ländern tritt Coca-Cola als vermeintlich uneigennütziger Sponsor in Erscheinung. In Frankreich finanziert der Konzern ausgerechnet die Diabetesgesellschaft (Fédération Française des Diabétiques), in Großbritannien die British Nutrition Foundation.

In den USA sorgte insbesondere der Geldfluss an die Universität Colorado Denver zur Errichtung des „Global Energy Balance Network“ für erhebliche Kritik – die Hochschule zahlte daraufhin eine Million US-Dollar an Coca-Cola zurück. Das Global Energy Balance Network stellte im Dezember 2015 den Betrieb ein – laut Internetseite aufgrund fehlender Mittel.

Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) bei Kindern sowie Erwachsenen haben in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Adipositas wird inzwischen als das am schnellsten wachsende Gesundheitsproblem eingestuft.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sprechen in diesem Zusammenhang von einer globalen „Adipositas-Epidemie“. Gesundheitsexperten schreiben zuckerhaltigen Getränken eine besondere Rolle in dieser Entwicklung zu. Der Konsum dieser Getränke fördert nachweislich die Entstehung von Übergewicht sowie Diabetes Typ II  und wird zudem mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarke in Verbindung gebracht.

Ihr foodwatch Team



Lebensmittel statt Nahrungsmittel!
 


Lesetipp:  Nahrungsmittel = Lebensmittel ? - weiter

► Quelle: Pressemitteilung foodwatch vom 03. Februar 2016 - weiter.


 

► Links:

E-Mail-Protestaktion von foodwatch an die Charité - weiter.

Blogeintrag von Coca-Cola über finanzierte Gesundheitspartnerschaften - weiter.

Liste für Deutschland - weiter.

Liste für Frankreich - weiter.

Liste für Großbritannien - weiter.

Coca-Cola-Initiative „Hör auf dein Herz“ - weiter.

Harvard School of Public Health zu Soft Drinks und Krankheiten - weiter.


► Kontakt zu foodwatch e.V. für Mitglieder und Verbraucherweiter

Juristische Auseinandersetzungen mit Behörden und Unternehmen kosten viel Geld. foodwatch ist dabei auf Ihre Unterstützung angewiesen – nur gemeinsam können wir uns zur Wehr setzen. Daher unsere große Bitte: Helfen Sie uns und werden Sie jetzt Fördermitglied: www.foodwatch.de/mitglied-werden

Literatur:


"Idealgewicht ohne Hungerkur", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag Lahnstein b. Koblenz

"Übergewicht – Der Kampf mit dem eigenen Körper", Mathias Jung, emu-Verlag

"Unsere Nahrung – Unser Schicksal", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag

"Diäten. Wunderdiäten genauer betrachtet", Dr. med. Max Otto Bruker und Ilse Gutjahr, emu-Verlag

Kleinschrift "Schlank werden ohne Hungerkur“ Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag

Kollath-Tabelle "Die Ordnung unserer Nahrung“, emu-Verlag, in der Bearbeitung von Andrea Dornisch, Gesundheitsberaterin (GGB)


Bild- und Grafikquellen:

1.Affen gucken genauer auf den Inhalt dessen was sie konsumieren. Warum tut es der Mensch nicht? Foto: Ingmar Zahorsky. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).

2.Schöne Aussichten!Foto: Dani Vázquez. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).

3. Die Menschen häufen die Fehler ihres Lebens an und erschaffen daraus das Ungeheuer das sie Schicksal nennen. Falsche Ernährung und der (zweifelhafte) Genuss von Softdrinks können nicht nur die Gesundheit massiv beeinträchtigen, sondern auch das Aussehen. Foto: Dani Vázquez. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0). Bild wurde digital bearbeitet von Willfried Kahrs (WiKa) / QPress. Lizenz bleibt wie beim Original.

4. Buchcover: "Zucker, Zucker ... krank durch Fabrikzucker. Von süssen Gewohnheiten, dunklen Machenschaften und bösen Folgen für unsere Gesundheit." von Max Otto Bruker und Ilse Gutjahr. 9. Auflage 2011, 345 Seiten, gebunden, emu-Verlags- und Vertriebsgesellschaft Ernährung-Medizin-Umwelt, Lahnstein bei Koblenz. http://emu-verlag.de/

Dr. Bruker konstatiert: „Zucker ist nicht nur süß, sondern gefährlich. Zucker zaubert – sagt die Industrie. Ich belege: Zucker zaubert Krankheiten herbei. Denn längst hängen die Industrienationen am Zucker wie Fixer an der Nadel. Das ist eine gesundheitspolitische Tragödie von kriminell anmutenden Ausmaßen.“ Aus dem Inhalt: Unzureichende Ausbildung der Ärzte – Zucker und Zucker ist nicht identische – Der große Irrtum: Fruchtzucker für den Diabetiker – Der Zucker als Vitamin- und Kalkräuber – Zucker und Sucht – Zucker und Leberschäden – Zucker und Übergewicht – Zucker und Magengeschwüre – Zucker und Kinderlähmung – Krankheitsfälle aus der Praxis – Womit darf man süßen?

5.Kollath-Tabelle. Grafik: © emu-Verlag, Lahnstein. Prof. Werner Kollath (1892 – 1970) („Die Ordnung unserer Nahrung“),  Dr. Max Bircher-Benner („Vom Werden des neuen Arztes“) und Dr. Max Otto Bruker („Unsere Nahrung – unser Schicksal“) u.a. waren die Pioniere, die durch Forschungsergebnisse den Unterschied zwischen Lebensmittel und Nahrungsmittel  auf den Tisch legten. Doch bis heute bleibt dieser Unterschied der breiten Masse verborgen.

6. Buchcover: "Zucker – der süße Verführer.  Alles Wissenswerte und praktische Gesundheitstipps", von Franz Binder /Josef Wahler - zur Buchvorstellung.

7.Buchcover:"Unsere Nahrung unser Schicksal“ von Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag TOP-TIPP!

8.Buchcover:"Die Ordnung unserer Nahrung“ von Prof. Werner Kollath (1892 – 1970).

9.Max Otto Bruker (* 16. November 1909 in Reutlingen; † 6. Januar 2001 in Lahnstein) war ein deutscher Sachbuchautor, Arzt und Politiker. Er war ein Verfechter der Vollwerternährung, für die er einen eigenen Ansatz erarbeitete („vitalstoffreiche Vollwertkost“). Bruker leitete von 1974 bis 1977 als Chefarzt die psychosomatische Abteilung der Klinik am Burggraben in Bad Salzuflen. Von 1977 bis 1991 war er ärztlicher Leiter der Klinik Lahnhöhe in Lahnstein. In seiner Ausbildung zum Röntgenarzt hat er gelernt, dass zwei Mammographien die Krebsrate um das Doppelte erhöhen.

Bruker hielt 20 Jahre lang monatlich in seinem Gesundheitszentrum Lahnhöhe eine für die Öffentlichkeit zugängliche Sprechstunde mit dem Namen „Ärztlicher Rat aus ganzheitlicher Sicht“ ab. Bruker starb 91-jährig, erst ein Jahr zuvor hatte er sich in den Ruhestand begeben. Seine Bücher erreichten eine Auflage von über vier Millionen. Foto:© GGB e.V., Lahnstein


Da ist schon was gebacken: Handwerksbäcker gegen ALDI & Co.

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Da ist schon was gebacken:


Handwerksbäcker gegen ALDI & Co.


Wer bäckt denn nun? Die sogenannten „Handwerksbäcker“ oder auch ALDI Süd GmbH & Co. in der jeweiligen „Backstation“? Um das herauszufinden, wurde das Landgericht Duisburg bemüht. Zunächst sah es so aus, als ob es zum großen Showdown zwischen den beiden Streithähnen käme. Reichlich bizarr mutete die juristische Auseinandersetzung (Verfahren 22 O 77/10) zwischen ALDI und dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. an. Dieser wollte, dass ALDI nicht mehr sagen darf, dass bei ALDI gebacken wird. Denn backen tun nur die „Handwerksbäcker“...
 

 

Unbestritten ist, dass ALDI halbgebackene Teiglinge bezieht, die dann in der Filiale in der Backstation fertiggebacken werden. Auf Knopfdruck des Kunden fällt dann das Brötchen frisch gebacken in das Ausgabefach.

Doch in einem lichten Moment schien es dem 1948 gegründeten "Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V." in Berlin zu dämmern, dass diese Auseinandersetzung nicht zu gewinnen war. Da ging es dem Zentralverband, der gemeinsam mit rund 390 Bäckerinnungen und 16 Landesinnungsverbänden die Interessen des Deutschen Bäckerhandwerks vertritt. ähnlich wie dem Fuchs in der Fabel „Der Fuchs und die Trauben“, die dem griechischen Fabeldichter Äsop zugeschrieben wird, Phaedrus dichtete eine lateinische Fassung. „Die Trauben sind mir zu sauer“, meinte der Fuchs, als er sich eingestehen musste, dass für ihn die süßen Trauben unerreichbar waren.

Deswegen wurde diese juristische Auseinandersetzung einvernehmlich beendet. Einvernehmlich vielleicht auch deshalb, weil die Gefahr bestand, dass die Diskussion um Brot und Brötchen aus dem Ruder laufen könnte. Denn es geht nicht nur um Berufsehre, sondern um die Qualität der Backwaren. Und da gibt es genug Anlass, Kritik zu äußern.


Brot als Grundnahrungsmittel

Brot zu verzehren, gehört offensichtlich noch zu unseren Grundbedürfnissen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Unsere Altvorderen wussten noch, auf was es ankommt: Sie buken ihr Brot daheim oder im dörflichen Gemeindebackhaus, mundartlich auch Backes genannt. Das Backhaus war hierzulande bis in die 1960er Jahre verbreitet. Regelmäßige Backtage der Gemeindemitglieder sparten den Bäcker, den eigenen Ofen und Energie. Die Öfen wurden mit lokal verfügbarem Heizmaterial beheizt, meist Reisig und Holz. Vor dem Einbringen der Backware wurde vorgeheizt. Die entstandene Glut wurde vor dem Beschicken entfernt.
 

 

Gemeinschaftlich genutzte Backhäuser sind vereinzelt zwar schon seit dem 14. Jahrhundert nachgewiesen, ihre flächendeckende Verbreitung begann jedoch erst im 17. Jahrhundert, als in zahlreichen Territorien des Heiligen Römischen Reiches Hausbacköfen wegen der Brandgefahr und des höheren Holzverbrauchs hoheitlich untersagt wurden. Der Bau der Backöfen wurde zum Teil von spezialisierten Handwerkern übernommen, die in Einzelfällen sogar Zünfte bildeten.

In den Städten entstanden die Bäckereien, die Hand in Hand mit den Müllern zusammenarbeiteten.


Industrialisierungsschritte

Durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert gab es eine tiefgreifende Veränderung. Es entstand eine Technik, die in der Lage war, Auszugsmehl herzustellen. Seit ca. 1876 war es möglich, industriell Mehl herzustellen. Randschichten und Keim des Getreidekornes wurden entfernt, Randschichten des Korns (Kleie) und Keim (Öl) konnten weitervermarktet werden. Das Auszugsmehl hatte obendrein den Vorteil, nicht mehr zu verderben. Eine Vorratshaltung wurde ermöglicht.


Ergebnis Fütterungsversuche: Biologischer Rückschritt

Spätestens seit den Fütterungsversuchen des deutschen Bakteriologen und Hygienikers Prof. Werner Kollath mit Auszugsmehl an Ratten stellte sich heraus, dass mit Auszugsmehl gefütterte Ratten nach wenigen Wochen versterben. Sie sterben deshalb, weil mit der Entfernung der Randschichten und des Keims die Lebensstoffe (Vitalstoffe) entfernt werden, die zur Erhaltung des Lebens und Gesundheit unabdingbar sind. Der technische Fortschritt hat sich als biologischer Rückschritt herausgestellt.

Dass wir Menschen durch den Verzehr von Produkten aus Auszugsmehl nicht gleich mit dem Tode bedroht sind, liegt daran, dass wir außer Brot noch andere Dinge verzehren. Dennoch stehen Krankheiten wie Diabetes (Zuckerkrankheit), Herzinfarkt, Übergewicht usw. in einem engen Zusammenhang mit dem Verzehr von Produkten mit Auszugsmehl.


Wirtschaftliche Gründe verhindern Aufklärung

Das Manko der fehlenden Vitalstoffe ist evident. Wird aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht publiziert. Wirtschaftliche Kreise versuchen jedoch, die wissenschaftlichen Ergebnisse durch Unterdrückung, Ablenkungsmanöver und Vertuschung zu umgehen. Es darf beim Kunden nicht der leiseste Verdacht entstehen, dass es sich beim heutigen Brot um minderwertige und gesundheitsschädliche Ware handelt. Dies ist bei allen Broten so, die aus Auszugsmehl hergestellt wurden. Selbst Bio-Ware, die aus Auszugsmehl hergestellt wurde, macht hier keine Ausnahme. Denn was nutzt es, wenn das Getreide aus ökologischem Anbau stammt, wenn anschließend die Vitalstoffe entfernt werden?


Zusatzstoffe und Hilfsstoffe – wo bleibt die Berufsehre?

Die Bäckerzunft kann heute in der Regel nicht mehr ohne Zusatzstoffe bzw. Technische Hilfsstoffe backen. Enzyme, Emulgatoren, Säuerungsmittel und Konservierungsstoffe werden zur „Teigführung“ eingesetzt. Krume, Kruste Aussehen, Geschmack – es gibt nichts, was sich nicht chemisch beeinflussen lässt. Calciumsulfat, d.h. Gips, darf für Maschinengängigkeit eingesetzt werden. Das geht schneller, das spart Zeit. Und Zeit ist Geld.

Versierte Eigenbrötler haben inzwischen ein höheres Know-How wie man Brot und Brötchen ohne technologische Hilfsstoffe backt. Inzwischen gibt es eine Fülle von Büchern und Rezepten, die ein Gelingen vom eigenen Brot sicherstellen. Der eigenen Gesundheit zuliebe ist dieser Aufwand mehr als gerechtfertigt.


Helfershelfer in der Not: Lobbyisten prämieren mit dem DLG-Gütezeichen

Raffinierte Werbung für von Lebensmitteltechnologen kreierte Backmischungen ist jetzt angesagt. Der Konsument muss bei der Stange gehalten werden. Für das Gipsbrot muss jetzt ein Gütesiegel her. Dafür stehen die Lobbyisten der Agrar- und Ernährungsindustrie, die "Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft" (kurz DLG) zur Verfügung. Mit Bronze-, Silber- und Gold-Medaillen wird die Verdummung der Verbraucher bei öffentlicher Verleihung unter Beteiligung der Medien gekrönt.


Unser tägliches Brot – ein künstliches Produkt

Bäcker hatten in früheren Zeiten eine herausragende Stellung bei den Berufsgruppen. Wenn jemand einem Bäcker etwas zuleide tat, dann gab es dafür das doppelte Maß an Strafe.

Im Mittelalter wurden Bäcker der sogenannten „Bäckertaufe“ unterzogen, wenn ihnen Betrug nachgewiesen werden konnte. Der Bäcker durfte das Vertrauen der Kunden nicht enttäuschen, etwa durch den Verkauf von Brot mit zu geringem Gewicht oder von minderwertiger Qualität. Der schuldig Gesprochene wurde in einem Schandkorb (Schupfe, Prelle) oder mittels einer Wippe einige Male in Wasser oder in Unrat getaucht, zusätzlich wurde er von den Anwesenden mit Steinen beworfen und gedemütigt. Das Strafmaß hat sich glücklicherweise geändert, der Straftatbestand wurde aber nicht angepasst.
 

 

Das Wissen um Mehl und Brot ist auf ein erstaunlich niedriges Niveau herabgesunken. Nicht nur bei Otto Normalverbraucher. Auch bei den sogenannten „Handwerksbäckern“ fehlt es an fundiertem Wissen. Z.B. Mehltype.


Was heißt Mehltype?

Die Typenzahl auf der Mehltüte gibt an, wie hoch der Mineralstoffgehalt des Mehls ist. „Type 405“ bedeutet zum Beispiel, dass in 100 Gramm Mehl nur noch 405 Milligramm Mineralstoffe enthalten sind. Die höchste Typenzahl des im Handel befindlichen Mehls ist bei Weizen 1700 und bei Roggen 1800. Selbstgemahlenes Mehl enthält ca. 2000 Milligramm Mineralstoffe.

Es ist also unerheblich, ob das Brot hell oder dunkel ist, entscheidend ist die Mehltype. Brot und Brötchen aus Auszugsmehl fehlt es an typischem Brotgeschmack. Dieser muss nun der Teigmasse durch Zusatzstoffe wieder zugefügt werden. Lebensmitteltechnologen haben dadurch ihre Daseinsberechtigung. Echte Vollkornbrote und –brötchen benötigen derartige Täuschungsmittel nicht.


Werbung & Verbrauchertäuschung

Als reines Ablenkungsmanöver kann die Namensgebung unseres Brotes entlarvt werden. Da ist von „Raubritterbrot“, „Rustikales“, „Bauernbrot“, „Landbrot“ etc. die Rede. Alles vorgegebene Namen der Backmittelhersteller. Schön griffig anzuhören für den Ahnungslosen. Auch der Bezug zur „Heimat“, zur „Ähre“ wird in der letzten Zeit bemüht, um vom Qualitätsdefizit abzulenken.


Tröstliches

Es gibt sie aber noch, die echten Bäcker. Geht man in ihre Backstube, findet man eine Getreidemühle vor. Sie verstehen etwas von Getreide, Backeigenschaften, echten Sauerteigen und vom Backen. Bei denen ist wirklich etwas gebacken…

Marie-Luise Volk

 



Quelle:  erstveröffentlicht auf meinem Blog esgehtanders.de .


Literaturempfehlung:


„Korngesund - Das Getreidehandbuch“, von Waltraud Becker, Emu-Verlags-GmbH, Lahnstein; 4. Auflage 2013; ISBN 978-3-89189-105-6; 127 Seiten; Preis: 17,80 € 

In den Industrienationen haben zwei Menschengenerationen gereicht, um das jahrtausendealte Wissen um Getreide zu verlieren. Vieles, was früher selbstverständlich als natürliche, ganzheitliche Speise– und Gebäckzutat in den Haushaltungen zubereitet wurde, ist längst durch industrielle Fertigprodukte verdrängt worden. Dieses Buch will helfen, das verlorengegangene Wissen zum wichtigsten Bestandteil der menschlichen Ernährung neu zu vermitteln. Sie finden alle wichtigen Getreidearten, ihre Bedeutung, Herkunft, Geschichte und Verwendung. Mit Rezeptbeispielen für jede Getreidesorte! > Ein Blick ins Buch.

„Brot backen: Vollkornbrote und Aufstriche aus der eigenen Küche"; von Ilse Gutjahr / Erika Richter; Emu-Verlags-GmbH, Lahnstein; 6. Auflage 2013; ISBN: 978-3891891131; 112 Seiten; Preis: 17,50 €

Brot backen macht Spass! Die Handhabung von Natursauerteig, Hefeteig, Backferment, Blätterteig und Mürbeteig werden kinderleicht erklärt. Mit den richtigen Zutaten und bei der richtigen Temperatur kümmert sich der Teig um sich selbst - Sie müssen ihm dann nur noch etwas einheizen. Und wenn Sie am Ende das selbst hergestellte Brot genießen, wissen Sie sogar, was drin ist. Der Genuss von frischem Brot oder Brötchen wird erst perfekt durch einen köstlichen Aufstrich: Am Ende dieses Buches finden Sie in 16 neuen Rezepten leckere und gesunde Alternativen zum üblichen Käse-Wurst-Marmelade-Einerlei > Ein Blick ins Buch.

Ilse Gutjahr (*1940) ist Autorin und Co-Autorin zahlreicher Bücher über Ernährung und Gesundheit. Sie leitet die von Dr. Max Otto Bruker gegründete Gesellschaft für Gesundheitsberatung (GGB) e. V. und ist selbst als Gesundheitsberaterin und Referentin seit 25 Jahren erfolgreich tätig. Erika Richter (*1934) ist seit über 25 Jahren als ausgebildete Köchin und Kaltmamsell tätig. Sie ist seit 1991 Gesundheitsberaterin der Gesellschaft für Gesundheitsberatung (GGB) e.V. und leitet die Praxisseminare in der Lehrküche des Dr. M. O. Bruker-Hauses in Lahnstein.

"Unsere Nahrung – Unser Schicksal", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag

"Die Ordnung unserer Nahrung“ von Prof. Werner Kollath

Der Spiegel 01-2016:„Brot gegen Brot. Was ist Backen? Kläger ist das Bäckerhandwerk, die Beklagte ist Aldi Süd“ von Barbara Supp - weiterlesen.


Bild- und Grafikquellen:


1. Der Bäcker - Backstube um 1880:Was willst du werden? Bilder aus dem Handwerkerleben. Berlin: Winckelmann & Söhne [c. 1880]. Quellen: UB Braunschweig / Wikimedia Commons. Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.

2. Steinofen mit mehreren Brotlaibern. Urheber: Peter Voeth / Die silberlocke (aus der dt.-sprachigen Wikiepedia). Quelle:Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.

3. Längsschnitt durch ein Weizenkorn: Getreidekeim, Randschichten,Aleuronschicht, Mehlkern. Grafik: mit freundlicher Überlassung von Heinrich Metzdorf, Welschbillig zur Veröffentlichung durch Marie-Luise Volk, Gamlen - Gesundheitsberaterin GGB.

4. Buchcover "Brot backen: Vollkornbrote und Aufstriche aus der eigenen Küche"von Ilse Gutjahr und Erika Richter; Emu-Verlags-GmbH, Lahnstein; 6. Auflage 2013; ISBN: 978-3891891131; 112 Seiten; Preis: 17,50 €

5.Bäckerschupfen oder Bäckertaufe war im Mittelalter eine Bestrafungsform für Bäcker, welche Brot mit zu geringem Gewicht oder von minderwertiger Qualität herstellten. Eine solche Bestrafung wurde von der Bevölkerung oftmals als eine Art von Volksfest gefeiert, bei welchem der Bäcker öffentlich an den Pranger gestellt wurde. Der schuldig Gesprochene wurde in einem Schandkorb (Schupfe, Prelle) oder mittels einer Wippe einige Male in Wasser oder in Unrat getaucht, zusätzlich wurde er von den Anwesenden mit Steinen beworfen und gedemütigt. In der eng. Sprache nennt man solche Bestrafungsstühle Cucking stools oderr ducking stools.

Bild: Illustration from a Pearson Scott Foresman text book. Dieses Werk wurde von seinem Urheber Pearson Scott Foresman als gemeinfrei veröffentlicht. Dies gilt weltweit.

6. Buchcover„Korngesund - Das Getreidehandbuch“, von Waltraud Becker, Emu-Verlags-GmbH, Lahnstein; 4. Auflage 2013; Preis: 17,80 €

7.Buchcover"Unsere Nahrung unser Schicksal“ von Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag TOP-TIPP!

8."Die Ordnung unserer Nahrung“ von Prof. Werner Kollath (1892 – 1970).

Backpulver-Dynastie Dr. Oetker investiert in Sterbemittelindustrie

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Dr. Oetker investiert in Sterbemittelindustrie


Schöner Sterben: Es ist eine ehrenvolle Aufgabe das Volk billig und gleichsam profitabel abzuspeisen, etwas wofür der hier erwähnte Konzern steht. Bio-Fans und hartgesottene Spötter dieses Industriezweigs reden auch gerne davon, die Menschen mit Dreck zu füttern. Das ist natürlich fies und entspricht überhaupt nicht den Tatsachen, denn für alle Futtermittel wurden entsprechende Verordnungen, Richtlinien und Qualitätsstandards geschaffen, die nun - egal ob Mensch oder Tier betreffend - vornehmlich der Industrie zu dienen vermögen.

Das Problem geht schon bei der Definition der Begrifflichkeit los. Eine klassische Lebensmittelindustrie kann es eigentlich gar nicht geben. Das darf man bei Marie-Luise Volk, Gesundheitsberaterin GGB,  lernen, sofern man sich für die wichtigen Unterschiede interessiert: "Nahrungsmittel = Lebensmittel? – vom Kaugummi und anderen Ungereimtheiten"… [zum Artikel bei esgehtanders.de].

Infolgedessen müssen wir angesichts des produzierten Fraßes tatsächlich über die sogenannte Nahrungsmittelindustrie reden und nicht über eine nicht existente Lebensmittelindustrie. Wenn wir uns nun darauf verständigen, dass der besagte Konzern nun seine bisherigen Gewinne und damit sein Vermögen im Bereich der Nahrungsmittelfertigung erwirtschaftet hat, haben wir schon einmal die erste gemeinsame Begriffsgrundlage. (siehe dazu die sog. Kollath-Tabelle- bitte ans Seitenende scrollen")

Offensichtlich ist es den Machern von Backpulver, Torten, Suppen, Soßen und anderen Fressalien in diesem Segment zu langweilig geworden. Man strebt nach neuen Ufern. Ganz einfach geht das sicher nicht, wissen wir doch aus dem Bankgeschäft, dass für jedes Geschäft auch ein gutes Gegengeschäft abgeschlossen wird, sozusagen als Rück-Versicherung. Was bietet sich also im Bereich der Nahrungsmittelindustrie an, sollte dieses Geschäft einmal versiegen? Natürlich das Gegenteil davon, und da geht es ums Sterben. Infolgedessen ist es nur folgerichtig und entspricht der normalen Banker-Mentalität, wenn man als erfolgsverwöhnter Konzern ein lukratives Gegengeschäft in der Sterbemittelindustrie sucht.

So wird an dieser Stelle darüber berichtet, in welche Bereiche der Oetker-Clan taufrisch investiert ist: "Kuchen, Joghurt – Kampfjets! Oetker-Clan kauft Rüstungsfirma"… [zum Artikel bei FOCUS MONEY ONLINE / zum Artikel bei DIE WELT]. Zwar ist das erworbene Unternehmen nicht unmittelbar an der Produktion von Waffen und Explosivstoffen beteiligt, aber an den nötigen Zubehören, der Elektronik. Somit gilt dann auch die Rüstungsfirma Elektroniksystem- und Logistik GmbH (ESG) als vollwertiges Mitglied der Totmach-Industrie.

Möglicherweise hat der Oetker-Konzern bereits geheime Vorkenntnisse erhalten, wonach dessen Kundschaft demnächst in größerem Stil reduziert und damit entsorgt werden könnte. Altdeutsch würde man dazu das böse Wort “Krieg” sagen. Das erst gibt der Gegenwette den rechten Sinn, denn eine Seite, die der Nahrungsmittel oder die der Sterbemittel, wird sich schon als profitabel erweisen. In beide gleichzeitig Geschäftsbereiche zu investieren, erhöht die Quote. Alle bisherigen Oetker-Tortenfans und Suppen-KonsumEnten können sich glücklich schätzen, über die Jahre ihren Beitrag dazu geleistet zu haben, dass sich dieser Familienkonzern nunmehr auch das Engagement in der Sterbemittelindustrie leisten kann.

Wir sollten stolz auf unsere jungen deutschen Milliardäre sein, denn sie wissen allzeit womit sich richtig Kohle scheffeln lässt. Die alte Weisheit, für Geld über Leichen zu gehen, ist nun wahrlich keine Neuigkeit mehr. Eher unwahrscheinlich ist, dass der Oeker-Konzern demnächst in Kombination seiner Investitionen, Gulaschkanonen oder Brothaubitzen produzieren wird. Eher wird man noch in eine zeitlose Sarg-Produktionslinie investieren, bei der es nur geringfügige saisonale Schwankungen gibt und sich stattdessen der reale Bedarf über Jahrzehnte im Voraus berechnen lässt … sofern man nicht mittels der eigenen Sterbemittelproduktion auch hier marktbeeinflussend nachhelfen kann.

Wilfried Kahrs / QPress.de


 



Bild- und Grafikquellen:

1. Dr. Oetker Sterbemittel - Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa) - qpress.de

2.Dr. Arend Oetker 2009 - ist laut dem "Manager Magazin" einer der 50 Mächtigsten der deutschen Wirtschaft - Präsident der DGAP. Arend Oetker (* 30. März 1939 in Bielefeld) ist ein deutscher Konzernchef der "Dr. Arend Oetker Holding GmbH & Co. KG" in Berlin, Vizepräsident des Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Mitglied der CDU. Oetker ist ein Urenkel von August Oetker und Cousin des Konzernchefs der Oetker-GruppeRichard Oetker.

Foto: nrkbeta. Quelle:Flickr. This work by nrkbeta.no is licensed under a Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Norway License. Permissions beyond the scope of this license may be available at nrkbeta.no/cc/.Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).

3. Nicht das Washingtoner Weiße Haus, dennoch recht mondän: Das Rittergut Hornoldendorf ist ein ehemaliges Rittergut im Detmolder Ortsteil Hornoldendorf. Das Herrenhaus von 1840 ist mit der Nummer A629 in der Denkmalliste der lippischen Stadt Detmold in Nordrhein-Westfalen eingetragen. Am 16. Februar 1939 schließlich kaufte der Landwirt Ernst Oetker aus Pattensen das nun rund 271 Hektar große Gut für 900.000 Reichsmark. Es wird heute durch die Immobilienverwaltung seines Sohnes Arend Oetker verwaltet. Das Foto zeigt das Herrenhaus von der Gartenseite.

Foto / Urheber: Tsungam. Quelle:Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.

4.Buchcover:"Unsere Nahrung unser Schicksal“ von Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag TOP-TIPP!

5.Kollath-Tabelle. Grafik: © emu-Verlag, Lahnstein. Prof. Werner Kollath (1892 – 1970) („Die Ordnung unserer Nahrung“),  Dr. Max Bircher-Benner („Vom Werden des neuen Arztes“) und Dr. Max Otto Bruker („Unsere Nahrung – unser Schicksal“) u.a. waren die Pioniere, die durch Forschungsergebnisse den Unterschied zwischen Lebensmittel und Nahrungsmittel  auf den Tisch legten. Doch bis heute bleibt dieser Unterschied der breiten Masse verborgen.

 

Cola-Kommentar von André Schürrle entlarvt „Doppelmoral“ des DFB

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Cola-Kommentar von André Schürrle entlarvt „Doppelmoral“ des DFB


Nationalspieler müssen für Produkte werben, die sie selber nicht empfehlen



Berlin, 14. Juni 2016. Die Verbraucherorganisation foodwatch wirft dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) eine Doppelmoral bei seinen Werbeverträgen mit Coca-Cola, Ferrero und McDonald's zur Fußball Europameisterschaft vor. Weder eigene Spieler noch der Koch der Nationalmannschaft empfehlen den Verzehr jener Produkte, für die das Team Kindermarketing betreiben muss.

Nationalspieler André Schürrle erklärte kürzlich auf einer Pressekonferenz im französischen Évian, es gebe „keine Chips und keine Cola“ für die Mannschaft, sondern „eher gesunde Sachen“. Schürrle ziert ein EM-Werbeplakat von Coca-Cola, dem Weltmarktführer für Zuckergetränke. Der Team-Koch Holger Stromberg machte gegenüber foodwatch deutlich, dass er überwiegend stilles Wasser und Tee serviere – und nur gelegentlich eine „selbst gemachte Limonade“.
 

 

Dem DFB ist der Profit wichtiger als das Gemeinwohl. Die deutschen Nationalspieler müssen für zuckrige Cola werben, obwohl sie selbst von dem Verzehr abraten“, erklärte Oliver Huizinga, foodwatch-Experte für Lebensmittelmarketing.

Der DFB unterhält während der EM 2016 Werbeverträge mit Coca-Cola, Ferrero und McDonald’s. Seit mehreren Wochen druckt Coca-Cola die Gesichter der deutschen Nationalspieler auf ihre Cola-Dosen unter dem Motto: „Hol Dir das Team auf 24 Sammeldosen“. foodwatch kritisierte die Kampagne als verantwortungsloses Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel. [Kritik M.-L. Volk: Solche Produkte als Lebensmittel zu bezeichnen, ist irreführend und falsch! Foodwatch sollte den Unterschied zwischen Lebensmitteln und Nahrungsmittel kennen!]. Der DFB mache sich zum „Diabetes Förder-Bund“. Der Sportverband torpediere die Bemühungen zahlreicher Eltern und Lehrer, Kinder für eine gesunde Ernährung zu begeistern.
 

 

Sowohl foodwatch als auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) haben den DFB in der vergangenen Woche aufgefordert, die Werbeverträge mit den Junkfood-Konzernen zu kündigen. Man wisse, dass ein Übermaß an süßen und fettigen Lebensmitteln und Getränken für die Zunahme von Übergewicht bei Kindern verantwortlich sei, erklärte der der Präsident des BVKJ, Thomas Fischbach. Das sei „keine Nachwuchsförderung, sondern Nachwuchsschädigung“. DDG-Präsident Professor Baptist Gallwitz forderte den DFB auf, sein Sponsoring-Konzept zu überdenken, um seiner Vorbildfunktion und gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden.

In einem Schreiben an foodwatch rechtfertigte der DFB die Partnerschaft mit Coca-Cola: Für die Zunahme des Übergewichts bei Kindern sei „nicht die Bevorzugung von süßen oder salzigen Lebensmitteln und Getränken“ verantwortlich, obwohl zahlreiche einschlägige Studien belegen, dass Zuckergetränke Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes Typ II fördern. Experten sprechen von einer „Adipositas-Epidemie“ – gerade auch wegen des übermäßigen Zucker-Konsums von jungen Menschen.
 

    

 

Kinder und Jugendliche zwischen drei und 17 Jahren trinken durchschnittlich mehr als zwei Gläser zuckerhaltige Getränke pro Tag. Unter den 14- bis 17-Jährigen sind es sogar drei bis vier Gläser. Diesen alarmierenden Fakten zum Trotz lässt der DFB seit rund einem Monat die Gesichter der 24 Nationalspieler auf Cola-Dosen drucken. In 24 Dosen stecken insgesamt 280 Zuckerwürfel (oder 840 Gramm Zucker).

Ihr foodwatch Team



Cola, Fanta und Co. sind keine „soften“ Drinks, sondern flüssige Krankmacher. Sie können zu weit ernsteren Krankheiten führen, als häufig angenommen – neben Zahnschäden und Fettleibigkeit drohen zum Beispiel Diabetes und Potenzstörungen. Sehen Sie selbst: (Dauer 3:44 Min)


       

 



Lebensmittel statt Nahrungsmittel!
 


Lesetipp:  Nahrungsmittel = Lebensmittel ? - weiter

► Quelle: Pressemitteilung foodwatch vom 14. Juni 2016 - weiter.

 


 

► Links:


E-Mail-Protestaktion von foodwatch „Kein Kindermarketing für Ungesundes mit Neuer, Schweinsteiger & Co.“ - weiter.

Cola-Fakten - weiter.

foodwatch: DFB ist „Diabetes Förderer-Bund“ - weiter.


Blogeintrag von Coca-Cola über finanzierte Gesundheitspartnerschaften - weiter.

Liste für Deutschland - weiter.

Liste für Frankreich - weiter.

Liste für Großbritannien - weiter.

Coca-Cola-Initiative „Hör auf dein Herz“ - weiter.

Harvard School of Public Health zu Soft Drinks und Krankheiten - weiter.


► Kontakt zu foodwatch e.V. für Mitglieder und Verbraucherweiter

Juristische Auseinandersetzungen mit Behörden und Unternehmen kosten viel Geld. foodwatch ist dabei auf Ihre Unterstützung angewiesen – nur gemeinsam können wir uns zur Wehr setzen. Daher unsere große Bitte: Helfen Sie uns und werden Sie jetzt Fördermitglied: www.foodwatch.de/mitglied-werden

 

Literatur:


"Idealgewicht ohne Hungerkur", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag Lahnstein b. Koblenz

"Übergewicht – Der Kampf mit dem eigenen Körper", Mathias Jung, emu-Verlag

"Unsere Nahrung – Unser Schicksal", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag

"Diäten. Wunderdiäten genauer betrachtet", Dr. med. Max Otto Bruker und Ilse Gutjahr, emu-Verlag

Kleinschrift "Schlank werden ohne Hungerkur“ Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag

Kollath-Tabelle "Die Ordnung unserer Nahrung“, emu-Verlag, in der Bearbeitung von Andrea Dornisch, Gesundheitsberaterin (GGB)


Bild- und Grafikquellen:


1. Der Inhalt einer Coca-Cola Sammeldose  entspricht 11,5 Zuckerwürfel. Foto/Quelle: Pressefoto von foodwatch. Foto wurde vom KN-Betreiber digital nachbearbeitet.

2. Coca-Cola Sammeldosen: Der Zuckergehalt aller 24 Sammeldosen entspricht 280 Zuckerwürfel. Foto/Quelle: Pressefoto von foodwatch.

3.Schöne Aussichten!Foto: Dani Vázquez. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).

4. Die Menschen häufen die Fehler ihres Lebens an und erschaffen daraus das Ungeheuer das sie Schicksal nennen. Falsche Ernährung und der (zweifelhafte) Genuss von Softdrinks können nicht nur die Gesundheit massiv beeinträchtigen, sondern auch das Aussehen. Originalfoto: Dani Vázquez. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0). Bild wurde digital bearbeitet von Willfried Kahrs (WiKa) / QPress. Lizenz bleibt wie beim Original.

5. Buchcover: "Zucker, Zucker ... krank durch Fabrikzucker. Von süssen Gewohnheiten, dunklen Machenschaften und bösen Folgen für unsere Gesundheit." von Max Otto Bruker und Ilse Gutjahr. 9. Auflage 2011, 345 Seiten, gebunden, emu-Verlags- und Vertriebsgesellschaft Ernährung-Medizin-Umwelt, Lahnstein bei Koblenz. http://emu-verlag.de/

Dr. Bruker konstatiert: „Zucker ist nicht nur süß, sondern gefährlich. Zucker zaubert – sagt die Industrie. Ich belege: Zucker zaubert Krankheiten herbei. Denn längst hängen die Industrienationen am Zucker wie Fixer an der Nadel. Das ist eine gesundheitspolitische Tragödie von kriminell anmutenden Ausmaßen.“ Aus dem Inhalt: Unzureichende Ausbildung der Ärzte – Zucker und Zucker ist nicht identische – Der große Irrtum: Fruchtzucker für den Diabetiker – Der Zucker als Vitamin- und Kalkräuber – Zucker und Sucht – Zucker und Leberschäden – Zucker und Übergewicht – Zucker und Magengeschwüre – Zucker und Kinderlähmung – Krankheitsfälle aus der Praxis – Womit darf man süßen?

6.Kollath-Tabelle. Grafik: © emu-Verlag, Lahnstein. Prof. Werner Kollath (1892 – 1970) („Die Ordnung unserer Nahrung“),  Dr. Max Bircher-Benner („Vom Werden des neuen Arztes“) und Dr. Max Otto Bruker („Unsere Nahrung – unser Schicksal“) u.a. waren die Pioniere, die durch Forschungsergebnisse den Unterschied zwischen Lebensmittel und Nahrungsmittel  auf den Tisch legten. Doch bis heute bleibt dieser Unterschied der breiten Masse verborgen.

7. Buchcover: "Zucker – der süße Verführer.  Alles Wissenswerte und praktische Gesundheitstipps", von Franz Binder /Josef Wahler - zur Buchvorstellung.

8.Buchcover:"Unsere Nahrung unser Schicksal“ von Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag TOP-TIPP!

9.Buchcover:"Die Ordnung unserer Nahrung“ von Prof. Werner Kollath (1892 – 1970).

10.Max Otto Bruker (* 16. November 1909 in Reutlingen; † 6. Januar 2001 in Lahnstein) war ein deutscher Sachbuchautor, Arzt und Politiker. Er war ein Verfechter der Vollwerternährung, für die er einen eigenen Ansatz erarbeitete („vitalstoffreiche Vollwertkost“). Bruker leitete von 1974 bis 1977 als Chefarzt die psychosomatische Abteilung der Klinik am Burggraben in Bad Salzuflen. Von 1977 bis 1991 war er ärztlicher Leiter der Klinik Lahnhöhe in Lahnstein. In seiner Ausbildung zum Röntgenarzt hat er gelernt, dass zwei Mammographien die Krebsrate um das Doppelte erhöhen.

Bruker hielt 20 Jahre lang monatlich in seinem Gesundheitszentrum Lahnhöhe eine für die Öffentlichkeit zugängliche Sprechstunde mit dem Namen „Ärztlicher Rat aus ganzheitlicher Sicht“ ab. Bruker starb 91-jährig, erst ein Jahr zuvor hatte er sich in den Ruhestand begeben. Seine Bücher erreichten eine Auflage von über vier Millionen. Foto:© GGB e.V., Lahnstein

 

Deutscher Werberat schützt die Junkfood-Industrie

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Deutscher Werberat schützt die Junkfood-Industrie



foodwatch und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) legen Einspruch gegen ein Urteil des Deutschen Werberats ein. Dieser hatte eine Beschwerde der Organisationen gegen die EM-Kampagne von Coca-Cola zurückgewiesen. Das absurde Argument: Die Marketingmaßnahmen, darunter Cola-Aktionspackungen mit Panini-Stickern und Cola-Sammeldosen mit den Gesichtern der deutschen Nationalelf, richteten sich nicht explizit an Kinder, sondern in erster Linie an Erwachsene.

foodwatch und die DDG hatten Ende Juni einen sofortigen Stopp der EM-Kampagne von Coca-Cola gefordert und dies mit einem Verstoß gegen Verhaltensregeln für Lebensmittelwerbung begründet. Bei der Kampagne „Hol Dir das Team auf 24 Sammeldosen“ sind die Gesichter der Fußballnationalspieler auf Cola-Dosen abgebildet. Coca-Cola bietet zudem Aktionspackungen mit speziellen Stickern für die beliebten Panini-Alben an.

 


Coca-Cola verstößt gegen mehrere Verhaltensregeln

Coca-Cola verstößt mit seiner Kampagne gegen drei Verhaltensregeln des Deutschen Werberats über die „kommerzielle Kommunikation für Lebensmittel“:

⇒ 1. sei die Kampagne eine „direkte Aufforderung zum Kauf oder Konsum an Kinder“.

⇒ 2. nutze Coca-Cola das besondere Vertrauen aus, das Kinder Vertrauenspersonen wie den deutschen Fußball-Nationalspielern entgegenbringen.

⇒ 3. erschwere die Kampagne das „Erlernen einer ausgewogenen, gesunden Ernährung“.

Zuckergetränke wie Coca-Cola gelten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als unausgewogene Lebensmittel, für deren Absatz Hersteller kein Kindermarketing betreiben sollten.


Werberat: Panini-Alben sind eher was für Erwachsene

Der Deutsche Werberat wies die Beschwerde nun zurück. Die strittigen Werbemaßnahmen richteten sich nicht explizit an Kinder, sondern in erster Linie an Erwachsene, so die Erklärung. Fußballstars seien zudem keine Idole, die vorrangig Kinder ansprechen. Das Sammeln von Panini-Bildern der Nationalmannschaft sei vor allem ein Hobby von Erwachsenen, schrieb der Werberat, das Selbstkontrollorgan der Werbewirtschaft. foodwatch und der DDG bezeichneten die Argumentation als absurd und legten Einspruch gegen die Entscheidung des Werberats ein.

 


Sammelwut an Schulen

foodwatch bezeichnete die Argumentation als absurd und lächerlich. Gemeinsam mit der DDG legte die Verbraucherorganisation Einspruch gegen die Entscheidung des Werberats ein. Denn Fußballstars seien sehr wohl Idole für Kinder, entgegneten foodwatch und die DDG und verweisen auf jüngste Umfragen, wonach Jungen im Alter von 6 bis 12 Jahren „Fußballprofi“ als häufigsten Berufswunsch angeben.

Besonders die Panini-Sammelalben seien bei Kindern und Jugendlichen extrem beliebt. Mehrere deutsche Schulen sahen sich in diesem Jahr gezwungen, das Sticker-Tauschen auf dem Schulgelände zu verbieten, weil kleine Kinder für hohe Summen fehlende Sticker kaufen. Der Panini-Verlag hat seine Sammelheftchen laut Medienberichten an insgesamt 2.500 Schulen bundesweit direkt schicken lassen – zur kostenlosen Verteilung. Elternvertreter und Schulleiter bezeichneten die Aktion als Lockvogelangebote und unzulässige Werbung.


Werbeexperten: Sammelaktionen sind im Kindermarketing effektiv

Studien zeigen, dass Lebensmittel-Werbung mit bei Kindern beliebten Sportlern die Essenswahl von Jungen beeinflussen. Zudem verweisen Marketing-Fachleute auf die Macht von sogenannten Promotions, also Sammelaktionen oder Gewinnspiele. Promotions seien „vor allem im Kindermarketing ein sehr effektives Kommunikationsmittel“, erklärt Cobra Youth, eine führende Agentur für Kinder- und Jugendmarketing, auf ihrer Webseite. Kinder seien bei Promotions maßgeblich in die Kaufentscheidung ihrer Eltern mit einbezogen und begleiteten diese auch meist beim Einkauf.
 

    

 

Werberat macht sich unglaubwürdig

foodwatch und die DDG bleiben bei ihrer Forderung: Der Deutsche Werberat muss die Coca-Cola-Kampagne öffentlich rügen und damit ein wichtiges Signal gegen Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel zu setzen. Mit der aktuellen Entscheidung mache sich der Deutsche Werberat zumindest absolut unglaubwürdig.

Ihr foodwatch Team



Cola, Fanta und Co. sind keine „soften“ Drinks, sondern flüssige Krankmacher. Sie können zu weit ernsteren Krankheiten führen, als häufig angenommen – neben Zahnschäden und Fettleibigkeit drohen zum Beispiel Diabetes und Potenzstörungen. Sehen Sie selbst: (Dauer 3:44 Min)


       

 



Lebensmittel statt Nahrungsmittel!
 


Lesetipp:  Nahrungsmittel = Lebensmittel ? - weiter

► Quelle:Artikel von foodwatch und die Pressemitteilung dazu vom 12. Juli 2016 - weiter.

 


 

► Links:


E-Mail-Protestaktion von foodwatch „Kein Kindermarketing für Ungesundes mit Neuer, Schweinsteiger & Co.“ - weiter.

Cola-Fakten - weiter.

foodwatch: DFB ist „Diabetes Förderer-Bund“ - weiter.


Blogeintrag von Coca-Cola über finanzierte Gesundheitspartnerschaften - weiter.

Cobra Youth zu „Promotions“ - Marketing-Agentur für Kinder- und Jugendkommunikation - weiter.

Studien zu Lebensmittelwerbung mit Sportlern - weiter.

⇒ Coca-Cola-Initiative „Hör auf dein Herz“ - weiter.

Harvard School of Public Health zu Soft Drinks und Krankheiten - weiter.


► Kontakt zu foodwatch e.V. für Mitglieder und Verbraucherweiter

Juristische Auseinandersetzungen mit Behörden und Unternehmen kosten viel Geld. foodwatch ist dabei auf Ihre Unterstützung angewiesen – nur gemeinsam können wir uns zur Wehr setzen. Daher unsere große Bitte: Helfen Sie uns und werden Sie jetzt Fördermitglied: www.foodwatch.de/mitglied-werden

 

Literatur:


"Idealgewicht ohne Hungerkur", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag Lahnstein b. Koblenz

"Übergewicht – Der Kampf mit dem eigenen Körper", Mathias Jung, emu-Verlag

"Unsere Nahrung – Unser Schicksal", Dr. med. Max Otto Bruker, emu-Verlag

"Diäten. Wunderdiäten genauer betrachtet", Dr. med. Max Otto Bruker und Ilse Gutjahr, emu-Verlag

Kleinschrift "Schlank werden ohne Hungerkur“ Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag

Kollath-Tabelle "Die Ordnung unserer Nahrung“, emu-Verlag, in der Bearbeitung von Andrea Dornisch, Gesundheitsberaterin (GGB)


Bild- und Grafikquellen:


1. Der Inhalt einer Coca-Cola Sammeldose  entspricht 11,5 Zuckerwürfel. Foto/Quelle: Pressefoto von foodwatch. Foto wurde vom KN-Betreiber digital nachbearbeitet.

2. Coca-Cola Sammeldosen: Der Zuckergehalt aller 24 Sammeldosen entspricht 280 Zuckerwürfel. Foto/Quelle: Pressefoto von foodwatch.

3.Schöne Aussichten!Foto: Dani Vázquez. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).

4. Die Menschen häufen die Fehler ihres Lebens an und erschaffen daraus das Ungeheuer das sie Schicksal nennen. Falsche Ernährung und der (zweifelhafte) Genuss von Softdrinks können nicht nur die Gesundheit massiv beeinträchtigen, sondern auch das Aussehen. Originalfoto: Dani Vázquez. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0). Bild wurde digital bearbeitet von Willfried Kahrs (WiKa) / QPress. Lizenz bleibt wie beim Original.

5. Buchcover: "Zucker, Zucker ... krank durch Fabrikzucker. Von süssen Gewohnheiten, dunklen Machenschaften und bösen Folgen für unsere Gesundheit." von Max Otto Bruker und Ilse Gutjahr. 9. Auflage 2011, 345 Seiten, gebunden, emu-Verlags- und Vertriebsgesellschaft Ernährung-Medizin-Umwelt, Lahnstein bei Koblenz. http://emu-verlag.de/

Dr. Bruker konstatiert: „Zucker ist nicht nur süß, sondern gefährlich. Zucker zaubert – sagt die Industrie. Ich belege: Zucker zaubert Krankheiten herbei. Denn längst hängen die Industrienationen am Zucker wie Fixer an der Nadel. Das ist eine gesundheitspolitische Tragödie von kriminell anmutenden Ausmaßen.“ Aus dem Inhalt: Unzureichende Ausbildung der Ärzte – Zucker und Zucker ist nicht identische – Der große Irrtum: Fruchtzucker für den Diabetiker – Der Zucker als Vitamin- und Kalkräuber – Zucker und Sucht – Zucker und Leberschäden – Zucker und Übergewicht – Zucker und Magengeschwüre – Zucker und Kinderlähmung – Krankheitsfälle aus der Praxis – Womit darf man süßen?

6.Kollath-Tabelle. Grafik: © emu-Verlag, Lahnstein. Prof. Werner Kollath (1892 – 1970) („Die Ordnung unserer Nahrung“),  Dr. Max Bircher-Benner („Vom Werden des neuen Arztes“) und Dr. Max Otto Bruker („Unsere Nahrung – unser Schicksal“) u.a. waren die Pioniere, die durch Forschungsergebnisse den Unterschied zwischen Lebensmittel und Nahrungsmittel  auf den Tisch legten. Doch bis heute bleibt dieser Unterschied der breiten Masse verborgen.

7. Buchcover: "Zucker – der süße Verführer.  Alles Wissenswerte und praktische Gesundheitstipps", von Franz Binder /Josef Wahler - zur Buchvorstellung.

8.Buchcover:"Unsere Nahrung unser Schicksal“ von Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag TOP-TIPP!

9.Buchcover:"Die Ordnung unserer Nahrung“ von Prof. Werner Kollath (1892 – 1970).

10.Max Otto Bruker (* 16. November 1909 in Reutlingen; † 6. Januar 2001 in Lahnstein) war ein deutscher Sachbuchautor, Arzt und Politiker. Er war ein Verfechter der Vollwerternährung, für die er einen eigenen Ansatz erarbeitete („vitalstoffreiche Vollwertkost“). Bruker leitete von 1974 bis 1977 als Chefarzt die psychosomatische Abteilung der Klinik am Burggraben in Bad Salzuflen. Von 1977 bis 1991 war er ärztlicher Leiter der Klinik Lahnhöhe in Lahnstein. In seiner Ausbildung zum Röntgenarzt hat er gelernt, dass zwei Mammographien die Krebsrate um das Doppelte erhöhen.

Bruker hielt 20 Jahre lang monatlich in seinem Gesundheitszentrum Lahnhöhe eine für die Öffentlichkeit zugängliche Sprechstunde mit dem Namen „Ärztlicher Rat aus ganzheitlicher Sicht“ ab. Bruker starb 91-jährig, erst ein Jahr zuvor hatte er sich in den Ruhestand begeben. Seine Bücher erreichten eine Auflage von über vier Millionen. Foto:© GGB e.V., Lahnstein

 

Konzernatlas 2017: Beispiellose Fusionswelle in der Agrar- und Ernährungsindustrie

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Konzernatlas 2017

Beispiellose Fusionswelle in der Agrar- und Ernährungsindustrie

von Laurenz Nurk, Dortmund

konzernatlas_2017_daten_fakten_agrarindustrie_lebensmittelindustrie_kritisches_netzwerk_bayer_ag_monsanto_kritisches_netzwerk_lebensmittel_nahrungsmittel_syngenta_chemchina.pngImmer weniger Konzerne bestimmen weltweit über einen immer höheren Anteil der Lebensmittel- bzw. Nahrungsmittelerzeugung und Ernährung. Das stellt der Anfang des Jahres veröffentlichte Konzernatlas 2017 dar.

Er zeigt die enorme Konzentration in der Agrar- und Ernährungsindustrie auf, in denen durch Fusionen und Übernahmen weltweit immer weniger Unternehmen immer mehr Einfluss und Marktmacht erlangen. Die Leittragenden in dieser globalen Entwicklung sind die Kleinbauern und Landarbeiter und die Verbraucher, denen die regionale Lebensmittelversorgung zunehmend gekappt wird.

Die Herausgeber des Konzernatlas – Heinrich-Böll-Stiftung (hbs), Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), OXFAM Deutschland, GERMANWATCH und Le Monde Diplomatique (Le Diplo) – warnen davor, dass die laufenden Konzentrationsprozesse im Agrarsektor die 2015 beschlossenen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen gefährden. Weil die Konzerne immer wieder die Menschenrechte missachten, reichen freiwillige Maßnahmen nicht aus.

Der Konzernatlas 2017 ist eine umfassende Zusammenstellung von Fakten und Grafiken zur Agrarindustrie, die die zunehmende Konzentration in diesem Sektor aufzeigt.

In den Jahren 2015 und 2016 fanden fünf der zwölf kapitalintensivsten Übernahmen von börsennotierten Konzernen im Agrar- und Ernährungsbereich statt. Der Börsenwert der Fusionen im Landwirtschaftssektor übertraf vielfach den in anderen großen Branchen. So war der Wert der Fusionen von Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelindustrie mit 347 Milliarden Dollar im Jahr 2015 fünf Mal höher als der im Pharma- oder im Ölsektor.

Inzwischen kontrollieren nur noch vier Großkonzerne rund 70 Prozent des Welthandels mit Agrarrohstoffen. Drei Konzerne haben 50 Prozent des Weltmarkts für Landtechnik in der Hand. In Deutschland decken vier Supermarktketten 85 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels ab und der Trend geht weiter.

Wenn die weltweit weiteren geplanten Mega-Fusionen stattgefunden haben, werden z.B. nur drei Konzerne mehr als 60 Prozent des globalen Marktes für kommerzielles Saatgut und für Pestizide beherrschen. Als Folgen der Konzentration im Ernährungssektor wurden schon seit langem Massenentlassungen, Höfesterben, Landkonzentration, Patente auf Saatgut und riesige Monokulturen sichtbar, begleitet von der zunehmenden Abhängigkeit für Bauern und Konsumenten und dem Rückgang der Vielfalt für Ernährung und Natur.

Derzeit ist das Geschäft mit Saatgut und Pestiziden stark umkämpft. Aktuell dominieren sechs Konzerne den Weltmarkt. Der deutsche Pharmakonzern Bayer AG steht davor, das US-Saatgutunternehmen Monsanto für 66 Milliarden Dollar zu übernehmen. Der chinesische Staatskonzern ChemChina ist bereit, 43 Milliarden Dollar für den Schweizer Agrochemiekonzern Syngenta zu zahlen. Die zwei großen DuPont und Dow Chemical verhandeln derzeit über eine Fusion. So werden Ende dieses Jahres noch drei Konzerne 70 Prozent des Welthandels mit Agrarstoffen beherrschen. Hier lautete das Motto: „Wer die Saat hat, hat das Sagen. Wer die Kontrolle über das Saatgut hat, hat sie über die Landwirtschaft und am Ende über die Welternährung“.

Die Konzentration der globalen Ernährungsunternehmen wird von einer aggressiven Haltung gegenüber Kritikern der fehlgeleiteten Landwirtschaft und dem Ausschalten der demokratischen Teilhabe begleitet. Notwendig wären stärkere Kontrollen im Agrar- und Ernährungsbereich, aber dies durchzusetzen ist bei der starken Lobby kaum zu realisieren.

Weitere Infos:

Zum Konzernatlas:www.bund.net/konzernatlas .PDF_Symbol.gif

Grafiken und Tabellen zum Download - weiter.

Nahrungsmittel = Lebensmittel? - weiter.

Laurenz Nurk, Dortmund. (Quelle: Konzernatlas 2017, WAZ)

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► Quelle: Erstveröffentlicht am 15.01.2017 auf gewerkschaftsforum-do.de > Artikel. Die Texte (nicht aber Grafiken und Bilder) auf gewerkschaftsforum-do.de unterliegen der Creative Commons-Lizenz (CC BY-NC-ND 3.0 DE), soweit nicht anders vermerkt.

► Bild- und Grafikquellen:

1. Frontcover: "KONZERNATLAS 2017 - Daten und Fakten über die Agrar- und Lebensmittelindustrie" - Januar 2017 - 52 Seiten.

Übernahmen wie von Monsanto durch Bayer oder die Aufteilung der Märkte von Kaiser’s/Tengelmann zwischen Rewe und Edeka sind nur die Spitze des Eisberges. Auf allen Stufen der Lieferkette vom Acker bis zur Ladentheke finden Konzentrationsprozesse mit einer enormen Dynamik statt. Mit dem Konzernatlas 2017 möchten wir eine breit geführte gesellschaftliche Debatte dazu anstoßen.

2.Buchcover: Dr. Max Otto Bruker: „Unsere Nahrung unser Schicksal“ - emu-Verlag .

3. - 7. Die Grafiken sind dem Konzernatlas 2017 entnommen. Die Herausgeber des Konzernatlas 2017 sind – Heinrich-Böll-Stiftung (hbs), Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), OXFAM Deutschland, GERMANWATCH und Le Monde Diplomatique (Le Diplo). Die Grafiken dürfen redaktionell frei verwendet werden, bitte geben Sie unbedingt als Quelle "Konzernatlas 2017" an.

8.Kollath-Tabelle. Lebensmittel - Nahrungsmittel. Grafik:© emu-Verlag, Lahnstein.

9.Buchcover: Prof. Werner Kollath (1892 – 1970)„Die Ordnung unserer Nahrung“

Pflanzengift Glyphosat: Bundesregierung hält sich raus

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Glyphosat: Bundesregierung hält sich raus

von Vera Fischer / Redaktion Informationsdienst Gentechnik

monsanto_monsantod_tod_gentechnik_bayer_krebs_glysophat_herbizid_kritisches_netzwerk_agrarkonzerne_ernaehrung_digital_farming_roundup_saatgut_landwirtschaft_genpflanzen.pngDie Bundesregierung wird der Aufforderung der EU-Kommission nicht folgen, sich bis morgen schriftlich dazu zu äußern, ob der Unkrautvernichter Glyphosat über den 15. Dezember hinaus weiter zugelassen werden soll. Sie sei dazu nicht verpflichtet, sagte ein Sprecher von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) auf Anfrage des Informationsdienst Gentechnik. Nach wie vor seien das CSU-geführte Agrarministerium für und das Umweltministerium gegen eine weitere Zulassung.

Die Bundesumweltministerin ist überzeugt, dass Spritzmittel wie Glyphosat die biologische Vielfalt gefährden. Deshalb werde sie einer verlängerten Zulassung nur zustimmen, wenn die Anwendung des Pflanzengifts deutlich eingeschränkt werde, so der Sprecher. In dem Vorschlag, den die EU-Kommission den Mitgliedsländern im Juli bei der Beratung im zuständigen Ausschuss präsentiert habe, fehlten solche Einschränkungen. Daher bleibe es dabei, dass die amtierende Bundesregierung sich bei einer möglichen Abstimmung im zuständigen EU-Ausschuss enthalten werde.

Die nächste Sitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) ist am 21. und 22. September geplant. Experten halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass so kurz vor der Bundestagswahl über das heikle Thema Glyphosat abgestimmt wird. Wie die Bundesregierung sich dann bei der nächsten Sitzung des SCoPAFF Anfang Oktober verhalten wird, ist offen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Bauern im Wahlkampf mehrfach versprochen, ihnen den Unkrautvernichter Glyphosat zu erhalten.

Aktuell ist Glyphosat aufgrund einer Übergangsregelung zugelassen. Weil sich die EU-Mitgliedsstaaten schon 2016 nicht über die Frage einigen konnten, hatte die EU-Kommission die Glyphosat-Zulassung vorläufig für 18 Monate verlängert. Gegen diese Übergangszulassung klagen jetzt der Imker-Verein Mellifera und die Aurelia-Stiftung vor dem Europäischen Gerichtshof. Denn Glyphosat steht nicht nur im Verdacht, bei Menschen zu Krebserkrankungen zu führen. Es soll auch die Überlebensfähigkeit der Bienen beeinträchtigen. Und es wurde schon in Honig gefunden - weit über dem zugelassenen Grenzwert. Nach einem Bericht des Deutschlandfunks argumentieren die Kläger, die EU-Kommission habe die Zulassung 2016 gar nicht in der Form verlängern dürfen. Sie habe dafür eine Ausnahmeregelung missbraucht, die nur für wenige Monate gelte.

bienen_biene_bienenschutz_bienensterben_bienenvolk_bienenkasten_honigbienen_apis_mellifera_honig_glyphosat_glyphosatbelastung_pestizide_pflanzengift_roundup_kritisches_netzwerk_monsanto.jpg

Unterdessen hat der französische Umweltminister Nicolas Hulot nach Medienberichten bestätigt, dass Frankreich gegen den Vorschlag von EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis stimmen wird, den Unkrautvernichter Glyphosat für weitere zehn Jahre zuzulassen. Dieses Votum ist aus Sicht des Mitbegründers der französischen Umweltorganisation „Générations futures“ (künftige Generationen) ein Erfolg der Europäischen Bürgerinitiative „Stop Glyphosat“. François Veillerette hofft, dass der französische Minister noch andere europäische Regierungen von seiner Position überzeugen kann.

Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich bei der Abstimmung im Herbst der französischen Regierung sowie der Bürgerbewegung und vielen Verbraucherschutzverbänden anschließt", fordert auch der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. „Die dramatischen Bestandsrückgänge bei Wiesenvögeln, Schmetterlingen und anderen Insekten sind ein Weckruf zum Handeln.

Vera Fischer / Redaktion Informationsdienst Gentechnik
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pin_green.gifLesetipps:

Le Monde: Paris votera contre le renouvellement de la licence du glyphosate dans l’Union européenne (30.8.2017) - weiter. (frz.)

Deutschlandfunk.de: Klage von Imkern - Glyphosat in Honig gefunden (28.06.2017) - weiter.

Umweltinstitut München e.V.: Glyphosat-Rückstände im deutschen Bier - weiter. (PDF)

Générations Futures - Glyphosate: La France dit NON à sa ré-homologation (30.8.2017) - weiter. (frz.)

Sven Giegold, Mitglied der Grünen Fraktion im Europaparlament - Glyphosat: Frankreich will gegen Zulassung stimmen - jetzt muss sich auch die Bundesregierung besinnen (31.8.2017) - weiter.

Infodienst - Glyphosat-Zulassung: Die Entscheidung naht (13.07.2017) - weiter.

pin_green.gif  Tödliche Agri Kultur - Wie Monsanto die Welt vergiftet (Dauer 1:15:50)

        

pin_green.gif  Dr. Böse Evil Consulting presents: In drei Schritten zum Glyphosat-Schurken (Dauer 2:49 Min.)

pin_green.gif  Krebsgefahr durch Glyphosat (Frontal 21 Doku) - Dauer 7.30 Min.

pin_green.gif  Chronisch vergiftet - Monsanto und Glyphosat (ARTE Doku) - Dauer 44:19 Min.



► Quelle: Erstveröffentlicht am 31.08.2017 auf keine-gentechnik.de>> Artikel.

► Über den Informationsdienst Gentechnik:

Der Informationsdienst Gentechnik liefert Nachrichten und Hintergrundinformationen zur Agro-Gentechnik aus kritischer Perspektive. Ins Leben gerufen wurde der Informationsdienst Gentechnik im Jahr 2004 durch Umwelt-, Wirtschafts-, Verbraucher- und Bauernverbände. Heute wird er von diesen und weiteren Verbänden (siehe Kasten) getragen, die sich aktiv für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Ernährung und für den Schutz der Natur engagieren.

Wenn Sie eine Aktion zum Mitmachen haben oder von thematisch passenden Terminen wissen, die noch auf der Seite fehlen, teilen Sie es uns mit. Gerne helfen wir Ihnen auch weiter, wenn Sie Fragen zur Agro-Gentechnik haben oder Veranstaltungen planen.

Der Informationsdienst Gentechnik und seine Träger setzen sich aktiv für Demokratie, Toleranz und Vielfalt ein. Jede Zusammenarbeit mit rassistischen, nationalistischen, antisemitischen, islamophoben oder sonstwie menschenverachtenden Organisationen und Verbänden lehnen wir ab. Wir verwahren uns auch gegen eine Verlinkung durch solche Organisationen auf unsere Seiten.

Die Träger & Unterstützer des Informationsdienst Gentechnik >> weiter.

Unterstützung der redaktionellen Arbeit des Informationsdienst Gentechnik >> weiter.

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c/o Zukunftsstiftung Landwirtschaft
Marienstraße 19-20
10117 Berlin

info(at)keine-gentechnik(dot)de
http://www.keine-gentechnik.de/

► Bild- und Grafikquellen:

1.MONSANTOD - der Todbringer. Grafik: Wilfried Kahrs (WiKa) - QPRESS.

2. Bienenvolk im Stock. Glyphosat steht nicht nur im Verdacht, bei Menschen zu Krebserkrankungen zu führen, es soll auch die Überlebensfähigkeit der Bienen beeinträchtigen. Und es wurde schon in Honig gefunden - weit über dem zugelassenen Grenzwert. Foto: PollyDot - Worcestershire/United Kingdom. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. 

3.MonsantoD-Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de .

Pflanzengift Glyphosat: Risikobewertung der EFSA enthält viel Monsantotext

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Glyphosat: Risikobewertung der EFSA enthält viel Monsantotext

von Vera Fischer / Redaktion Informationsdienst Gentechnik

Der Bewertungsbericht, in dem sich die europäische Lebensmittelbehörde EFSA für eine weitere Zulassung des Herbizids Glyphosat ausspricht, scheint in weiten Teilen aus dem Zulassungsantrag der "Glyphosat Task Force" der Industrie abgeschrieben worden zu sein. Diesen Vorwurf erhebt die britische Zeitung The Guardian. Gestützt wird er von Recherchen der österreichischen Umweltorganisation GLOBAL 2000.

Betroffen davon ist das deutsche "Bundesinstitut für Risikobewertung" (BfR). Denn es hat die Grundlagen für diesen Bericht geliefertinklusive der abgeschriebenen Seiten. Das BfR hat den Vorwurf zurückgewiesen, die Passagen unreflektiert übernommen zu haben.

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Der Text, um den es geht, ist der 2015 veröffentlichte über 4000 Seiten dicke Bewertungsbericht der EFSA zur erneuten Zulassung von Glyphosat (RAR). Er kam zu dem Ergebnis, dass Glyphosat nicht krebserregend sei und sah auch ansonsten wenig Gefahren durch den Einsatz des Herbizids. Federführend erstellt wurde er vom deutschen BfR.

Helmut Burtscher, Umweltchemiker bei GLOBAL 2000, hat Kapitel des Berichts analysiert, die sich mit veröffentlichten und oft kritischen Studien zu Glyphosat befassten. Dabei fand er heraus, dass diese Texte weitgehend aus dem Zulassungsantrag stammten, den Monsanto und andere in der "Glyphosat Task Force" (GTF) zusammengeschlossene Hersteller eingereicht hatten. Diese Stellen seien nach europäischem Recht entscheidend für die Frage, ob Glyphosat wieder zugelassen werden darf oder verboten werden müsse, sagt Helmut Burtscher: „Wenn eine Kontrollbehörde all ihre Argumente auf Punkt und Beistrich von Monsanto abschreibt, ist es kein Wunder, wenn diese Behörde zu den gleichen Schlussfolgerungen kommt wie Monsanto.

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Ein Vorwurf, den das BfR zurückweist. Man habe „alle weiteren relevanten und verfügbaren Studien sorgfältig und detailliert in eigener Verantwortung geprüft und bewertet“, teilte die Behörde mit. Für die toxikologischen Originalstudien seien aus Gründen der Transparenz auch die detaillierten Studienbeschreibungen und die Bewertungen der Antragsteller wiedergegeben, diese aber in kursiver Schrift kritisch kommentiert worden. Diese Stellungnahme entspricht weitgehend dem Text, mit dem die Bundesregierung bereits 2015 eine Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Harald Ebner beantwortet hatte. Bereits damals hatte der Guardian berichtet, dass das BfR für die unveröffentlichten toxikologischen Originalstudien der Industrie deren Beschreibung und Bewertung wortwörtlich übernommen und lediglich durch kursive Kommentare ergänzt hatte.

Jetzt geht es jedoch um die weiteren verfügbaren Studien anderer Wissenschaftler, von denen das BfR sagt, man habe sie „sorgfältig und detailliert in eigener Verantwortung geprüft und bewertet“. Das "Umweltinstitut München" hat das fragliche Kapitel veröffentlicht und die wörtlich übernommenen Passagen orange gefärbt. Dabei zeigt sich, dass vor allem bei kritischen Studien oft die komplette Bewertung aus dem Zulassungsantrag übernommen wurde. Dies gilt auch für Passagen, die als „additional comments“ bezeichnet wurden und so den Eindruck erwecken, Anmerkungen des BfR zu sein. Auch das jeweilige Fazit, dass die Studie nicht oder nur beschränkt aussagekräftig sei, stammte offenbar von Monsanto und der GTF. „Wir fordern jetzt harte Konsequenzen aus den Skandalen im Bewertungsverfahren: BfR-Präsident Hensel muss seinen Hut nehmen“, so das Umweltinstitut.

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Wenn die Behörden sich auf die Einordnung der Industrie verlassen, ohne eine eigene Bewertung vorzunehmen, stelle dies den gesamten Pestizidzulassungsprozess der EU in Frage, kritisiert Franziska Achterberg, bei Greenpeace für Ernährungspolitik zuständig. „Dann entscheiden praktisch die Konzerne darüber, ob ein Pestizid als sicher angesehen wird oder nicht."

Eine Glyphosat-Neuzulassung kann es auf Basis dieser Plagiats-Risikobewertung jetzt nicht mehr geben“, sagt der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. Er fordert die EU-Kommission auf, die Glyphosat-Bewertung komplett neu auzufrollen und das zuständige Personal auszutauschen.

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Wie der österreichische Sender ORF berichtet, sieht die Kommission allerdings „keine Veranlassung, die in der EU durchgeführten wissenschaftlichen Einschätzungen und Schlussfolgerungen bezüglich Glyphosat in Frage zu stellen“. Ein Sprecher von EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis hatte jüngst angekündigt, dass mit einer Entscheidung über den künftigen Einsatz von Glyphosat erst zum Jahresende zu rechnen ist.

Vera Fischer / Redaktion Informationsdienst Gentechnik
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pin_green.gif  Lesetipps:

Global 2000 - Glyphosat: Kontrollbehörde schreibt Bewertung von Monsanto ab (15.09.2017) - weiter.

The Guardian: EU report on weedkiller safety copied text from Monsanto study (15.09.2017) - weiter.

Umweltinstitut München - Glyphosat: Behörde schreibt Bewertung von Monsanto ab (15.09.2017) - weiter.

news.ORF.at: Aufregung über Monsanto-Papier (15.9.2917) - weiter.

Zur Sicherheitsbewertung der EFSA für Glyphosat - weiter.

Antwort von Staatssekretär Peter Bleser, BMEL, auf eine schriftliche Anfrage des grünene Bundestagsabgeorendeten Harald Ebner (29.6.2015) - weiter. (PDF)

pin_green.gif  Tödliche Agri Kultur - Wie Monsanto die Welt vergiftet (Dauer 1:15:50)

        

pin_green.gif  Dr. Böse Evil Consulting presents: In drei Schritten zum Glyphosat-Schurken (Dauer 2:49 Min.)

pin_green.gif  Krebsgefahr durch Glyphosat (Frontal 21 Doku) - Dauer 7.30 Min.

pin_green.gif  Chronisch vergiftet - Monsanto und Glyphosat (ARTE Doku) - Dauer 44:19 Min.



► Quelle: Erstveröffentlicht am 15.09.2017 auf keine-gentechnik.de>> Artikel.

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2. Das Foto zeigt eine der zahlreichen campact-Aktionen "Ärzte gegen Glyphosat", aufgenommen am 01.10.2015 in Fulda. Foto: Philip Eichler /  https://www.campact.de/. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0).

3. Traktor mit Spühanhänger. Foto: Chafer Machinery. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0). 

4. ROUNDUP-Produkte im Regal. Unter dem Markennamen Roundup vertreibt der Konzern Monsanto, St. Louis, USA, seit 1974 in über 130 Ländern eine Serie von Breitbandherbiziden, die in der Landwirtschaft Anwendung finden und auch von Hobbygärtnern verwendet werden. Breitbandherbizide wirken unspezifisch gegen viele Pflanzenarten. Der Wirkstoff ist das für fast alle Pflanzenarten toxische Glyphosat.

Das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel ist weitgehend intransparent, da die wesentlichen Studien zum Gefahrenpotential von der Industrie selbst erstellt werden. Ihr Inhalt wird als Betriebsgeheimnis eingestuft und für die Öffentlichkeit nicht einsehbar. Foto: Global Justice Now. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).

5.BAYER AG - MONSANTO. MONSANTO ist ein 1901 gegründeter und seit 1927 börsennotierter Konzern mit Sitz in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri, der Niederlassungen in 61 Ländern hat. Das Unternehmen produziert Saatgut und Herbizide und setzt seit den 1990er Jahren Biotechnologien zur Erzeugung gentechnisch veränderter Feldfrüchte ein. Bekannte Produkte sind verschiedene transgene Maissorten und Breitbandherbizide mit dem umstrittenem Wirkstoff Glyphosat unter dem Namen Roundup. Mitte September 2016 wurde bekannt, dass die Bayer AG Monsanto übernimmt. Grafikbearbeitung: Willfried Kahrs (Wika).


Zuchtfleischproduktion: Kulinarische Perversitäten aus Frankensteins Horror-Shop

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Zuchtfleischproduktion

Kulinarische Perversitäten aus Frankensteins Horror-Shop

Wie muss man sich das Fleisch der Zukunft vorstellen? Im niederländischen Kerkrade fand vom 11.10.2016 bis 11. Juni 2017 eine Ausstellung statt, die alles sprengte, was wir uns vorstellen können: „Meat the Future“. 30 Zuchtfleischgerichte wurden dem Besucher vorgestellt - ein Horrortrip der besonderen Art!

Die Aussichten scheinen ziemlich trübe zu sein: Wenn die Weltbevölkerung auf 9 Milliarden Menschen anwächst, dann gibt es nur noch Reis, Bohnen und Algenburger – so die Kassandra-Rufe der in den Startlöchern steckenden Zuchtfleischindustrie. Und diese ist fleißig dabei, mit Hilfe von Stammzellen und Bioreaktoren Fleisch aus der Retorte zu zaubern. Menschen, die sich die Fleischerzeugung mit Hilfe von Bioreaktoren ausdenken, tun dies sicherlich nur deswegen, weil sie dafür bezahlt werden. Immerhin wird die Stammzellenforschung staatlicherseits gefördert. Dass es zu solchen Fehlentwicklungen kommt, ist nur mit unserem fehlerhaften Geldsystem erklärbar.

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Die Botschaft der Zuchtfleischindustrie lautet:

Zuchtfleisch aus dem Bio-Reaktor ist eine tierfreundliche Alternative.

zuchtfleisch_10_bioreaktor_gewebetechnik_gewebekonstruktion_gewebetechnologie_gewebezuechtung_tissue_engineering_in_vitro_meat_fleisch_synthetisches_fleisch_kritisches_netzwerk.jpgEs gibt keine Tierquälerei, keine Massentierhaltung und auch keine Gülleprobleme mehr.

Die Technologie bei der Herstellung von Zuchtfleisch ist soweit, dass in einem Labor gewachsener Hamburger bereits gebraten und verzehrt wurde

Fleisch aus dem Bio-Reaktor ist nachhaltig

Kein Nahrungsmittelmangel mehr

Wie denn sonst soll die Nachfrage nach Fleisch bei ansteigender Bevölkerungszahl zukünftig bedient werden?

Mal Hand aufs Herz, sind dies nicht Argumente, um die Bedenken von Seiten der Ethiker auszuräumen?

Es war ein großer Ausstellungsraum im niederländischen CUBE DESIGN MUSEUM, bei dem an den Wänden die Geschichte des Fleischkonsums und den heutigen Auswirkungen dargestellt wurden. Der Raum wirkte wie ein Vorraum einer Leichenhalle, die Strahler waren auf die Ausstellungstische gerichtet und es war totenstill. Der junge Mann von der Museumsaufsicht war mit dem Fotografieren einverstanden und sehr diskutierfreudig.

Was auf den Tischen präsentiert wurde, sprengte alle meine Vorstellungen. Ab und zu wurde mir flau im Magen. Zum Glück gab es keinerlei Gerüche, sonst hätte ich den Durchgang nicht geschafft. Mir stehen heute noch die Haare zu Berge, wenn ich an das Gesehene denke!

Im Wechselbad der Gefühle betrachtete ich die neuesten Kreationen aus Frankensteins Horror-Shop: Hergestellt aus Tausenden einzelnen Stücken gezüchteter Muskelmasse wurde ein Zuchtfleischhamburger präsentiert, Produktionskosten: 250.000 Euro – mit folgender kulinarischer Bewertung (sic!): „Fleisch schmeckt noch ein bisschen trocken…

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„Post-Burger“ genannt nach Prof. Mark Post (Biomediziner von der Uni Maastricht)

Der große Klumpen „Urzuchtfleisch“, also Fleisch aus Stammzellen monatelang im Bioreaktor gezüchtet, bekam das Geschmacksprofil „schwarzer Trüffel bis Eichenholz“ verliehen. Dieser Fleischklumpen, präsentiert auf einem dekorativen Holzbrett, zeigte im Innern weiße Linien, die an Fett- und Sehneneinlagerungen im Fleisch erinnern. Trotzdem irgendwie unnatürlich.

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Urzuchtfleisch

Bei der Fleisch- und Wurstplatte, „kultiviert“ im Edelstahl-Bio-Reaktor bekam ich richtige Ekelgefühle. Diese konnten auch nicht mit dem Hinweis, dass dazu ein lokal gebrautes Bier passend wäre, unterdrückt werden.

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Fleischzucht Typ „Carney Tapas“

Ravioli von Bresse, gefüllt mit Putenstückchen, Putenstückchen aus einem niederländischen Labor, mit dem Qualitätsmerkmal „ganz frisch“  gezüchtet, wurde auf dem nächsten Tisch offeriert.

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Putenstückchen aus niederländischem Labor – frisch gezüchtet

Den Labor-Perlen, Kaviar oder Tapiokabällchenähnlich, natürlich aus gezüchtetem tierischen Fett, werden einen „nussigen Geschmack, ähnlich eines guten italienischen Lardos“ bescheinigt.

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Laborperlen mit „delikater“ Struktur

Für die Fisch-Liebhaber wurde ein transparentes Sashimi (Sashimi = japanisches Fischgericht mit Meeresfrüchten), vorgestellt. Alles aus dem Bioreaktor.

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Gezüchteter Thunfisch

Natürlich durften auch Produkte aus den Stammzellen des Schweins nicht fehlen. Echte Salami-Würste aus dem Labor. Grauenvoll auch das „Fleisch-Obst“. Das „gestrickte Steak“. Es wurde immer abstruser.

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Aus Stammzellen vom „Spenderschwein“

Was  aber dann zum Schluss zu sehen war, sprengte dann wirklich alle Vorstellungen. Als besondere Attraktion wurde das „Berühmte Klötzchen“ offeriert mit folgender Prospekt-Beschreibung:

Vergessen Sie Unterschriften und Poster an der Wand… Zeigen Sie Ihrem Idol, dass Sie ein echter Fan sind, der ihn oder sie zum Fressen gern hat. Diese berühmten Klötzchen bestehen aus Stammzellen von Berühmtheiten… Lady Gaga, Usain Bolt oder Einstein gefällig? Serviert werden die Promis als köstliche Leckerbissen, getaucht in eine einfache Glasur aus Whisky. Ein süchtig machendes Gericht…

Wie bitte? Wir sollen also Produkte serviert bekommen, von Personen, die wir kennen?

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Klötzchen aus Stammzellen von Lady Gaga, Usain Bolt und Albert Einstein

Diese Perversion konnte dann nur noch mit dem „Liebesmedaillon“ getoppt werden: Züchte mich selbst!

Es handelt sich bei dem „Liebesmedaillon“ um einen persönlichen Bioreaktor, den man wie einen Anhänger zwischen den Schlüsselbeinen trägt: Nach drei Monaten wird in dem Bioreaktor ein kleines, aus den eigenen Zellen gezüchtetes Medaillon wachsen, bestehend aus Muskelgewebe, das durch die eigene Blutzufuhr genährt wurde.

zuchtfleisch_9_liebesmedaillon_bioreaktor_medaillon_anhaenger_muskelgewebe_muskelfleisch_zuchtfleischburger_zuchtfleischhamburger_fleischerzeugung_fleischindustrie_kritisches_netzwerk.jpgHier soll es sich um eine moderne und charmante Version des uralten Rituals des Kannibalismus handeln. Im Prospekt zu der Ausstellung wurde dazu geschrieben: „Servieren Sie Ihrem oder Ihrer Geliebten bei einem intimen, romantischen Diner ein Stück ihres eigenen Leibs. Poesie oder Horror?“ Was für eine Frage! Wer denkt sich so etwas „Krankes“ eigentlich aus? Sind wir von allen guten Geistern verlassen?

Ist es vorstellbar, dass so etwas überhaupt angerührt, geschweige denn gegessen wird? Nur: Warum sollten diejenigen, die heute schon nicht danach fragen, was sie sich einverleiben, nicht auf Ravioli mit Putenstückchen aus dem Labor hereinfallen? Da es kaum Beschränkungen mehr gibt, der Nahrungsmittelindustrie in irgendeiner Form Einhalt zu gebieten, warum sollte ausgerechnet jetzt der Gesetzgeber reagieren? Dem Fast-Food-Junkie kann doch heute schon der größte Dreck angedreht werden. Die Hauptsache ist doch für ihn, dass es erschwinglich ist und dass es schmeckt.

Zuchtfleischerzeugung ist die Antwort – aber was war eigentlich die Frage? Brauchen wir bei der heutigen Eiweißmast, die für viele gesundheitliche Beeinträchtigungen steht, noch weitere technische Lösungen, damit diese aufrecht erhalten bleiben kann?

In dem Bericht „Mit Fleisch, aber ohne Tier: Burger aus Stammzellen“ (Rhein-Zeitung v. 21.02.2012) wird angesprochen, wie synthetisches Fleisch vor dem Verderben bewahrt werden soll: Antibiotika und andere Chemikalien.

Die Forschungsergebnisse des deutschen Bakteriologen Prof. Werner Kollath (auch bekannt als Pionier der Vollwerternährung), die Erfahrungen von Dr. Max Otto Bruker (Infos siehe weiter unten!), dem dänischen Arzt u. Ernährungsforscher Mikkel Hindhede und dem Facharzt für Innere Medizin Prof. Lothar Wendt, (bekannt als Spezialist für Eiweißspeicherkrankheiten), zeigen doch, dass das Eiweißproblem längst gelöst ist – auch wenn diese fortschrittlichen Ergebnisse aus wirtschaftlichen Gründen vorsätzlich unter dem Deckel gehalten werden: Pflanzliches Eiweiß ist dem tierischen Eiweiß überlegen. Die Überlegungen, die bestehende Tiereiweißmast durch Laborfleisch zu erhöhen, gehen in die falsche Richtung. Zuchtfleischerzeugung aus dem Bio-Reaktor.

NEIN  DANKE!

Marie-Luise Volk, Gamlen.



► Quelle: Artikel erstveröffentlicht am 2. Juli 2017 auf meinem Blog esgehtanders.de >> Artikel.

► Fleisch aus der Retorte | Projekt Zukunft (Dauer 3:18 Min)

Der Niederländer Prof. Mark Post ist davon überzeugt, dass Steaks in Zukunft aus dem Labor kommen werden. Der Professor für Biomedizin an der Universität Maastricht ist Spezialist für Gewebekultur. Seine Idee: So wie man aus Stammzellen künstliche Herzklappen oder künstliche Haut für Unfallopfer herstellen kann, so könnte man auch Stücke von Rind- oder Schweinefleisch produzieren.

► Bild- und Grafikquellen:

max_otto_bruker_die_deckung_des_eiweissbedarfs_tierisches_pflanzliches_eiweiss_vollwerternaehrung_vitalstoffreiche_vollwertkost_kritisches_netzwerk_pflanzenkost_eiweissproblem.jpg1. Kultiviertes Rindmuskelfleisch (ital.: muscolo bovino colticato), also synthetisches Fleisch (ital.: carne sintetica; engl. cultured meat). In-vitro-Fleisch (von lateinischin vitro‚im Glas‘), auch kultiviertes Fleisch, umgangssprachlich Laborfleisch, ist das Ergebnis von Gewebezüchtung mit dem Ziel, Fleisch zum menschlichen Verzehr im industriellen Maßstab synthetisch herzustellen. Die Erzeugung von In-vitro-Fleisch basiert auf den Methoden der Zellkultur, insbesondere auf den Methoden der Gewebezüchtung wie die 3D-Zellkultur und das Tissue Engineering. Foto: Fabrice de Nola, an Italian-Belgian artist and producer from Palermo / Sizilien >> http://www.denola.net/ . Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).

2. - 11. Urheber dieser Fotos: Marie-Luise Volk. Weiterverbreitung für nicht-kommerzielle Zwecke nur mit vollständiger Namens- und Quellenangabe "Marie-Luise Volk, Gamlen / esgehtanders.de" erlaubt!

12. Cover "Die Deckung des Eiweißbedarfs"; Kleinschrift Nr. 22; für 50 Cent zu beziehen im Emu-Verlag, Lahnstein >> https://emu-verlag.de/ . In dieser Kleinschrift wird dargelegt, das die Angst vor ungenügender Deckung des Eiweißbedarfs unberechtigt ist, falls genügend unerhitzte Pflanzenkost in form von Getreide, Blatt– und Wurzelgemüse und Obst genossen wird. Autor: Dr. med. Max Otto. Bruker.

Dr. Max Otto Bruker (* 16. November 1909 in Reutlingen; † 6. Januar 2001 in Lahnstein) war ein deutscher Sachbuchautor, Arzt und Politiker. Er war ein Verfechter der Vollwerternährung, für die er einen eigenen Ansatz erarbeitete („vitalstoffreiche Vollwertkost“).

Bruker leitete von 1974 bis 1977 als Chefarzt die psychosomatische Abteilung der Klinik am Burggraben in Bad Salzuflen. Von 1977 bis 1991 war er ärztlicher Leiter der Klinik Lahnhöhe in Lahnstein bei Koblenz und hielt in seinem angrenzenden Gesundheitszentrum Lahnhöhe eine für die Öffentlichkeit zugängliche Sprechstunde mit dem Namen „Ärztlicher Rat aus ganzheitlicher Sicht“ ab. Bruker starb 91-jährig, erst ein Jahr zuvor hatte er sich in den Ruhestand begeben. Seine Bücher erreichten eine Auflage von über vier Millionen.

Billige Nahrungsmittel und ihre Folgen: Die EU-Exportstrategie

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Billige Nahrungsmittel und ihre Folgen

Die EU-Exportstrategie

Das Beispiel Milch und die Auswirkungen auf die Weidetierhalter in Burkina Faso

von Kerstin Lanje und Tobias Reichert

milch_1_milchtropfen_milchbauern_milchpreise_milchprodukte_milchproduktion_milchviehbetriebe_milchviehhaltung_milchwirtschaft_kritisches_netzwerk_lebensmittel_rohmilch_trinkmilch.jpgDeutschland hat sich verpflichtet, die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) bis 2030 umzusetzen. In SDG 2 verpflichten sich die Staaten, Hunger zu bekämpfen und eine nachhaltige Landwirtschaft zu schaffen. Zudem betont die Bundesregierung in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2016, dass der Aufbau einer wettbewerbsfähigen Agrar- und Ernährungswirtschaft in Entwicklungsländern die wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln vor Ort besser bedienen könne und gleichzeitig Arbeit und Einkommen im ländlichen Raum schaffen würde. Bisher läuft die deutsche und europäische Agrarpolitik aber in eine völlig andere Richtung. Was die Umsetzung des SDG 2 politisch bedeutet, lässt sich beispielhaft am Milchsektor aufzeigen.

In den letzten zwei Jahren wurde überaus deutlich, wie stark der Milchsektor von Handelsverzerrungen und Marktungleichgewichten betroffen ist. Das Angebot an Milch ist in Europa höher als die Nachfrage. Die Erzeugerpreise in Deutschland sind auf ein existenzbedrohendes Niveau gefallen und lagen trotz leichter Erholung im März 2017 bei nur 31,82 Cent/kg. Viele Milchbäuerinnen und -bauern haben in jüngster Vergangenheit ihre Höfe aufgegeben; alleine in Bayern waren es 2.000, in Niedersachsen 10.000 Betriebe.

Milch, die in Europa nicht nachgefragt wird, landet auf dem Weltmarkt und konkurriert insbesondere als Milchpulver mit der lokalen Milchproduktion in Entwicklungsländern. Schon jetzt stammt 26 Prozent der auf dem Weltmarkt gehandelten Milchmenge aus der Europäischen Union. Die Exportorientierung lässt sich an den Zahlen ablesen: In den letzten zehn Jahren ist der Export von Magermilchpulver der EU um das 6,5-fache auf über 574.000 Tonnen gestiegen. Aus Deutschland wird jeder zweite Liter der hier gemolkenen Milch exportiert, der größte Teil geht in andere Länder der EU.

Für 2017 erwartet die EU-Kommission, dass die hohen Lagerbestände an Magermilchpulver abschmelzen und die Verkäufe um fast ein Viertel auf 712.000 Tonnen zulegen. Für 2018 wird eine Zunahme des Exports von Magermilchpulver in Drittländer um 13 Prozent angenommen. Die niederländische Rabobank schätzt, dass die europäische Milchproduktion bis 2020 um bis zu acht Prozent steigen wird, die heimische Nachfrage jedoch kaum. Auch in Deutschland setzen die Molkereien auf die Erzeugung von Milchpulver. Als Marktführer hat das Deutsche Milchkontor seine Produktionskapazitäten verdoppelt. Die Molkerei Ammerland exportiert Milchprodukte in 60 Länder und hat gar ein eigenes Vertriebsbüro in Peking eröffnet, um ihre Exportchancen zu erhöhen.

Diese hohe verfügbare Milchmenge ist begründet zum einen im Auslaufen der Milchquote im April 2015. Damals fielen die bis dahin vorhandenen Produktionsbegrenzungen. Zum anderen können Exportmärkte nur durch billige, standardisierte Massenprodukte erobert werden. Die Preise müssen dauerhaft niedrig sein, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig sein zu können.

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► Markterschließung steht an erster Stelle

Die EU-Kommission geht davon aus, dass die zusätzliche Nachfrage nach europäischen Agrarprodukten in den nächsten zehn bis 15 Jahren zu 90 Prozent außerhalb der Europäischen Union entstehen wird. Wichtig ist somit der Zugang zu diesen Exportmärkten. EU-Agrarkommissar Phil Hogan wirbt für Marktöffnung, Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat das Budget für Exportförderung auf gegenwärtig 7,2 Millionen Euro aufgestockt und setzt auch auf die steigende Nachfrage aus dem Ausland.

Diese Exportorientierung mit der Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik auf den (niedrigeren) Weltmarktpreis wird flankiert von der Marktöffnung für europ. Agrarprodukte in anderen Ländern, vorangetrieben durch die EU-Handelspolitik, die den Abbau des Außenschutzes durch Zölle oder Quoten durch Handelsabkommen forciert.

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Handelsverzerrungen werden heute nicht mehr explizit durch Agrarexportsubventionen ausgelöst, deren Höhe 1992 noch 10 Milliarden Euro betrug. Der Effekt der im Agrarhaushalt der EU vorgesehenen Direktzahlungen und marktbezogenen Ausgaben in Höhe von 312,7 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2014 bis 2020 ähnelt jedoch dem der Exportsubventionen. So können europäische Agrarprodukte die EU zu Preisen unterhalb der Erzeugungskosten verlassen. Ein Drittel des Einkommens der Landwirte besteht aus Direktzahlungen, die so die niedrigen Preise ermöglichen.

Schon für die letzte Krise am Weltmilchmarkt war die Europäische Union mit ihrer Produktionssteigerung von 11 Millionen Tonnen verantwortlich, davon alleine 2014 sechs Millionen Tonnen.

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► Steigerung landwirtschaftlicher Produktivität und Einkommenserhöhung von Weidetierhaltern

Die Milchproduktion hat ein großes Potenzial zur Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern. Weltweit wird die Milch von über 120 Millionen Milchviehbetrieben erzeugt, die im Durchschnitt 2,9 Kühe halten.

In Afrika südlich der Sahara, mit einem Anteil von 20 Prozent ein wichtiger Absatzmarkt für Milchpulver aus der EU, zeigt sich seit 2007 eine Zunahme der Importe auf 1,24 Millionen Tonnen, gemessen in Milchäquivalenten. Besonders billig auf dem Markt ist mit Pflanzenfett angereichertes Milchpulver. Hierfür wird der Milch das natürliche Fett entzogen und zu höherwertigen Produkten wie Butter verarbeitet. Der Milch wird stattdessen Pflanzenfett beigefügt. Ein großer Anstieg ist im wichtigen Absatzmarkt Nigeria zu verzeichnen, wo die Importe aus der EU um das Zweieinhalbfache auf 70.000 Tonnen stiegen. Besonders drastisch ist die Entwicklung in einigen Staaten wie Mali oder Kamerun, die vor zehn Jahren keine nennenswerten Mengen importierten und nun ein Importwachstum von mehreren tausend Tonnen verzeichnen.

► Auswirkungen auf die lokale Milchwirtschaft

Welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die lokale Milchwirtschaft hat, kann am Beispiel Burkina Faso gezeigt werden. In dem Land wurden 2010 weniger als 2.000 Tonnen des mit Pflanzenfett angereicherten Milchpulvers importiert, 2015 waren es bereits 5.187 Tonnen. Und das, obwohl es in Burkina Faso eine lokale Milchviehhaltung mit zwei Millionen Milchproduzent/innen und zehn Millionen Kühen gibt. Viele Menschen leben von der Weiterverarbeitung und dem Verkauf von Milch und Milchprodukten. MISEREOR fördert seit über zehn Jahren den Aufbau lokaler Molkereien in Burkina Faso, wo mittlerweile über 40 Kleinstmolkereien entstanden sind, die das Auskommen ihrer Mitglieder, überwiegend Frauen, sichern. Die Produktion schwankt. Mitunter geben die Kühe nur zwei Liter, in der Regenzeit auch bis zu sechs Liter. Die Milch wird zur Molkerei gebracht und abgekocht oder als Joghurt verkauft. Das Einkommen reicht, um Futtermittel anzubauen, die eigene Ernährung zu sichern und die Kinder zur Schule zu schicken.

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Aus entwicklungspolitischer und menschenrechtlicher Perspektive ist es wichtig sicherzustellen, dass die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung gestärkt werden kann. Etwa 80 Prozent der erzeugten Milch wird in den Produzentenfamilien selbst konsumiert und höchstens unverarbeitet in der näheren Umgebung zum Verkauf angeboten. In den Supermärkten und Kiosken sind fast ausschließlich Produkte aus importiertem Milchpulver zu finden, die deutlich billiger als lokale Milcherzeugnisse angeboten werden. Umgerechnet kostet ein Liter Milch, hergestellt aus mit Pflanzenfett angereichertem Milchpulver, etwa 34 Cent, lokale Milch hingegen zwischen 76 Cent und 1,10 Euro.

► Aufbau einer wettbewerbsfähigen Agrar- und Ernährungswirtschaft in Entwicklungsländern

Als wettbewerbsfähig gegenüber der Europäischen Milchwirtschaft kann man die Kleinstmolkereien in Burkina Faso noch nicht bezeichnen. Man muss aber berücksichtigen, dass durch diese Einkommen eine Lebensperspektive für die Weidetierhalter der ethnischen Gruppe der Peulh entstanden ist. Bei den Peulh, die keine Alternative zur Tierhaltung und Milchwirtschaft haben, sind es die Frauen (meist Analphabetinnen), die für die Produktion und den Verkauf der Milch zuständig sind. Diese Tätigkeit ist somit ihre einzige Möglichkeit, Einkommen zu erzielen. Einfach ist es nicht, konkurrenzfähiger zu werden. Notwendig wäre die Steigerung des Futtermittelanbaus, das Einkreuzen von Milchkühen, die mehr Milch geben und Investitionen in die Vermarktung. Die hoffnungsvollen Anfänge werden jedoch konterkariert durch Bestrebungen großer internationaler Molkereien, den Markt selbst zu bedienen.

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Dass die Konzentration auf das billige Milchpulver und die Absatzmärkte in Afrika Teil einer langfristigen Strategie ist, zeigen die Investitionen europäischer Unternehmen. ARLA, FrieslandCampina und Danone investieren verstärkt in die Milchverarbeitung in Westafrika, meist indem sie bestehende afrikanische Unternehmen aufkaufen oder Beteiligungen erwerben. Einige in Westafrika besonders aktive Konzerne haben Unternehmenszweige in Deutschland und verarbeiten deutsche Milch.

Im September 2014 gab z.B. ARLA den Aufbau zweier Gemeinschaftsunternehmen im Senegal und in Nigeria bekannt. Im September 2014 kaufte Royal Friesland/Campina von der OLAM-Gruppe aus Singapur Anteile im Geschäftsfeld Milch an der Elfenbeinküste für 18,7 Millionen Euro und für 6,3 Millionen die Milchmarke „Pearl“. Danone legte 2015 eine Anleihe von 1,3 Milliarden Euro für seine Investitionen im afrikanischen Kontext auf und investierte 21 Millionen Euro in den Einstieg in die Unternehmen FAN-Milk Westafrika und Brookside Dairy Ltd. (Kenia).

Die große Mehrheit dieser Unternehmen nutzt ganz überwiegend oder ausschließlich importierte Rohstoffe, vor allem Milchpulver, die entweder in Portionen von Haushaltsgröße umgepackt oder zu anderen Produkten wie Trinkmilch, Joghurt oder Kondensmilch weiterverarbeitet werden.

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► Schutz der heimischen Märkte als Beitrag zur SDG-Umsetzung

Das Beispiel der Peulh zeigt, was geschehen muss, damit die SDGs erreicht werden. Das Potenzial der lokalen Milchwirtschaft zur Armutsbekämpfung in Burkina Faso muss anerkannt, geschützt und unterstützt werden. Wie oben beschrieben sind erhebliche Investitionen in Burkina Fasos Milchwirtschaft erforderlich. Dieses ist auch vor dem Hintergrund der steigenden Arbeits- und Perspektivlosigkeit junger Menschen im ländlichen Raum notwendig.

Unerlässlich ist zudem, im Handelsabkommen der EU mit Westafrika den handelspolitische Spielraum zum Schutz der heimischen Milchwirtschaft zu stärken. Nach derzeitigen Plänen soll der Außenschutz in Form von Einfuhrzöllen auf Milchpulver (ab 25 kg-Packungen) für immer auf 0 Prozent gesenkt werden.

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Es muss möglich sein, diese Verabredung auch wieder aufzuheben. MISEREOR fordert deshalb ein Moratorium der derzeitigen Verhandlungen über ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Partnerorganisationen von MISEREOR fordern einen Außenschutz für Milchpulver in Höhe von 35 Prozent. Des Weiteren muss die EU ein dauerhaftes Kriseninstrument zur Regulierung des Angebots installieren, das passend zur Nachfrage an der Produktionsmenge ansetzt und für alle EU-Mitgliedsstaaten gilt.

Für den Einsatz eines solchen Instruments sprechen zwei Gründe. Zum einen ist es die Stabilisierung der EU-Binnenwirtschaft, indem über angemessene Milchpreise EU-weit Milchbetriebe und Arbeitsplätze in diesem Wirtschaftssektor erhalten bleiben. Zum anderen darf die Überproduktion in der EU nicht für den Export in Drittländer ohne Folgenabschätzung der Auswirkungen auf die Erzeuger/innen in Entwicklungsländern erfolgen. Nur so können diese ihre Milchwirtschaft entwickeln, ihre Produkte absetzen und ein Einkommen erwirtschaften.

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Armut, Migration und Hunger werden reduziert. Dass eine von der EU geförderte Milchreduktionsmaßnahme hilft, musste auch EU-Agrarkommissar Hogan anerkennen: In der EU reduzierte sich die Milchmenge um über 850.000 Tonnen Rohmilch, nach dem die EU-Kommission einen Anreiz zur Mengenreduzierung installierte und Erzeuger 14 Cent pro Kilogramm nicht angelieferte Milch bekamen.

Kerstin Lanje, Referentin für Welthandel und Ernährung beim Bischöflichen Hilfswerk MISEREOR.

Tobias Reichert, Teamleiter für Welternährung, Landnutzung und Handel bei GERMANWATCH.
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Germanwatch/Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (2015): Mensch. Macht. Milch. Wie Konzerne unsere bäuerliche Landwirtschaft verpulvern. Berlin/Bonn/Hamm. - weiter. (PDF)

MISEREOR (2012): Die Milch macht’s: Kleinbäuerliche Milchproduktion in Burkina Faso und die Auswirkungen instabiler Weltmarktpreise. Aachen. - weiter. (PDF)

MISEREOR (2016): Factsheet Milch – Fit für den Weltmarkt. Aachen. - weiter. (PDF)

MISEREOR (2017): Ausstellung "Mensch macht Milch". Aachen. - weiter.

Reichert, Tobias (2016): Milchkrise weltweit: Runter mit der europäischen Menge jetzt – langfristig auf Klasse statt Masse setzen! Bonn/Berlin: Germanwatch / Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft /aktion agrar. - weiter. (PDF)

Reichert, Tobias/Leimbach, Johannes (2015): Billiges Milchpulver für die Welt: Das Auslaufen der EU-Milchquote und die Milcherzeugung und -exporte in Deutschland und der EU. Aachen/Berlin/Bonn/Hamm: Germanwatch / Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft/Brot für die Welt / MISEREOR. - weiter. (PDF).

Die Erstveröffentlichung findet man bei 2030report.de/ >> Artikel.

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nachhaltigkeit_globale_nachhaltigkeitsagenda_agenda_2030_kritisches_netzwerk_nachhaltigkeitspolitik_nachhaltigkeitsstrategie_nachhaltiger_konsum_sustainable_development_goals_sdg.jpg► Quelle: Dieser Beitrag mit dem Titel "Billige Nahrungsmittel und ihre Folgen. Die EU-Exportstrategie. Das Beispiel Milch und die Auswirkungen auf die Weidetierhalter in Burkina Faso." ist Bestandteil des Gesamtberichtes "Deutschland und die globale Nachhaltigkeitsagenda 2017 - Großbaustelle Nachhaltigkeit", welcher am 5. Sept. 2017 erschien und auf der Webseite 2030report.de/ komplett kostenfrei nachgelesen und/oder downgeloaded werden kann.

https://www.2030report.de/

Dieser Einzeltext und auch alle weiteren Texte dieser Publikation sind unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0) lizensiert.

Die Herausgeber des Gesamtberichtes sind Elf zivilgesellschaftliche Verbände und Netzwerke veröffentlichten den 2017er Bericht zum Zustand nachhaltiger Entwicklung in Deutschland. Sie fordern Veränderungen von der künftigen Bundesregierung und dem neuen Bundestag.

Die Herausgeber sind: Netzwerk für Unternehmensverantwortung (CorA), Deutscher Bundesjugendring (DBJR), Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Deutscher Naturschutzring (DNR), Diakonie Deutschland (diakonie.de), Forum Menschenrechte (FMR), Forum Umwelt und Entwicklung (FORUMUE), Global Policy Forum (GPF), Netzwerk Steuergerechtigkeit (NWSG), Plattform Zivile Konfliktbearbeitung (forumZFD) und der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO).

Eine barrierearme PDF-Version dieses Berichts ist auf den Homepages der einzelnen Herausgeber verfügbar sowie unter www.2030report.de. (ISBN 978-3-943126-34-1)

► Bild- und Grafikquellen:

1. MILCHTROPFEN hochspritzend. Foto: Anton_Peta. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

2. Mehrere Milchkannen bereit zur Abholung. Foto: suju / Susanne, Schweiz.. QuellePixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

3. Kuh auf der Weide - Front vor der Kamera. Foto: tookapic. QuellePixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

4. Abbildung II.02.01: EU-EXPORTE von mit Pflanzenfett angereichertem Milchpulver. Diese Grafik ist Bestandteil des Gesamtberichtes "Deutschland und die globale Nachhaltigkeitsagenda 2017 - Großbaustelle Nachhaltigkeit", welcher am 5. September 2017 erschien und auf der Webseite 2030report.de/ komplett kostenfrei nachgelesen und/oder downgeloaded werden kann.

5. Abbildung II.02.02: MAGERMILCHPULVER-EXPORTE der EU-28 und Weltmarktpreis. Diese Grafik ist Bestandteil des Gesamtberichtes "Deutschland und die globale Nachhaltigkeitsagenda 2017 - Großbaustelle Nachhaltigkeit", welcher am 5. September 2017 erschien und auf der Webseite 2030report.de/ komplett kostenfrei nachgelesen und/oder downgeloaded werden kann.

6.Grasrupfende Kuh mit großer dunkler Kuhglocke. Foto: hdzimmermann. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-NC-SA 2.0).

7. Rinderhaltung in Burkina Faso, Westafrika. MISEREOR fördert seit über zehn Jahren den Aufbau lokaler Molkereien in Burkina Faso, wo mittlerweile über 40 Kleinstmolkereien entstanden sind, die das Auskommen ihrer Mitglieder, überwiegend Frauen, sichern. Die Produktion schwankt. Mitunter geben die Kühe nur zwei Liter, in der Regenzeit auch bis zu sechs Liter. Die Milch wird zur Molkerei gebracht und abgekocht oder als Joghurt verkauft. Das Einkommen reicht, um Futtermittel anzubauen, die eigene Ernährung zu sichern und die Kinder zur Schule zu schicken. Foto: Rita Willaert, 9890 Gavere, Belgium. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0).

8. Frau mit Kind und zwei Rinder. Einkommen aus der Milchwirtschaft sind eine Lebensperspektive für die Weidetierhalter der ethnischen Gruppen in Afrika. Bei den Menschen, die keine Alternative zur Tierhaltung und Milchwirtschaft haben, sind es die Frauen (meist Analphabetinnen), die für die Produktion und den Verkauf der Milch zuständig sind. Diese Tätigkeit ist somit ihre einzige Möglichkeit, Einkommen zu erzielen. Foto: UNICEF Ethiopia. Quelle:Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).

9. Rinderherde (von hinten fotografiert). Foto: BANITAtour. QuellePixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

10. Aktion der Kampagne "Kühe und Bauern nicht verpulvern!" von Aktion Agrar und Attac in Syke, Niedersachsen, März 2016. Foto: Aktion Agrar - Landwende jetzt. >> https://www.aktion-agrar.de/. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-LizenzNamensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).  

Über Aktion Agrar: Aktion Agrar bringt mit kreativen Kampagnen Bewegung in die Agrarwende. Wir streiten für die Zukunft einer bäuerlichen Landwirtschaft, die ökologischer, sozialverträglich und tiergerechter arbeitet. Ob gegen Lebensmittelverschwendung, gegen Konzentration am Saatgutmarkt oder für faire Milchpreise – mit der Kombination aus Online-Protest und ausgefallenen Straßenaktionen kämpfen wir gegen die Macht von Agrarkonzernen an und machen Druck für eine andere Agrarpolitik, in Deutschland und Europa. >> https://www.aktion-agrar.de/.

11."Bauerhöfe statt Agrarfabriken!" - "Höfesterben stoppen, bäuerliche Betriebe sichern!" - "Bäuerliche Milchbetriebe sind wichtiger als Exportgewinne!". Vor dem Schweriner Agrarministerium demostrieren die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft zusammen mit der Kampagne "Kühe und Bauern nicht verpulvern" von Aktion Agar und Attac für die Stärkung bäuerlicher Milchviebetriebe. April 2016. Foto: Aktion Agrar - Landwende jetzt. >> https://www.aktion-agrar.de/. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-LizenzNamensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).  

12. LUST auf MILCH - MILCHTROPFEN (Großaufnahme). Foto: Christian Kothe. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-ND 2.0).

13.Cover des GesamtberichtesDeutschland und die globale Nachhaltigkeitsagenda – Großbaustelle Nachhaltigkeit“, der am 5. September 2017 erschien und unter 2030report.de verfügbar ist.

Über Fleisch: Industrieprodukt auf unserem Teller

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Le Monde diplomatique ist die weltweit größte Monatszeitung für internationale Politik, die kritisch die Folgen und Zusammenhänge der Globalisierug sowie ökonomische und soziale Verteilungskonflikte beleuchtet.


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Der nachfolgende Artikel erschien in Le Monde diplomatique Nr. 9647 vom 11.11.2011, Seite 1,12-13. Die Verfasserin ist die türkisch-deutsche Schriftstellerin, Publizistin und Journalistin Hilal Sezgin (* 1970 in Frankfurt am Main). Informationen über sie findet man beiWikipediaund auf ihrer eigenenWebseite.
 



Über Fleisch

Industrieprodukt auf unserem Teller 


von Hilal Sezgin


Der vielleicht größte Mythos im Zusammenhang mit dem Fleischverzehr ist der seiner Natürlichkeit. Es sei natürlich, dass der Mensch Fleisch esse. Es ist scheinbar selbstverständlich. Zur Illustration wird gern auf die frühsteinzeitliche Jäger-und-Sammler-Gesellschaft verwiesen, ungeachtet der Tatsache, dass einige von deren Gepflogenheiten uns heute schaudern machen: Frauenraub zum Beispiel, Menschenopfer oder das Aufbewahren menschlicher Skelettteile zwecks Ahnenverehrung. Vor allem aber ist der Rekurs auf den frühen Jäger und die in der Höhle wartende Gefährtin (sie hat derweilen ein paar lumpige Beeren gesammelt) deswegen verblüffend, weil die oft tagelange gemeinschaftliche Jagd mit ungewissem Ausgang nichts weniger ähnelt als dem recht gefahrlosen Gang in den Supermarkt. Beide Tätigkeiten und die damit verbundenen Sinneseindrücke entstammen unterschiedlichen Welten; es ist fraglich, ob der Steinzeitmensch, wenn man ihm ein in Folie verpacktes Tiefkühlhuhn in die Hand drückte, sofort etwas damit anzufangen wüsste.

Sobald es aufgetaut wäre, würde es sich der Steinzeitmensch gewiss erfreut zuführen wie jedes andere unverhofft am Wegesrand gefundene Stück Kadaver; doch in dieser Rolle, also als Aasfresser, sieht sich der moderne Fleischkonsument ja auch wieder nicht! Trotzdem gelingt dem Supermarktkunden die – im Grunde auch nicht wenig beachtliche – Kulturleistung, das an weit entfernten Orten unter industriellen Bedingungen und mit einer Menge chemischer Zusätze hochgepäppelte Stück Leben, das hunderte Kilometer transportiert, in eine Kette eingehängt, per Stromschlag im Wasserbad betäubt und dann geschlachtet wurde und ihm selbst erstmals als eisige, steinharte Substanz entgegentritt, als etwas wahrzunehmen, das dem ähnelt, was der entfernte Vorfahr erjagt hat.

Wozu nun dieser imaginäre Exkurs in Steinzeitwelt und Supermarkt? Um darauf hinzuweisen, dass man den heutigen Fleischkonsum für vielerlei halten kann: lecker, weit verbreitet, bequem, unappetitlich, ungesund, gesund, zivilisiert, barbarisch et cetera. Nur eines ist er eben nicht: „natürlich“. Welches Fleisch wir essen, wie wir daran gelangen, wie wir es zubereiten und sogar wie es – immerhin ein Produkt organischen Ursprungs – überhaupt gewachsen ist, all dies ist Ergebnis spezifischer und historisch äußerst wandelbarer menschlicher Praktiken. Doch der Vorteil der gängigen Betrachtung liegt auf der Hand: Was als natürlich gilt, ist von vornherein jeder Notwendigkeit zur Rechtfertigung enthoben, muss gesellschaftlich scheinbar nicht verhandelt werden, ist unserem moralischen und politischen Urteilen weitestgehend entzogen. Genau aus diesem moralfreien Raum haben Bücher wie Jonathan Safran Foers „Tiere essen“ und Karen Duves „Anständig essen“ den heutigen Fleischverzehr heraus- und in die öffentliche Arena gezerrt. Es muss sich nicht mehr allein der Vegetarier verteidigen, warum er sich zu seinen „absurden“ Ernährungsgewohnheiten verstiegen hat, sondern auch der Fleischesser ist mit Argumenten konfrontiert.

Und eben mit Fakten. Nicht zufällig schenken die erwähnten Bücher dem empirischen Herstellungsprozess des Fleisches mehr Aufmerksamkeit als dem abstrakten ethischen Für und Wider. Viele, ja die allermeisten Menschen mögen es grundsätzlich in Ordnung finden, Tiere zu Nahrungszwecken zu züchten und zu töten. Doch wie dieser Teil der Nahrungsproduktion tatsächlich praktiziert wird, nämlich per Massentierhaltung, hält kaum ein informierter Konsument für ethisch vertretbar. Bezüglich der Ablehnung der Massentierhaltung hat sich ein gesellschaftlicher Konsens herausgebildet, der bislang allerdings weder Alltags- noch Rechtspraxis geworden ist. Wir alle wissen ja: So wenig wie mit der steinzeitlichen Jagd hat die heutige Fleischproduktion mit jenen idyllischen Bauernhöfen gemeinsam, die die Ausmal- und Wimmelbilder unserer Kinder füllen. Was man über die Wirklichkeit erfährt – indem man eine Fernsehreportage über Hühnerfabriken sieht oder auf der Autobahn an einem Schweinetransporter vorbeifährt –, muss man schnell verdrängen, weil sich ein solches Ausmaß von Leid und Schrecken schwer aushalten lässt.

Wer sind nun diese Schweine im Lkw? Sie sind Säugetiere, empfindungsfähige Organismen, natürliche Lebewesen – und sind es nicht. Es wurde oben bereits angedeutet, dass sogar das Wachstum des Nahrungsmittels Fleisch kein rein natürlicher Vorgang ist. Auch mit klassischer Landwirtschaft hat die heutige Intensivtierhaltung wenig zu tun, vielmehr ist sie Hightech-Industrie mit Tieren. In industriellen Prozessen werden diejenigen Vorgänge von Lebewesen, die technisch vom Menschen noch nicht hervorgebracht werden können, deren Effekte aber gewünscht sind, in einen so weit wie möglich industrialisierten Produktionsprozess eingebaut. Zucht, Besamung, Fütterung, Haltung – in sämtlichen Phasen des Nutztierlebens führt der Mensch längst über die Natur Regie. Wenn das nur dieses eine, bis heute noch nicht ganz kontrollierbare Moment wäre, dieser verflixte Funke Leben! Doch diesem „Leben“ ist eben nur noch eine Nebenrolle zugewiesen in der heutigen Frankenstein-Industrie, die sich der eigenmächtigen und eigennützigen Planung und Erschaffung von Lebewesen verschrieben hat und auf diese Weise Fleisch, Eier und Milch für bereits ein bis zwei Milliarden von Menschen produziert.(1)

Wer sich mit der modernen Agrarindustrie beschäftigt, den wird eines am stärksten verblüffen: die Beobachtung, dass heutige Ställe nicht mehr rund um die Tiere, sondern vielmehr die Tiere passend für die Haltungssysteme „designt“ werden. Aus diesem Grund ist die tierschützerische Forderung nach besseren Haltungsbedingungen zwar völlig richtig, ihre Erfüllung allein würde aber leider nicht genügen. Denn fast sämtliche heutigen Nutztierrassen sind derart auf Effizienz gezüchtet, dass ihr Organismus darunter leidet. Sie sind anfällig für Störungen im Knochenbau, das Skelett kann mit dem Muskelwachstum nicht Schritt halten, sie neigen zu Stoffwechselstörungen, Flüssigkeitsansammlungen in der Bauchhöhle, chronischen Entzündungen überbeanspruchter Organe – oder gleich mehreren solcher Symptome auf einmal.(2)  Entsprechende Verhaltensstörungen kommen hinzu. Versuche haben gezeigt, dass Masthähnchen offenbar aufgrund ihrer chronischen Schmerzen die erhöhten Sitzstangen in ihrem Stall ohne Gabe von Schmerzmitteln gar nicht mehr erreichen konnten.(3)  Und damit die zur Weiterzucht verwendeten Elterntiere solcher Mastgeflügelrassen überhaupt fortpflanzungsfähig sind (und nicht zu groß, schwer oder plump), muss ihnen Futter vorenthalten werden, weswegen sie permanent hungern und Verhaltensauffälligkeiten zeigen.(4)

Auch dies mutet paradox an vor dem Hintergrund unterstellter „Natürlichkeit“ – da wir doch gemeinhin annehmen, anders als das Kulturwesen Mensch vollziehe ein Tier sein Leben „nur“ in der Befriedigung überschaubarer natürlicher Grundbedürfnisse. Doch bereits diese basalen tierischen Verhaltensweisen sind eben durch die Zucht immens eingeschränkt: die Bewegung, die Futteraufnahme, das Sozialverhalten – und die Fortpflanzung natürlich auch. Bei Hühnern ist die Zuchtwahl dermaßen weit fortgeschritten, dass heutige Hybridrassen nur noch entweder für Eier- oder für Fleischproduktion geeignet sind. Das Erbgut und Know-how entsprechender „Zuchtlinien“ liegt weltweit in der Hand weniger Firmen, die für ihre „Produkte“ exakt angeben, wie viele Eier eine durchschnittliche Henne im ersten Jahr legen wird, wenn sie soundso viel Gramm eines bestimmten Futters bei soundso vielen Stunden Licht et cetera erhält. Eine streng geregelte Kette von Großelterntieren, Elterntieren, Brütereien und Aufzuchteinrichtungen gewährt die „gleichbleibend hohe Qualität“ – des Produkts Tier.(5)


Hühnerschlachtsystem für Indien

Auch bei einem Säugetier wie dem Rind steuert die moderne Reproduktionstechnologie längst alles außer dem Wachstum innerhalb der Gebärmutter. Durch das strenge Überwachen einzelner Zuchtparameter wurde und wird nicht nur die Milchmenge kontinuierlich gesteigert, sondern auch der Eiweiß- und Fettbedarf der Milch je nach den Bedürfnissen des Marktes variiert. Künstliche Besamung ist Standard, zusätzlich werden inzwischen auch In-vitro- und In-vivo-Verfahren eingesetzt. Bei der In-vivo-Methode wird der Eisprung hormonell angeregt, später werden die Embryonen herausgespült, unterm Mikroskop begutachtet und in Behältern mit flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius zu den Empfängertieren transportiert. Dank solcher Embryonen und jährlich etwa 2,5 Millionen verschickter Portionen Sperma verspricht die niedersächsische Firma Masterrind GmbH ihren Kunden „die Sicherheit maßgeschneiderter Qualität“.(6)

Die extreme Leistungssteigerung hat dazu geführt, dass heute zwei Drittel der Milchkühe vorzeitig aufgrund von Sterilität, Stoffwechselkrankheiten und Eutererkrankungen geschlachtet werden müssen.(7)  Die Häufigkeit der chronischen (und schmerzhaften) Eutererkrankung bei der Kuh schätzen Tierärzte auf 40 Prozent. Wie mir ein schleswig-holsteinischer Rinderzüchter erklärte, züchten er und seine Kollegen daher derzeit nicht nur auf noch mehr Eiweiß, sondern eben auch „auf gesunde Euter und gute Beine“. Ich fragte nach, was mit „guten Beinen“ gemeint sei. Nun, schließlich komme man immer mehr von der ausschließlichen Anbindehaltung ab, bei der die Kühe einzeln auf ihrer Standfläche fixiert werden und ihr Futter vorgelegt bekommen.(8)  In Lauf- oder Boxenställen dagegen müssen sich die Tiere selbst zum Futterplatz und zum Melken bewegen. „Die Tiere müssen also wieder gehen können“, formulierte es der Rinderzüchter. So erklärt sich, dass bei einem vierbeinigen Landsäugetier „gute Beine“ zum Zuchtziel werden, damit es die Fähigkeit zur eigenständigen Fortbewegung (zurück-)erhält. Und dazu wird Sperma in stickstoffgekühlten Röhrchen verschickt.

Nun könnte man einwenden: Während wir in Europa Bedenken wälzen, ob wir aus Tierschutzgründen weniger Fleisch, Eier und Milch essen sollten, versuchen Menschen in anderen Teilen der Welt erst einmal, sich der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Kalorienmenge von unten zu nähern. Sobald dies gelingt und Einkommen und Lebensstandard steigen, werden auch mehr Milch, Eier und Fleisch konsumiert. So hat sich der weltweite Fleischverbrauch allein in den Entwicklungsländern von 1963 bis 1999 mehr als verdoppelt.(9)  Die Milchproduktion in Schwellenländern in Asien und Lateinamerika hat eine Steigerungsrate von circa 3 Prozent, die der Eierproduktion von 2 Prozent – jährlich.(10)  Es handelt sich, könnte man den Eindruck bekommen, um eine Entwicklung analog zur weltweiten Verbreitung des Autos. Die Bewohner der Industrienationen verpesten schon seit Jahrzehnten mit ihren Abgasen die Luft – sollen deswegen Chinesen auf ewig nur Fahrrad fahren? Wollen wir der langen Reihe unserer kolonialistischen Exporte nun auch noch unsere neu entdeckten moralischen Skrupel hinzufügen, denen zufolge der Rest der Menschheit vegetarisch zu leben habe?

Auch hier begegnet uns übrigens die Idee der Natürlichkeit oder Selbstverständlichkeit des Fleischessens (und Verzehrs anderer tierischer Produkte). In vielen Veröffentlichungen wird der Zusammenhang zwischen steigendem Lebensstandard und steigendem Konsum als gleichsam zwangsläufige, sich selbst erklärende Entwicklung dargestellt, kann beispielsweise knapp lauten: „Während die Green Revolution eine konzertierte politische und wissenschaftliche Antwort auf rasch wachsende Bevölkerungen war, wird die Livestock Revolution, die sich derzeit in den Entwicklungsländern vollzieht, vom Steigen der Einkommen und der weltweiten Mittelklasse vorangetrieben.“(11)  Das ist einerseits nicht falsch, andererseits aber, wie im Folgenden gezeigt werden soll, nicht die ganze Wahrheit.

Was bezeichnen überhaupt die Wörter „Green Revolution“ und „Livestock Revolution“? Das Erstere meint die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion von Getreide und Feldfrüchten mittels des Einsatzes von Kunstdünger, Pestiziden und neuen Züchtungen von den 1940ern bis Ende der 1970er. Analog dazu heißt Livestock Revolution („livestock“: Englisch für Nutztier) die in den 1980er Jahren einsetzende Technisierung und Effizienzsteigerung bei der Produktion tierischer Nahrungsmittel. Während allerdings inzwischen bekannt ist, dass die Segnungen der Green Revolution auch mit diversen Flüchen wie DDT-Katastrophen und der Quasimonopolisierung des Saatguts erkauft waren, weckt der Begriff der Livestock Revolution noch deutlich weniger (und weniger negative) Assoziationen.

Zu den Ländern, in denen sich diese „Revolution“ vollzieht, zählt Indien, das auch deshalb besonders interessant ist, weil es für seine lange vegetarische Tradition bekannt ist. 20 bis 30 Prozent der Inder leben vegetarisch.(12)  Weit verbreitet ist immer noch die Ablehnung von Rindfleisch, dafür wird stärker auf Büffelfleisch zurückgegriffen. Außerdem boomt die Produktion von Eiern und von Hühnchenfleisch mit einer Steigerungsrate von jährlich 8 Prozent.(13)  Bisweilen wird Huhn als gute Möglichkeit angepriesen, mit dem der „einfache Mann“ Speiseplan und Einnahmequellen ergänzen könne. Allerdings stellt sich bei einem näheren Blick auf die Produktion des Hühnchenfleisches heraus, dass die Produzenten und ersten Nutznießer des gestiegenen Hühnchenfleischkonsums mitnichten Kleinbauern sind, die sich ein paar Hühner halten;(14)  sondern man trifft in der indischen Hühnchenproduktion auf exakt dieselben Global Player mit Intensivtierhaltung, die man schon aus europäischem Rahmen kennt.

Weil die Hühnerzüchtung und -produktion weltweit auf eine Handvoll Firmen konzentriert ist, sollen hier kurz zwei von ihnen benannt werden. Erinnern wir uns, dass die Hühnerzucht in Legehennen und Masthähnchen (eigentlich: Masthühner beiderlei Geschlechts) unterteilt ist. Zu den weltweit größten Produzenten von Masthähnchen gehört die PHW-Gruppe (nach Paul-Heinz Wesjohann), die unter anderem, aber längst nicht nur die Firma Wiesenhof kontrolliert. Dem Bruder Erich Wesjohann wiederum gehört die EW Group unter anderem mit den Firmen Lohmann (Weltmarktführer für Legehennen) und Aviagen (Genetik in der Geflügelzucht).(15)  Beide Unternehmen agieren weltweit und arbeiten dabei, grob gesagt, mit dem Prinzip der Lizenzvergabe und der vertikalen Arbeitsteilung. In vielen, nicht allen Fällen verbleiben die Großelterntiere und deren wertvolles Genmaterial in der Hand der Firma selbst, die dann Bruteier an Fremdfirmen liefert;(16)  diese Firmen lassen die nächste Generation ausbrüten, geben sie eventuell weiter zu Aufzucht und Mast; für die Schlachtung gehen die Tiere manchmal an die erste Firma zurück. Es handelt sich um ein flexibles, überall einsetzbares System, mit dessen Hilfe viele Risiken und ein Großteil des Preisdrucks an andere Firmen weitergegeben werden können. Die Gewinnmargen für die anderen beteiligten Firmen sind äußerst knapp kalkuliert.(17)

Eine solche Fremdfirma, die mit beiden Wesjohann-Unternehmensgruppen (also sowohl in der Eier- als auch der Hühnchenproduktion) kooperiert, ist Suguna Poultry, die 1984 von zwei indischen Unternehmern gegründet wurde. Deren Website leuchtet in wunderschönen warmen Farben, die Slogans stehen dem nicht nach. „We dream for a healthier, happier India“, heißt es, und man verfolge „a vision to energise rural India“. Das passt gleichermaßen gut zur erklärten Firmenphilosophie der EW-Group („think globally, act locally“) wie zur Überzeugung von Paul-Heinz Wesjohann: „Ich bleibe dabei: Die moderne Geflügelzucht ist eine große soziale Tat.“(18)

Von der einen Unternehmensgruppe bezieht Suguna Poultry die Masthühner, von der anderen die Legehennen. So wurde Suguna Poultry die „unangefochtene Nummer eins im indischen Geflügelgeschäft“; vor zwölf Jahren machte die Firma 29 Millionen Euro Umsatz, heute sind es 570 Millionen.(19)  Ein Netz von 15 000 Bauern arbeitet für die Firma, und es werden mehr angeworben. Zu den Hähnchenställen gesellen sich Zuchtanlagen, Brütereien, Laboratorien und Futtermühlen. Derzeit produziert Suguna Poultry wöchentlich 7 500 000 Masthähnchen vom Typ Ross 308(20)– ein Huhn, dessen „Bedienungsanleitung“ 100 Seiten umfasst;(21)  als Legehenne wird Lohmann LSL-LITE eingesetzt, „ein Huhn mit spezieller Genetik für den indischen Markt“. Bei diesen Hightech-Hühnern ist alles genauestens aufeinander abgestimmt: Wie sie gehalten werden, welches Futter sie benötigen, wie sie (gerade in wärmeren und feuchteren Gefilden) motiviert werden können, genug Wasser aufzunehmen, denn: „Ein Huhn, das nicht trinkt, nimmt auch kein Futter auf.“(22)  Nimmt es aber weniger Futter auf als in den Unternehmenslaboren berechnet und in der Anleitung angegeben, produziert es weniger als erhofft und kostet eventuell sogar mehr, als es liefert.(23)  Das Huhn entpuppt sich also als eine Art Danaergeschenk wie jene Puppe, die Michael Endes Figur „Momo“ geschenkt bekommt; erst nach und nach versteht Momo, dass diese Puppe auch nach bestimmten Kleidern, Spielzeug und einem Gefährten verlangt. Im Falle der Hühner (die allerdings von vornherein bezahlt werden müssen) kommen also Futter, Käfig, auch spezielle Impfungen hinzu. Sie sorgen dafür, dass ein Bauer, der direkt oder über Suguna Poultry einen „exklusiven Distributorenvertrag“(25)  mit den niedersächsischen Unternehmen abgeschlossen hat, nicht ohne das restliche Paket auskommen wird.

So entstehen – nicht nur beim Huhn, sondern auch bei anderen modernen Hochleistungstieren – überall neue Absatzmärkte für weitere europäische Firmen. Futtermittel und Impfstoffe wurden schon erwähnt. Haltungssysteme (darunter auch die in der EU verbotene herkömmliche Hühner-Käfighaltung) liefert weltweit die in Vechta angesiedelte Firma Big Dutchman, die ein Patent zur automatischen Fütterung von Legehennen besitzt. Und auch die Milchkühe, deren Sperma wie oben beschrieben weltweit versandt wird, funktionieren in der Ferne wie Momos Puppe. Die Firma Siemens installiert dann die Technik der indischen Großmolkerei Vadushara Dairy; eine schwedische Firma beteiligt sich an der ersten Milchfarm in Kambodscha; eine spanische Firma liefert weltweit die Apparaturen für die Klauenpflege von Kühen. Damit die später gewonnenen Produkte überhaupt erst transportiert werden können, müssen in den betreffenden Ländern Verpackungsmöglichkeiten, Transportsysteme und Kühlketten aufgebaut werden. Also investieren deutsche und andere Firmen in Lkws und Kühlsysteme; überall sind im Rahmen der Green Revolution Know-how und Geld aus Europa und Nordamerika gefragt.

Doch was heißt eigentlich, dass etwas „gefragt“ sei? Wer bittet hier wen um Kooperation, und ist es nicht vielmehr oft so, dass Geld und Technologien in andere Märkte „eindringen“, sie „erobern“ oder gar erst generieren? Wiederum ist Indiens Beispiel aufschlussreich, weil es daran erinnert, dass mit dem Produkt totes, tiefgefrorenes Huhn allein nicht viel anzufangen wäre. Traditionell wurden Hühner in Indien lebend auf dem Markt gekauft und in der Nachbarschaft geschlachtet, was aus hygienischen Gründen auch gar nicht anders möglich war. Heute muss ein geschlachtetes Tier frisch gehalten und zu potenziellen Endabnehmern transportiert werden. Schließlich braucht es auch neue Arten der Verwertung, sprich Restaurants, Gewohnheiten und Rezepte. Nicht zufällig bietet Suguna Poultry auch Fertiggerichte an.

Nur das ärmste Fünftel der Weltbevölkerung, dem täglich 1 Dollar oder weniger für Nahrung zur Verfügung steht, wird auch dieses Angebot wohl nicht erreichen. So überlegt die zur EW Group gehörende Firma Aviagen: „Die Vermarktung von Hähnchenfleisch an diese Menschen ist aus offensichtlichen Gründen schwierig. Die einzige Gelegenheit, diesem Fünftel Chicken nahe zu bringen, ist durch den Verkauf von Hähnchenfleisch an Organisationen, die Nahrungsmittelhilfe vergeben.“(26) Es ist hier leider nicht der Platz, Milchpulverlieferungen in die Dritte Welt und ähnliche Phänomene zu diskutieren. Nur so viel sei gesagt: Zumindest auf dem Milchmarkt hat die Firma Danone einen direkten Weg zu den Portemonnaies der Ärmsten gefunden. An Niedrigverdiener in Indonesien hat die Firma erstmals 2004 Joghurt in 70-Gramm-Fläschchen für umgerechnet 10 Cent verkauft und 2009 in Senegal speziell für die unterste Einkommensgruppe den Trinkjoghurt Dolima (Wolof für: „Gib mir mehr“) kreiert.(27)


Danone Trinkjoghurt für Senegal

Zugegeben: Aus hinreichender Distanz betrachtet ist alles trivial, was über solche Mechanismen der Weltwirtschaft gesagt werden kann. Selbstverständlich suchen europäische Investoren internationale Absatzmärkte. Selbstverständlich generieren sie diese Märkte selbst mit. Europäische Regierungen stehen ihnen dabei zur Seite. Doch dies ist eben nicht dasselbe „Selbstverständlich“, mit dem man zunächst unbefangen nicken wird, wenn man hört, dass steigender Wohlstand weltweit auch mehr Bedarf an Fleisch, Eiern und Milch generiert. Kein Senegalese muss Danone-Joghurt trinken; kein indischer Städter braucht ausgerechnet Sugunas Home Bites’ Spaghetti Bolognese vom Huhn.

Japans Bewohner – die sich zum Bedauern der europäischen Milchindustrie weigern, ihren Trinkmilchkonsum weiter zu steigern – kämen notfalls auch ohne die Pizzerien und Schnellrestaurants aus, die europäischen Produzenten immerhin weitere Absätze für Käse und Schmelzkäse garantieren.(28) Solcher Bedarf erwächst nicht gleichsam organisch aus dem Wohlstand, sondern er wird aus einer Kombination von „harten“ Mitteln von Kapital und Politik sowie „weicheren“ kulturellen Prozessen generiert: von Investitionen, Technologietransfer, Exportsubventionen, Freihandelsabkommen; von Ernährungsberatung, Internet, Reisen und Bildern vom westlichen Lebensstil.

Nun lässt sich auch aus umwelt- und entwicklungspolitischen Perspektiven vieles gegen die Livestock Revolution einwenden, doch in diesem Text sollen einmal nicht die Folgen für den Menschen, sondern die für das Tier im Vordergrund stehen. Ein Fehlschluss muss dabei vermieden werden: Auch die traditionelle Tierhaltung war und ist für Tiere keine Erquickung. Weder leben die Kühe auf Indiens Straßen „glücklich“, noch das Huhn, das auf einem afrikanischen Fahrradgepäckträger transportiert wird. Allerdings kommt der Frankenstein-Industrie – und dem dahinterstehenden Verbund aus ökonomischen Interessen und wissenschaftlichen Kompetenzen – das zweifelhafte Verdienst zu, das Grauen sowohl quantitativ wie qualitativ um ein Vielfaches gesteigert zu haben. Quantitativ, weil ohne die moderne Effizienzsteigerung ein solch hohes Niveau des Konsums von Fleisch, Milch und Eiern gar nicht zu erreichen wäre; und qualitativ, da wie oben beschrieben wirklich jede einzelne Lebensphase der involvierten Tiere zu einer Qual eigener Art umgewandelt wurde.

Nicht erst die Schlachtung, nicht erst der Transport sind qualvoll (die Dauer beider wird übrigens in den industriellen Prozessen zumeist wesentlich verlängert). Sondern auch die Reproduktion, der (meist vorenthaltene) Umgang mit dem Nachwuchs, ja sogar die Nahrungsaufnahme (die zwar dem wirtschaftlichen Ergebnis, nicht aber den subjektiven Bedürfnissen der Tiere entspricht); das Stehen und Liegen, das Bewegen – falls überhaupt möglich. Haben frühere Philosophen das Tier noch durch die unspektakuläre Freude charakterisiert gesehen, der Bedürfniserfüllung zu frönen und im eigenen Körper „zu Hause“ zu sein, hat die Intensivtierhaltung den Tieren das meiste dieses schlichten Soseins und Wohlgefühls nicht erst mit den Haltungsformen, sondern oft bereits mit der Züchtung genommen.

Vermutlich kann man es dem Kulturwesen Mensch nicht verdenken, dass es versucht ist, die widerspenstigen Elemente der Körperhaftigkeit auch anderer Spezies einem gewissen Schöpfungseifer zu unterwerfen. Das allein müsste nicht gleich katastrophal sein. Im Falle der weltweit operierenden Frankenstein-Industrie allerdings lassen sich die vielen Qualen und Grausamkeiten, die restlose Ausbeutung des Tiers für jeden ethisch nicht weiter qualifizierten Konsum und schließlich auch die Entfremdung des Menschen von anderen Spezies nicht schönreden. Hier hat der Mensch seine Intelligenz, seine Erfindungsgabe und besonders seine Fähigkeit, die Prinzipien des Lebens zu erforschen und zu variieren, denkbar schlecht genutzt.
 



Fußnoten:


(1)  Weltweit werden jährlich circa 56 Milliarden Tiere verzehrt (vermutlich sind, wie bei den meisten Schätzungen dieser Art, nur Landwirbeltiere berücksichtigt). 67 Prozent des Geflügelfleisches, 50 Prozent der Eier und 42 Prozent des Schweinefleisches weltweit stammen aus der Massentierhaltung. Livestock’s Longs Shadow, FAO 2007.

(2)  Siehe die Beiträge von Bernhard Hörning und Lars Schrader bei der Veranstaltung „Wenn die Zucht zur Qual wird“, am 23. Mai 2011: www.gruene-bundestag.de/cms/tierschutz/dok/384/384370.wenn_die_zucht_zur_qual_wird.html

(3)  Bernhard Hörning, „Auswirkungen der Zucht auf das Verhalten von Nutztieren“, Kassel (University Press) 2008.

(4)  Michael Erhard, siehe Anmerkung 2.

(5)  Auf seiner Firmenwebsite stellt Weltmarktführer Lohmann Tierzucht die Produktpalette vor: www.ltz.de/produkte

(6)  www.masterrind.com.

(7)  Bernhard Hörning (Hochschule Eberswalde) in „Wenn die Zucht zur Qual wird“, siehe Anmerkung 2.

(8)  Laut Informationen des Deutschen Tierschutzbundes werden bislang noch über ein Drittel aller Kühe in Anbindehaltung gehalten. Auch wenn Anbindehaltung ein klarer Fall von nicht artgerechter Haltung ist, heißt das noch nicht, dass Boxenställe dem Bewegungsdrang des Tiers gerecht werden.

(9)  Weltagrarbericht der Zukunftsstiftung Landwirtschaft e. V. www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichtes/fleisch.html und Christopher Delgado, „Rising Consumption of Meat and Milk in Developing Countries Has Created a New Food Revolution“, "Journal of Nutrition, Nr. 133, November 2003, S. 3907S–3910S.

(10)  "Elite. Magazin für Milcherzeuger, 22. Juni 2011: www.elite-magazin.de/news/Milch-sprudelt-weltweit-ausser-in-der-EU-498741.html und "Agrarmärkte, Jahresheft 2007, Teilauszug „Eier und Schlachtgeflügel“ aus der Schriftenreihe der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft

(11)  „Livestock Production and the global environment: Consume less or produce better?“, Henning Steinfeld und Pierre Gerber in "Proceedings of the national Academy of Sciences in The United States, 8. Oktober 2010.

(12)  Siehe die diversen im englischen Wikipedia angegebenen Studien: en.wikipedia.org/wiki/Vegetarianism_by_country#India

(13)  Laut Ministry of Food Processing Industries, Bericht 2007–2008. Siehe auch: Economic Research Service/USDA, „India’s Poultry Sector: Development and Prospects“, WRS-04-03. Laut dem Informationsdienst Maier +Vidorno GmbH (mv-group.com) 2008 hat der Verzehr von Geflügelfleisch einen Anteil von 50 Prozent am jährlich um 11 Prozent wachsenden Fleischkonsum.

(14)  Insbesondere die „einfache Frau“ übrigens gerät dabei oft ins Hintertreffen, siehe "Info Resources Focus, 1/2007: „The Livestock Revolution: An Opportunity for Poor Farmers?“

(15)  Firmenrechtlich: PHW-Gruppe Lohmann & Co. AG und EW Group GmbH.

(16)  Heutige Hühnerhybriden sind so gezüchtet, dass sich die gewünschten Eigenschaften in der nächsten Generation verlieren. Die Firmen besitzen also ein „eingebautes biologisches Patent“, Franciso Marí und Rudolf Buntzel, „Das globale Huhn. Hühnerbrust und Chicken Wings – Wer isst den Rest?“, Frankfurt am Main (Brandes & Apsel) 2007.

(17)  Und zwar zwischen 0,134 und 0,25 Euro pro Tier laut Franciso Marí und Rudolf Buntzel, siehe Anmerkung 16.

(18)  "Welt am Sonntag, 22. März 2009.

(19)  "Lohmann Poultry News, 3/2010.

(20)  www.sugunapoultry.com/farmers/parent_stock/breed.asp.

(21)  Marí/Buntzel, siehe Anmerkung 16.

(22)  "Lohmann Poultry News, 3/2010.

(23)  Besonders unbeeinflussbare Faktoren wie Klima, Dürre und dadurch bedingte Futterknappheiten können zur Gefahr werden, "Info Resources Focus, 1/2007

(24)  "Lohmann Poultry News, 3/2010.

(25)  Aus einer Firmenveröffentlichung, zitiert nach Marí/Buntzel, siehe Anmerkung 16, S. 86.

(26)  „2009 machte [Danone] 42 Prozent seines Umsatzes in Indien, Indonesien oder afrikanischen Ländern. Vor zehn Jahren waren es noch 6 Prozent.“ "Financial Times Deutschland, 2. Juli 2010.

(27)  www.meine-milch.de/artikel/deutscher-milchmarkt-import-und-exportstrukturen; Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: „Chancen und Herausforderungen für den deutschen Milchmarkt“, 2008.
 



Quelle: "Le Monde diplomatique“, Berlin


Le Monde diplomatique Nr. 9647 vom 11.11.2011, Seite 1,12-13, 642 Zeilen, Dokumentation, Hilal Sezgin - Permanenter Link zum Text

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Pferdefleisch-Skandal: Handel ist Täter, nicht Opfer

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Pferdefleisch-Skandal: Handel ist Täter, nicht Opfer


Angesichts des Skandals um falsch deklariertes Pferdefleisch fordert foodwatch: Es darf sich nicht länger lohnen, zu lügen und zu betrügen. Handelskonzerne haben die Pflicht, sicherzustellen, dass ihre Produkte sicher sind und dass drinsteckt, was draufsteht. Wer das nicht ausreichend überprüft, aber wie Real Milliarden-Umsätze macht, dem muss bei Verstößen eine Strafe in Millionen-Höhe drohen. Erst dann hat ein Konzern ein ausreichend großes Eigeninteresse daran sicherzustellen, dass seine Ware korrekt ist.
 
Inzwischen ist bekannt, dass auch in Deutschland mehrere Handelsketten Lasagne verkauft haben, die Pferdefleisch enthielt. Wenn Handelskonzerne Eigenmarken anbieten, agieren sie quasi als Hersteller – und müssen wie Markenhersteller auch für die Qualität ihrer Produkte gerade stehen. Allerdings sind die Vorschriften für Eigenkontrollen bisher äußerst vage. Unternehmen können kaum strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.


Handel kaum zu belangen

Tatsächlich weiß der Handel genau, dass er strafrechtlich praktisch nicht für den Verkauf nicht verkehrsfähiger Eigenmarken-Ware belangt werden kann. Denn nach heutiger Rechtslage ist der Nachweis, dass die Konzerne wissentlich gehandelt haben, mangels eindeutiger Qualitätssicherungs-Vorgaben so gut wie unmöglich. Die Mitarbeiter der Handelriesen werden sich fast immer darauf berufen können, nichts gewusst zu haben, weil es keine konkreten Pflichtvorgaben gibt, zu untersuchen, ob die Ware ihrer Deklaration entspricht.

Das spezielle Lebensmittelstrafrecht bedroht die falsche, aber medizinisch folgenlose Deklaration der Zutaten mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € für Privatpersonen (§ 10 Abs. 3 LmKV, §§ 60 Abs. 2 Nr. 26a, Abs. 5 Nr. 2 LFGB), wenn die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen, und das Lebensmittel in Verkehr gebracht wird. Diese Strafnormen richten sich also an die gesamte Produktions- und Vertriebskette bis hin zum Einzelhändler. Vorsatz erfordert (wie beim Betrug) das positive Wissen vom Deklarationsfehler; Fahrlässigkeit nur, dass man sich dieser Erkenntnis pflichtwidrig verschlossen hat.


foodwatch fordert spezielle Untersuchungspflichten für Handelskonzerne

Entscheidend ist daher aus Sicht von foodwatch: Handelskonzerne und Markenhersteller müssen speziell zur Untersuchung ihrer Produkte verpflichtet werden, um sicherzustellen, dass die Ware korrekt ist. Bei Verstößen müssen sie zur Verantwortung gezogen werden – und zwar nicht nur zivil- sondern auch strafrechtlich. Denn wenn den Unternehmen nicht nur geringe Bußgelder drohen, die sie aus der Portokasse zahlen können, sondern empfindliche Geldstrafen, die sich am Umsatz orientieren, dann liegt es auch in ihrem eigenen Interesse, nur korrekte Produkte in Umlauf zu bringen.

Eine spezielle Untersuchungspflicht der Handelskonzerne für ihre Eigenmarken-Produkte ist verfassungsrechtlich möglich, weil sie die Untersuchungskosten an die ihnen verpflichteten Hersteller weitergeben können. Außerdem werden diese Händler vom zivilen Produkthaftungsrecht ohnehin schon wie Hersteller behandelt.


Strafen müssen betriebswirtschaftlich weh tun

Eine solche gesetzlich geregelte spezielle Untersuchungspflicht würde folgende Situation erzeugen: Wenn die zuständigen Mitarbeiter eines Handelkonzerns die Ware untersuchen, einen Deklarationsverstoß feststellen und sie trotzdem weiter verkaufen, handeln sie vorsätzlich und können als Betrüger bestraft werden. Wenn sie nicht untersuchen und falsch deklarierte Ware deshalb verkaufen, begehen sie zwar im Regelfall keinen Betrug (es sei denn, sie wussten aus anderer Quelle vom Deklarationsverstoß), aber jedenfalls eine fahrlässige Ordnungswidrigkeit.

Das angedrohte Bußgeld muss so hoch sein, dass ein ertappter Verstoß für den Handelskonzern betriebswirtschaftlich schwerwiegende Folgen hat. Ähnlich wie im Kartellrecht sollten hohe Millionenbeträge als Strafzahlung fällig werden, damit die Lebensmittelhändler aus schierem Eigeninteresse alles tun, um sicherzustellen, dass in ihren Regalen (besonders bei Eigenmarken) nur gesetzeskonforme Artikel zum Verkauf angeboten werden.


Behörden auch bei Betrugsfällen zur Verbraucherinformation verpflichten

Bisher sind die Behörden nicht verpflichtet, die Verbraucher über Täuschungsfälle bei Handel und Herstellern zu informieren. Wären sie verpflichtet, im Sinne des vorsorgenden Verbraucherschutzes auch ihre Kenntnisse über, z.B. aufgrund von Falschdeklaration, nicht verkehrsfähige Ware, umgehend und umfassend zu veröffentlichen, hätten die Verbraucher die Möglichkeit, diese Produkte gezielt zu meiden. Und die verantwortlichen Unternehmen würden sich beeilen, schnellstmöglich Klarheit zu schaffen. Alle Informationen aus dem europäischen Schnellwarnsystem müssen ebenso wie behördeneigene Untersuchungsergebnisse, selbstverständlich auch solche, die Entwarnung geben, sofort veröffentlicht werden. Das schafft Klarheit und hilft, die Interessen der Verbraucher jederzeit bestmöglich zu schützen.

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Spekulation mit Agrarrohstoffen treibt Preise hoch

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Spekulation mit Agrarrohstoffen treibt Preise hoch



Insgesamt sechs Papiere aus den Forschungsabteilungen von Deutscher Bank und Allianz belegen: Entgegen öffentlicher Äußerungen gehen die Unternehmen selbst davon aus, dass Spekulation mit Agrarrohstoffen zu höheren Nahrungsmittelpreisen und damit zu Hunger führen kann. Die Deutsche Bank hat darüber sogar den Deutschen Bundestag belogen.

In einem als „ausschließlich zur internen Nutzung, vertraulich“ gekennzeichneten Dokument des Allianz-Konzerns, das der Verbraucherorganisation foodwatch vorliegt, heißt es: Es sei „doch wahrscheinlich“, dass „spekulative Kapitalströme (…) die Preisentwicklung zumindest verstärkt haben“. In einem weiteren Papier hielt die Forschungsabteilung von Allianz bereits 2008 fest: „Die Preisausschläge an den Agrarmärkten wurden durch spekulative Faktoren nicht ausgelöst, aber verstärkt“.

Deutsche Bank belog Bundestag

Vier Dokumente der Abteilung „DB Research“ zeigen, dass die Deutsche Bank den Deutschen Bundestag über ihre Erkenntnisse belogen hat. Vor dem Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hatte der Chefvolkswirt des Unternehmens, David Folkerts-Landau, am 27. Juni 2012 gesagt: „Es gibt kaum stichhaltige empirische Belege für die Behauptung, dass die zunehmende Bedeutung von Agrarfinanzprodukten zu Preissteigerungen  oder erhöhter Volatilität geführt hat.“ Die Forschungsabteilung der Deutschen Bank dagegen schreibt: „Auch die Spekulation hat zu Preissteigerungen beigetragen.“ Folkerts-Landau könnten die Einschätzungen von „DB Research“ durchaus bekannt sein – er selbst ist der Leiter der Abteilung.

Es ist dies der eigentliche Skandal in der Debatte um das Thema Nahrungsmittelspekulation: Konzerne wie die Deutsche Bank und Allianz wissen ganz genau, welchen Schaden sie mit ihren Finanzprodukten anrichten – aber sie täuschen die Öffentlichkeit, belügen sogar den Bundestag, um weiterhin ohne Skrupel Geschäfte auf Kosten Hungernder zu machen.

DB Research warnt ausdrücklich und unmissverständlich vor den Konsequenzen: „Solche Spekulationen können für Landwirte und Verbraucher gravierende Folgen haben und sind im Prinzip nicht akzeptabel.“

Preissteigerungen "nicht ganz von der Hand zu weisen"

Insgesamt werden in den Papieren von Deutscher Bank und Allianz immer wieder die uneinheitlichen empirischen Erkenntnisse über den Einfluss von Spekulation auf die Preise dargestellt. Die Hauptursache für steigende Preise wird in fundamentalen Entwicklungen (steigende Nachfrage, Biospritproduktion etc.) gesehen. Doch entgegen den öffentlichen Aussagen von Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und Allianz-Vorstand Jay Ralph, die spekulative Finanzprodukte sogar als Instrument im Kampf gegen die Hungerkrise darstellten, gehen die Forschungsabteilungen beider Unternehmen davon aus, dass Spekulation Preisentwicklungen verschärfen kann: Es sei „nicht ganz von der Hand zu weisen, dass die Spekulation übermäßige Preisentwicklungen zumindest fördert“, heißt es in einem Allianz-Papier.

foodwatch fordert Ausstieg – sofort

foodwatch hat die Deutsche Bank und den Allianz-Konzern aufgefordert, sämtliche Finanzprodukte, die auf die Preisentwicklung von Agrarrohstoffen wetten, sofort vom Markt zu nehmen. Schon kurzfristige Preissteigerungen können insbesondere bei chronisch mangelernährten Kindern dauerhafte Schäden verursachen oder zum Tode führen – allein eine Wahrscheinlichkeit für solche Folgen verpflichtet dazu, die exzessive Spekulation aus Vorsorgegründen zu beenden.

Deutsche-Bank-Forscher forderten Regulierung gegen Exzesse

In einem Dokument aus dem Jahr 2010 machten sich die Deutsche-Bank-Forscher sogar noch für politische Eingriffe stark: „Eine stärkere Regulierung auf den Derivatemärkten würde insgesamt einen positiven Beitrag dazu leisten, Exzesse zu vermeiden.“ Geboten wäre das – aber davon ist heute keine Rede mehr.

Alle Zitate aus den Forschungspapieren von Allianz und Deutscher Bank sowie Links zu den Originaldokumentenhier bitte weiterlesen

Stellungnahme von Deutsche-Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau im Deutschen Bundestaghier bitte weiterlesen


Ihr foodwatch-Team



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Schwarz-Gelb beschließt Betrüger-Schutz-Gesetz

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Schwarz-Gelb beschließt Betrüger-Schutz-Gesetz

 

Die gestern Abend vom Deutschen Bundestag beschlossene Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) wird nicht zu einer besseren Information der Verbraucher bei Betrugsfällen führen. Die Regierungskoalition hat in Wahrheit keine Neuregelung vorgenommen, sondern einen Absatz nahezu wortwörtlich wieder in das Gesetz aufgenommen, der bis August 2012 bereits dort stand – und der schon bis dahin nicht dazu geführt hat, dass die Behörden bei Etikettenschwindel und Betrugsfällen über die betroffenen Produkte informieren.
 
Die Koalition hat nichts anderes getan, als einen erst vor einem halben Jahr gestrichenen, bekanntermaßen wirkungslosen Absatz im Lebensmittelrecht zu recyceln – und will dies auch noch als Verbesserung der Verbraucherinformarion verkaufen. Damit betreibt die Regierung selbst Etikettenschwindel. In dem bis zum 31. August 2012 gültigen Gesetz hieß es, dass die Behörden die Öffentlichkeit bei hinreichendem Verdacht auf einen Verstoß gegen das Täuschungsverbot über die betroffenen Produkte informieren „sollen“. Aus drei Gründen hat sich dies als wirkungslos erwiesen:

  • Solange Behörden informieren „sollen“ und nicht „müssen“, nutzen sie diesen Ermessensspielraum, um aus Sorge vor möglichen Schadenersatzklagen der betroffenen Unternehmen Informationen eher nicht zu veröffentlichen.
  • Die Behörden müssen abwägen, ob das öffentliche Interesse an der Information das Geheimhaltung-Interesse des betroffenen Unternehmens überwiegt – dies macht jede Entscheidung pro Veröffentlichung angreifbar und führt im Zweifel dazu, dass die Beamten sich für die Geheimhaltung entscheiden.
  • Vor einer Information der Öffentlichkeit müssen die Behörden die betroffenen Unternehmen anhören – dadurch werden die Verbraucher, wenn überhaupt, erst dann informiert, wenn die betroffenen Produkte schon verzehrt sind.

foodwatch fordert: Behörden müssen informieren „müssen“

foodwatch forderte den Bundesrat auf, die Gesetzesnovelle abzulehnen. Stattdessen müssen Behörden verpflichtet werden, bei Täuschungsfällen wie bei Gesundheitsgefahren ohne Anhörung der betroffenen Unternehmen unverzüglich die Öffentlichkeit zu informieren. Aus der Soll- muss eine Muss-Bestimmung werden, ohne Ermessensspielraum und ohne zeitlichen Verzug bei der Information der Verbraucher.


Hintergrund: Das steht in § 40 Absatz 1 LFGB


Der Bundestag hat gestern mit der Koalitionsmehrheit eine Änderung des § 40 Absatz 1 LFGB beschlossen. Demnach sollen die zuständigen Behörden die Öffentlichkeit unter Nennung von Produktnamen – nach Abwägung von öffentlichem und privatem Interesse und nach Anhörung der betroffenen Unternehmen – informieren, wenn „der durch Tatsachen hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde“.

 

Bis zum 31. August 2012 hatte es in dem Gesetz geheißen, eine Information solle erfolgen, wenn „der hinreichende Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die (…) dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung dienen, in nicht unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde“.


Ihr foodwatch-Team



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Kennzeichnungslücken: Warum Sie immer noch so viele Käfigeier kaufen

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Warum Sie immer noch so viele Käfigeier kaufen

 

Das ist das Problem

Viele Verbraucher lehnen die Haltung von Legehennen in engen Käfigen ab. Doch im Supermarkt wandern Käfigeier oft unerkannt in den Einkaufswagen: versteckt in Nudeln und Backwaren oder als gefärbte Ostereier. Grund ist eine Kennzeichnungslücke. Anders als bei unverarbeiteten, frischen Eiern muss nicht über die Haltungsform informiert werden, wenn Eier als Zutat in Nudeln und Co. stecken, gefärbt verkauft oder im Restaurant serviert werden.


Das ist der Stand

Der Großteil der von Industrie und Gastronomie verarbeiteten Eier stammt aus Käfighaltung. Ob aus klassischer Käfighaltung oder den neuen Kleinvolieren, der Unterschied ist gering: Statt knapp einem DIN-A-4-Blatt pro Tier in der Legebatterie steht den Hühnern in der Kleinvoliere eine Fläche von eineinhalb DIN-A-4-Blättern zur Verfügung. Und obwohl die klassischen Legebatterien eigentlich seit 1. Januar 2012 EU-weit verboten sind, können Eier aus Legebatterien immer noch in Lebensmitteln stecken, denn viele Mitgliedsstaaten haben das Verbot nicht rechtzeitig umgesetzt.

Das fordert foodwatch

foodwatch fordert, dass auch bei verarbeiteten Produkten gekennzeichnet werden muss, wie die Hühner gehalten wurden – ob im Supermarkt oder in der Gastronomie. Dass die Verbraucher eine solche Kennzeichnung wollen, zeigt die Praxis: Seit 2004 muss bei unverarbeiteten Eiern die Haltungsform EU-weit gekennzeichnet werden. Der Absatz von Käfigeiern ist seitdem drastisch zurückgegangen. In einer repräsentativen Emnid-Umfrage sprachen sich zudem 80 Prozent der Verbraucher für eine solche Kennzeichnung aus.



Für Transparenz – gegen versteckte Käfigeier!

Jetzt mitmachen und die Aktion per E-Mail unterzeichnen! – hier bitte klicken


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Fleisch in Schutzatmossphäre: So funktioniert der Sauerstoff-Trick

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Fleisch in Schutzatmossphäre: So funktioniert der Sauerstoff-Trick

Die meisten großen Handelsketten verkaufen Frischfleisch in „Schutzatmosphäre“-Packungen. Dahinter verbirgt sich oft ein hochgradig mit Sauerstoff angereichertes Gasgemisch. Der Effekt: Auch nach Tagen sieht das Fleisch außen rosig-frisch aus. Eine Illusion, denn Sauerstoff macht es gleichzeitig innen zäh und ranzig.

Jedes zweite Stück Fleisch kaufen Verbraucher aus den Selbstbedienungs-Kühltheken von Supermärkten. Hackfleisch und Rinderrouladen, Gulasch und Schweineschnitzel liegen dort geschnitten und portioniert in praktischen Plastikschalen. In genau diesen Plastikschalen entsteht die große Frische-Illusion – einem speziellen Gasgemisch sei dank. Tagelang behält das Fleisch außen eine rosige Farbe, während es innen jedoch schneller altert, zäh und ranzig wird. Die Anbieter nehmen diese Qualitätsverschlechterung in Kauf: Um es besser verkaufen zu können, hübschen sie es optisch auf – und bieten minderwertiges Fleisch an.

„Schutzatmosphäre“ mit kosmetischer Wirkung

Verpackt unter „Schutzatmosphäre“, so heißt das „Zauberwort“ auf vielen Etiketten. Dahinter können sich unterschiedliche Gasgemische verbergen, mit denen die luftdicht abgeschlossenen Plastikschalen gefüllt werden. Ein foodwatch-Labortest zeigt: Die großen Ketten Aldi (Nord), Lidl, Marktkauf (Edeka-Gruppe) und Rewe setzten bei allen untersuchten Fleischprodukten auf ein hochgradig sauerstoffhaltiges Gasgemisch. Der Vorteil für den Handel: Es reagiert mit dem Muskelfarbstoff Myoglobin und erzeugt so eine rötliche Farbe. Ohne diese Reaktion würde Fleisch natürlicherweise zunehmend gräulich-braun werden. Der kosmetische Effekt ist gewollt: Rosig-rotes Fleisch gilt als frischer und lässt sich besser und länger verkaufen.

Staatsinstitut: Fleisch wird „schlagartig zäh und ranzig“

Das ist nicht nur eine Irreführung der Kunden, denen Tage altes Fleisch als optisch schlachtfrisch untergejubelt wird. Denn Fachleute wissen: Der Einsatz von Sauerstoff ist alles andere als unproblematisch. Hochkonzentriert, reagiert er auch mit den Fetten und Eiweißen im Fleisch. Folge sind „vielfältige negative Auswirkungen“, die etwa Wissenschaftler des staatlichen Max-Rubner-Instituts seit längerem als „unstrittig“ beschreiben: „Derartig dem Sauerstoff ausgesetztes Fleisch“ werde „schlagartig ranzig, entwickelt Altgeschmack, erfährt vielfältig stoffliche Umsetzungen der Lipid- und Proteinfraktion und wird zäh“, heißt es in einem Artikel im Branchenblatt „Fleischwirtschaft“ (6/2009). Sogar eine „massive Erhöhung der gesundheitlich als schädlich bekannten Cholesteroloxide“ stellten die Wissenschaftler fest, also die Bildung von „anerkannt toxischen Substanzen mit diversen biologischen Wirkungen, speziell auch im Zusammenhang mit degenerativen Erkrankungsgeschehen, wie Arteriosklerose oder auch Krebs“.

Nur Vermarktungsvorteile

In aller Deutlichkeit kritisiert das Bundesinstitut: „Hinzu kommt, dass keinerlei Notwendigkeit zur Behandlung von Fleisch mit höheren Sauerstoffkonzentrationen besteht, außer einem Vermarktungsvorteil durch Aufrötung erzielen zu wollen.“ Der eigentliche Skandal: Fleischindustrie und Handelsketten kennen das Problem, doch für den eigenen Vorteil nehmen sie die Nebenwirkungen und Risiken für ihre Kunden in Kauf. Ein Anbieter von Industriegasen, die Messer Group mit Sitz in Krefeld, schreibt ganz offen in einer Produktbroschüre über die Wirkung von Sauerstoff: „Verursacht die Oxidation von Fetten / Ölen. Erlaubt das Wachstum von aeroben Bakterien und Schimmel, aber erhält die rote Farbe von Fleisch und hemmt anaerobe Bakterien.“

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Capri-Sonne erhält Goldenen Windbeutel 2013. Reaktionen und Gegenreaktionen

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Capri-Sonne erhält Goldenen Windbeutel 2013.



Reaktionen und Gegenreaktionen


120.000 Verbraucher haben über aggressive Marketingmethoden bei Kinderprodukten abgestimmt – und entschieden: Die Werbung für den Soft-Drink Capri-Sonne ist die schlimmste. foodwatch wollte daher dem Hersteller Wild (SiSi-Werke) am 16. Mai am Firmensitz in Eppelheim bei Heidelberg den Goldenen Windbeutel 2013 für die dreisteste Werbemasche des Jahres verleihen.

Capri-Sonne (in der Geschmacksrichtung Orange) enthält pro 200-Milliliter-Beutel umgerechnet sechseinhalb Stück Würfelzucker und damit mehr als ein gleich großes Glas Fanta Orange. Da der Konsum zuckerhaltiger Getränke ohnehin bereits zu hoch ist und Übergewicht unter Kindern grassiert, forderte foodwatch das Unternehmen auf, alle Werbe- und Marketingaktivitäten zu stoppen, die sich gezielt an Kinder richten.



Capri-Sonne & Co. sind Dickmacher ersten Ranges, das ist wissenschaftlich erwiesen. Dennoch fixt Wild Kinder auf allen Kanälen an, immer noch mehr Zuckergetränke zu konsumieren – im Internet, Fernsehen, in der Schule, bei Sportveranstaltungen und sogar als Kinderbetreuer in Ferienanlagen. In einer ganzen Reihe von Studien ist der Zusammenhang zwischen Soft-Drink-Konsum und dem Risiko für die Bildung von Übergewicht belegt. In Deutschland gelten 15 Prozent der Kinder als übergewichtig, 6 Prozent sogar als fettleibig (adipös). foodwatch fordert daher ein grundsätzliches Verbot der Bewerbung unausgewogener Produkte direkt an Kinder.

Bei der von foodwatch ausgerufenen Online-Wahl zum Goldenen Windbeutel auf www.goldenerwindbeutel.de haben sich vom 18. April bis zum 15. Mai 2013 insgesamt 119.835 Verbraucher beteiligt. Das Ergebnis im Detail:

  • Capri-Sonne von Wild/SiSi-Werke: 51.054 Stimmen / 42,6 %
  • Paula von Dr. Oetker: 26.231 Stimmen / 21,9 %
  • Kosmostars von Nestlé: 24.710 Stimmen / 20,6 %
  • Monsterbacke Knister von Ehrmann: 11.580 Stimmen / 9,7 %
  • Pom-Bär von funny-frisch (Intersnack): 6.260 Stimmen / 5,2 %

Capri-Sonne richtet sich mit einer ganzen Reihe von Marketingaktivitäten direkt an Kinder und sucht dabei gezielt die Nähe zum Sport. Capri-Sonne tritt als Sponsor und Veranstalter von Sportevents für Kinder auf, betreut Kinder in Hotelanlagen, spricht diese gezielt mit einer Internetseite an und macht sie über ihre facebook-Seite zu Markenbotschaftern. Bis Anfang Mai verbreitete der Hersteller zudem werbliches Unterrichtsmaterial an Grundschullehrer, in dem Kindern die Ernährungsempfehlung ausgesprochen wurde, „viel“ Capri-Sonne zu verzehren. Nach der foodwatch-Kritik stoppte Wild die Verbreitung des Materials – ein erster, kleiner Erfolg des Goldenen Windbeutels 2013.

Anders als in den Vorjahren hatte foodwatch beim Goldenen Windbeutel 2013 nicht die Werbelüge des Jahres, sondern die dreisteste Werbemasche bei einem Kinderprodukt gesucht. Nachdem in den Jahren 2009 bis 2012 das Thema Etikettenschwindel im Blickpunkt stand, möchte foodwatch nun das Problem der Fehlernährung bei Kindern und die Verantwortung der Lebensmittelindustrie in den Fokus rücken. Bei einem Marktcheck mit mehr als 1.500 Produkten hat foodwatch 2012 belegt, dass drei Viertel der direkt an Kinder vermarkteten Lebensmittel zur Kategorie der süßen oder fettigen Snacks gehören. Das Angebot folgt einer ökonomischen Logik: Während die Gewinnmargen bei Obst und Gemüse unter 5 Prozent liegen, betragen sie bei Junkfood, Soft-Drinks und Süßwaren bis zu 18 Prozent. Lebensmittelhersteller haben daher ein finanzielles Interesse daran, möglichst viele unausgewogene Kinderprodukte zu verkaufen.

Obwohl foodwatch den fünf nominierten Unternehmen bereits zum Start der Abstimmung einen Besuch beim Gewinner für den heutigen Tag angekündigt und um ein Gespräch angefragt hatte, machte Wild die Schotten dicht. Das Unternehmen lehnte die Annahme des Preises ab. Die Pförtner forderten zunächst Fernsehteams und Hörfunkjournalisten auf, ihre Aufnahmen zu stoppen. Im Pförtner-Häuschen sagten sie den foodwatch-Aktivisten dann unter Ausschluss von Medienvertretern, dass die Geschäftsführung nicht im Hause sei und kein Unternehmensvertreter für ein Gespräch zur Verfügung stehe. Die goldene Windbeutel-Skulptur mussten die foodwatch-Aktivisten wieder mitnehmen: „Wir dürfen keine Gegenstände annehmen“, so die Pförtner. „Wir sollen ausrichten, dass die Deutsche SiSi das Geschenk nicht annimmt.“ Die Aufforderung „Lasst die Kinder mit Zuckerbomben-Marketing in Ruhe“ ließ foodwatch als alternatives „Geschenk“ auf der Straße vor der Pforte zurück.



Die Pförtner händigten lediglich eine schriftliche Stellungnahme aus, in der der Hersteller zwar erklärt, dass er (wie vorgeschrieben) alle Zutaten „vollständig“ und „auf jedem Beutel“ deklariert – aber mit keiner Silbe auf die Kritik am aggressiven Marketing bei Kindern eingeht.


Ihr foodwatch Team


 



Böse, böse Dickmacher

Am 19.05.2013 erschien in der Welt am Sonntag unter dem Titel "Böse, böse Dickmacher" ein Porträt über foodwatch. Nach Auffassung von foodwatch ist der Text in hohem Maße tendenziös, verzerrend und leider auch fehlerhaft. In einer ausführlichen Stellungnahme äußert sich foodwatch zu den Vorwürfen, zu denen die Verbraucherorganisation im Vorfeld der Veröffentlichung größtenteils nicht einmal befragt wurde. Hier die ersten Zeilen des Artikels:
 

Böse, böse Dickmacher

Foodwatch inszeniert sich als David im Kampf gegen eine mächtige Industrie. Dabei übt die kleine Verbraucherorganisation mittlerweile selbst großen Einfluss aus – mit umstrittenen Methoden.

Grau ist der Mittwoch dieser Woche in Heidelberg-Eppelheim. Das winzige Trüppchen Demonstranten am Werkstor des Getränkeherstellers Wild fällt trotzdem auf. Eine Aktivistin steckt in einem Capri-Sonne-Orange-Kostüm und klagt in die Kamera der ARD: "Ich bin ein übersüßer Dickmacher und werde viel zu viel von Kindern verzehrt." Ein junger Mann in knallroter Regenjacke versucht, einen fußballgroßen goldenen Windbeutel an den Pförtner des Unternehmens zu überreichen. Der Mann verweist die Demonstranten unwirsch vom Firmengelände.


bitte lest zunächst den vollständigen Artikel bei WELT.de  - weiter


Als Initiator des Kritischen Netzwerkes halte ich es für enorm wichtig, immer wieder aufzuzeigen, mit welcher Polemik und journalistischen Unkorrektheiten führende (Mainstream-)Medien hierzulande permanent aufrechte Einzelkämpfer und NGOs - wie in diesem Falle foodwatch e.V. – in der breiten Öffentlichkeit vorführen und verunglimpfen. Die wirtschaftlichen Interessen großer Tageszeitungen und anderer Medien sind natürlich legitim und damit auch ein positives, wohlwollendes Verhältnis zu den Werbekunden, aber eine dringend notwendige Verbraucheraufklärung durch sachliche wie nachweisbare Fakten bleibt oftmals auf der Strecke. Und hier kommen wir ins Spiel: partei- und wirtschaftsunabhängige alternative NGOs, Medien und Blogger.

Die offizielle Stellungnahme von foodwatch zum foodwatch-Porträt in der Welt am Sonntag vom 19.5.2013 muss deshalb im KN eine besondere Aufmerksamkeit erfahren und ich bitte alle LeserInnen, sich daraus selbst eigene Gedanken zu machen und mögliche Konsequenzen hinsichtlich Kauf- und Leseverhalten zu ziehen. Den engagierten Frauen und Männern des Vereines foodwatch e.V. gebührt jedenfalls mein Respekt und darf sich eines weiteren medialen Supports durch das Kritische Netzwerk sicher sein.   
 



Stellungnahme zum foodwatch-Portrait „Böse, böse Dickmacher“ in der Welt am Sonntag vom 19. Mai 2013

Berlin, 20. Mai 2013

Wir freuen uns über das Interesse der Welt am Sonntag (WamS) an foodwatch – es ist ja nicht alltäglich, dass ein fünfköpfiges Autorenteam sich mit der Arbeit einer NGO befasst. Dabei haben wir nicht den Anspruch, dass unsere Positionen am Ende von jedem geteilt werden. Selbstverständlich freuen wir uns auch über die notwendige kritische Begleitung, wenn sie fair und nach guter journalistischer Praxis erfolgt. Der am 19. Mai erschienene Text „Böse, böse Dickmacher“ ist jedoch in hohem Maße tendenziös, verzerrend und leider auch fehlerhaft. Viele Faktendarstellungen von Autoren und Zitatgebern halten einer Überprüfung nicht stand, zu den meisten im Text transportierten Vorwürfen ist foodwatch noch nicht einmal befragt worden.

Die Vermutung drängt sich auf, dass da die These des Artikels von Vornherein feststand und durch allzu viel Recherche auch nicht zerstört werden sollte – dies zeigt sich in jeder Passage des Textes und war auch bereits unser Eindruck , als uns in der vergangenen Woche die Anfrage des Redaktions-Hospitanten erreicht hat.

Gern möchten wir eine Reihe von Punkten richtigstellen und geraderücken:


1. Die Fehlerkette beginnt schon beim Aufmacher-Bild, das die WamS aus unserem Presse-Downloadbereich entnommen hat, und der zugehörigen Bildunterschrift: Bei den gezeigten handelt es sich keineswegs, wie die WamS schreibt, um „von foodwatch als ungesund eingestufte Produkte“, sondern schlichtweg um eine von foodwatch unkommentiert gelassene Zusammenstellung von Kinderlebensmitteln, die die Vielfalt von Verpackungsgestaltungen zeigen sollen, mit denen Lebensmittelhersteller Kinder ansprechen. Die angebliche Einstufung als „ungesund“, die bei einigen der abgebildeten Produkte zudem unsinnig ist, ist eine freie Erfindung der Redaktion.

2. Die Autoren erwecken durch ihre reportage-artige Schilderung im Einstieg des Textes den Eindruck, sie wären sie bei der foodwatch-Aktion zur Verleihung des Goldenen Windbeutels bei Capri-Sonne in Heidelberg-Eppelheim dabei gewesen. Tatsächlich war kein Vertreter der Welt oder der WamS vor Ort. foodwatch hätte diese Möglichkeit gern eingeräumt, es gab jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Anfrage für die Teilnahme an der Aktion.

3. Frei erfunden ist die Darstellung, dass am vergangenen Freitag foodwatch-Mitarbeiter „gemeinsam die Resonanz der Windbeutel-Kampagne“ auswerteten – auch wenn die Autoren den Eindruck erwecken, bei einer solchen Besprechung dabei gewesen zu sein, es gab keine solche. Das mag zwar eine Kleinigkeit sein, zeigt jedoch, wie genau es die WamS-Autoren mit der Wahrheit nehmen. Nach einem unangekündigten Überraschungsbesuch des Redaktionshospitanten am Freitagmorgen, der „zufällig in der Gegend“ gewesen zu sein vorgab, hatten sich vielmehr zwei foodwatch-Mitarbeiter die Zeit genommen, Fragen zum Goldenen Windbeutel im Interview mit dem WamS-Hospitanten zu beantworten.

So ungewöhnlich dieses Vorgehen, so ungewöhnlich der gesamte Weg der WamS-Recherchen: Der Redaktionshospitant hatte in der vergangenen Woche in der foodwatch-Pressestelle angefragt, ob er kurzfristig einen Tag im foodwatch-Büro verbringen könne, um Eindrücke zu gewinnen. Solche Besuche machen wir zwar grundsätzlich immer wieder möglich (in der Vergangenheit auch schon für eine Journalistin der Welt), aus zeitlichen Gründen mussten wir dies wegen der Verleihung des Goldenen Windbeutels für die vergangene Woche jedoch absagen. Stattdessen hatten wir wunschgemäß für Freitag ein Telefonat zum Goldenen Windbeutel in Aussicht gestellt. Daraus wurde dann der beschriebene Überraschungsbesuch und im Anschluss eine Reihe von E-Mails, in denen der Redaktionshospitant foodwatch mit verschiedenen Vorwürfen in Form von Zitaten konfrontierte, über deren Urheber er größtenteils noch nicht einmal informiert war. Zu allen Fragen und Vorwürfen haben wir ausführlich mit Stellungnahmen geantwortet, was nur zu einem geringen Teil redaktionell berücksichtigt wurde. Zum Großteil der im Text genannten Kritikpunkte und Vorwürfe wurde foodwatch jedoch gar nicht erst um Stellungnahme gefragt. Dies widerspricht nicht nur den Grundregeln journalistischen Arbeitens, sondern führt auch zu einer Reihe von Falschdarstellungen und Verzerrungen, auf die wir im Folgenden eingehen möchten.

4. Die WamS macht sich leider nicht die Mühe, die von foodwatch im Zuge der Wahl zum Goldenen Windbeutel formulierte Kritik korrekt oder vollständig wiederzugeben. Diese befasst sich vor dem Hintergrund des unter Kindern grassierenden Übergewichts mit den vielfältigen und aggressiven, gezielt auf Kinder zielenden Marketingmethoden für unausgewogene Produkte, so zum Beispiel für dem stark zuckerhaltigen Soft Drink Capri-Sonne, der aus der Online-Wahl als „Sieger“ hervorging. Hätten die Autoren diesen Zusammenhang aus gesundheitlichen Problemen, unausgewogenen Produkten und aggressivem Marketing gezielt an Kinder dargestellt, so wäre dem Leser auch schnell klar gewesen, dass das vom Capri-Sonne-Hersteller zur Entgegnung angeführte und von der WamS ohne Einordnung übernommene „Argument“, dass der Hersteller schließlich auch ein „Capri-Sonne Bio-Schorly“ anbiete, mit der eigentlichen Kritik überhaupt nichts zu tun hat – auf diese ist das Unternehmen in seiner Stellungnahme nämlich gar nicht erst eingegangen. Stattdessen hat es nach der foodwatch-Kritik die Verbreitung von „Unterrichtsmaterialien“ an Grundschullehrer, die in Wahrheit Werbebroschüren für Capri Sonne sind, gestoppt . Ebenfalls eine bekannte Tatsache, die die WamS unerwähnt lässt.

► bitte lest die vollständige foodwatch - Stellungnahmeweiter 
 



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Prüfsiegel QS - Weder Qualität noch Sicherheit.

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Prüfsiegel QS - Weder Qualität noch Sicherheit

Täuschung mit Siegel


Die Abstände der Nahrungsmittelskandale (ich weigere mich hartnäckig, von „Lebensmittel“skandalen zu sprechen, weil den Produkten keinen lebenserhaltenden Status zugesprochen werden kann) werden immer kürzer. Siehe dazu meinen Beitrag Nahrungsmittel = Lebensmittel?

Die Fleisch-Mafia kann beim jüngsten „Pferdefleischskandal“ wieder einmal frohlocken: Der Betrug wurde erst „aufgedeckt“, als der Schrott bereits vertilgt war. Die Recherchen laufen ins Leere – und wen interessiert schon der betrogene Konsument? Niemand. Schon gar nicht Frau Aigner. Die steht zwar bei den Konsumenten auf der Gehaltsliste, das interessiert sie aber nicht. Sie bekommt Monat für Monat ihr Geld, ja wofür eigentlich? Für Verbrauchertäuschung pur. Die Befindlichkeiten der Verbraucher interessieren nicht die Bohne.


Hat sie etwa die Seiten gewechselt? Nein, sie war schon immer auf der Seite der Konsumententäuscher. Und wer sind diese? Nun, da ist der Deutsche Bauernverband (DBV), der deutsche Raiffeisenverband (DRV) und der Bundesverband der deutschen Fleischwarenindustrie (BVDF) zu nennen. Im Verbund so mächtig wie die Pharma- und Finanzindustrie. Diese haben sich zusammengesetzt und überlegt, wie sie gewissenhaft wirtschaftende Bauern und Futtermittelhersteller aus dem Feld schlagen können. Also jene, die keine Gentechnik und Glyphosathaltige Pestizide wie z.B. „round-up“ den Tieren zumuten wollen, aus Verantwortung ihren Kunden gegenüber. Dieser gentechnikfrei arbeitenden Klientel soll zukünftig endgültig der Garaus gemacht werden.

Dazu hat sich der im Verbund mit der Nahrungsmittelindustrie arbeitende mächtige Industriezweig etwas Besonderes einfallen lassen: Das QS-Siegel. Qualität und Sicherheit.  Nun wurden Fleischprodukte bei ALDI, LIDL, Kaufland und McDonald’s mit „QS“ gekennzeichnet angeboten, das Zeichen besonderer Qualität. Die Massentierhaltung hat durch QS-Siegel eine „Zertifizierung“ bekommen. Das beeindruckt natürlich.

Jetzt aber sind diese Fleischverkäufer mit ihrem „Quatsch-mit-Soße-Kennzeichen wieder Mal aufgeflogen, weil verschimmelter Mais in den Futtertrog der Tiere gelangt ist. Also die Tiere, die Lieferanten für QS-Fleisch wurden. Wer wird sich denn schon über das krebserregende Aflatoxin im verschimmelten Mais aufregen? Frau Aigner? Nein. ALDI & Co? Auch nicht. Warum sollten die sich auch aufregen, wenn sich Frau Verbraucherschutzministerin nicht aufregt?  


   


Wer sich tierisch aufregt, ist der Bauernverband & Co. Denke jetzt bloß keiner, dass einer von dieser Mafia schlagartig von Skrupeln befallen wurde. Pustekuchen, die haben sich aufgeregt, weil das Umweltinstitut München und der Bayerische Rundfunk den Skandal öffentlich gemacht haben. So eine Sauerei aber auch!

Im TV-Magazin "Kontrovers" des Bayerischen Fernsehen lief kürzlich ein Beitrag über Lebensmittelskandale und Siegelbetrug. Das Umweltinstitut München kritisiert in diesem Zusammenhang industriefinanzierte Gütezeichen wie das QS-Siegel. In einem Schreiben, das dem Umweltinstitut vorliegt, übt das Institut QS unter Androhung rechtlicher Schritte Druck auf den Bayerischen Rundfunk aus, den Beitrag zu entschärfen.

Dabei hat das o.g. Konsortium doch Anspruch auf Verbrauchertäuschung. Dieser Anspruch basiert auf der Verbrauchertäuschung vom Januar 2011. Da wurden Futtermittel mit Dioxin der Firma Harles und Jentzsch entdeckt. Entdeckt wurde bereits damals, dass das Kontrollsystem beim Futtermittel deswegen untauglich ist, weil Kontrollen von demjenigen durchgeführt wird, den es zu kontrollieren gilt. Das nennt man dann „verantwortliche Eigenkontrolle“. Also keine unangemeldete staatliche Kontrolle? Nein.

Wenn es also keine Kontrolle gibt, warum spricht man dann von einem Prüfsiegel „QS“?

Weil die Konsumenten offenkundig nicht scharf darauf sind zu fragen, was es mit dem QS- Siegel auf sich hat. Das wissen auch Bauernverband & Co. ALDI, LIDL, Kaufland und McDonald’s auch.

Die Vermarktungsstrategen wissen um die Unmündigkeit ihrer Kunden. Denen kann man leicht das Werbezeichen QS als Prüfsiegel unterjubeln. Sie klatschen sich vor Freude auf die Schenkel, weil ihre Kunden so blöd sind und in sich hineinstopfen ohne zu fragen, was sie mampfen. Hauptsache es schmeckt und macht erst einmal satt. Wie der Fraß produziert wird, ist nebensächlich.

Sie beherrschen aus dem Eff-Eff das Moral-Hazard-Verhalten. Das bedeutet nichts anderes als unbekümmerte und verantwortungslose Rücksichtslosigkeit gegenüber den Kunden.

Lästig sind nur so Leute wie foodwatch und andere Schreiberlinge. Die versuchen doch glatt, der mächtigen Lobby in die Suppe zu spucken. Die erdreisten sich sogar, zu verlangen, dass ALDI & Co. für ihre Produkte Haftung übernehmen sollen. Die verlangen sogar obendrein, dass der Handel für seine Eigenmarken gerade stehen und bei Täuschung oder Gesundheitsgefährdung strafrechtlich als Täter belangt werden soll, weil Mercedes sich auch nicht aus der Verantwortung stehlen kann, wenn der Zulieferer untaugliche Bremsen geliefert hat.

Geht’s noch? Das wäre doch total übertrieben, denn bisher ist doch noch keiner nach dem Verzehr des Dreckszeugs tot umgefallen. Und wenn das mal passieren sollte, dann kann man ja immer noch alle juristischen Hebel in Bewegung setzen. Bis dahin fließt noch viel Wasser die Mosel herunter….


Marie-Luise Volk

Gesundheitsberaterin (GGB), www.agrogen-rlp.de
 



Bildquelle:  M.-L. Volk

 

  http://www.umweltinstitut.org/

 

   http://www.foodwatch.org/

 

EU-Maßnahmen gegen Nahrungsmittelspekulation weitgehend wirkungslos

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EU-Maßnahmen gegen Nahrungsmittelspekulation weitgehend wirkungslos

Finanzindustrie setzt entscheidende Ausnahmeregeln durch




Oxfam und foodwatch fordern wirksame Regulierung der Finanzmärkte


Die Vorschläge der Europäischen Union zur Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation sind weitgehend wirkungslos. Das hat eine Analyse der Entwicklungsorganisation Oxfam und der Verbraucherorganisation foodwatch gezeigt. Der EU-Richtlinienentwurf zur Regulierung der Finanzmärkte (MiFID-Richtlinie) enthält zahlreiche Ausnahmeregeln, durch die die Maßnahmen, mit denen exzessive Spekulationsgeschäfte mit Nahrungsmitteln verhindert werden sollen, unwirksam werden.

„Die mächtige Finanz- und Wirtschaftslobby hat in Brüssel ganze Arbeit geleistet, um die Regulierung der Finanzmärkte zu torpedieren“, erklärte David Hachfeld von Oxfam Deutschland. „Der Finanzindustrie ist es gelungen, entscheidende Schlupflöcher in die Finanzmarkt-Richtlinie einzubauen. Damit gehen die Spekulationsgeschäfte auf Kosten der Ärmsten munter weiter“, so foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.

Oxfam und foodwatch forderten die EU-Finanzminister auf, effektive Maßnahmen gegen die Wettgeschäfte auf Agrar-Rohstoffpreise zu ergreifen – insbesondere durch die Einführung umfassender „Positionslimits“ ohne Ausnahmeregeln. Damit würde die Zahl der zu rein spekulativen Zwecken abgeschlossenen Warenterminverträge auf Agrar-Rohstoffe begrenzt. Eine besondere Verantwortung sehen beide Organisationen bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Er vertritt nicht nur das EU-Mitgliedsland mit der größten Wirtschaftskraft, sondern auch jenes, in dem mit Deutscher Bank und Allianz zwei der weltweit größten Nahrungsmittelspekulanten ihren Sitz haben. Wolfgang Schäuble müsse beweisen, dass die Gewinn-Interessen der deutschen Finanz- und Energiekonzerne nicht über dem Wohl von Millionen von Armut und Hunger bedrohten Menschen stünden, so Oxfam und foodwatch.

Die EU-Beratungen über die umfassende MiFID-Richtlinie zur Regulierung der Finanzmärkte gehen aktuell in die entscheidende Phase. Der Gesetzentwurf, über den demnächst die europäischen Finanzminister verhandeln, beinhaltet zwar die Einführung von Positionslimits – allerdings auch zahlreiche Ausnahmeregeln und Schlupflöcher. Hier drei Beispiele:   


„Schlupfloch“ 1: Außerhalb der Börsen darf unbekümmert weiter spekuliert werden

Spekulationsgeschäfte mit Agrar-Rohstoffen finden nicht nur an Börsen und anderen regulierten Handelsplätzen statt, sondern auch in dem bisher weitgehend unregulierten sogenannten over-the-counter-Handel (OTC-Handel). Entscheidend ist daher, dass Positionslimits für den gesamten Handel gelten – unabhängig von der Handelsplattform. Dies ist in der MiFID-Richtlinie jedoch nicht eindeutig formuliert.


„Schlupfloch“ 2: Individuelle Positionslimits für einzelne Händler sind nicht effektiv

Die MiFiD-Richtlinie sieht Positionslimits bisher nur für einzelne Händler vor. Zu Preisstörungen kann es jedoch auch kommen, wenn mehrere kleinere Spekulanten mit identischen oder ähnlichen Strategien handeln. So könnte etwa die Deutsche Bank Positionslimits ganz einfach umgehen, indem sie ihre verschiedenen Investmentgesellschaften und deren Rohstofffonds als separate Händler mit jeweils einem eigenen Limit betrachtet. Die Forderung von Oxfam und foodwatch: Unternehmen, die vollständig oder zu einem relevanten Anteil zum selben Konzern gehören, müssen einem konzernübergreifenden Positionslimit unterliegen („aggregierte Positionslimits“).


„Schlupfloch“ 3: Kritische Ausnahme für Spekulanten

Der aktuelle EU-Richtlinienvorschlag enthält weitreichende Ausnahmen für Transaktionen, „die objektiv messbar direkt mit der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement“ von Unternehmen zusammenhängen. Eine genaue Abgrenzung zwischen dem „Liquiditäts- und Finanzmanagement“ von Unternehmen und rein spekulativen Geschäften ist jedoch schwierig. Große Konzerne wie Glencore oder Cargill, die eigentlich physisch mit Rohstoffen handeln, benutzen die Warenterminmärkte bereits heute nicht mehr nur zur Absicherung realer Risiken, sondern auch für spekulative Zwecke mit dem Ziel, aus den erhöhten Preisschwankungen zusätzliche Gewinne zu erzielen. Die MiFID-Richtlinie ermöglicht, dass Händler alle möglichen Aktivitäten als Liquiditäts- und Finanzmanagement deklarieren können – und damit die Positionslimits problemlos umgehen. Oxfam und foodwatch fordern daher, dass Ausnahmen nicht generell für das Liquiditäts- und Finanzmanagement gelten dürfen, sondern eng auf Transaktionen beschränkt bleiben müssen, bei der ein Beleg für ein konkretes Rohstoffgeschäft erbracht werden kann.

David Hachfeld und Thilo Bode forderten ein entschiedenes Vorgehen der Europäischen Union: „Hunger hat viele Ursachen. Doch Hunger durch Nahrungsmittelspekulationen ist menschengemacht – diesen unverantwortlichen Geschäften muss Einhalt geboten werden. Die USA verschärfen Positionslimits, auch Finanzplätze wie Japan, Hongkong oder Singapur wenden dieses wirkungsvolle Instrument bereits an. Die EU muss jetzt endlich nachziehen, um die schlimmsten Exzesse im globalen Rohstoff-Kasino zu beenden.“
   
Nachdem die Europäische Kommission im Oktober 2011 ihre Vorstellungen zur Finanzmarktrichtlinie vorgestellt hat und das Europäische Parlament sich in erster Lesung positioniert hat, liegt nun der Ball beim Rat der EU-Finanzminister. Sobald die Position des Ministerrats vorliegt, verhandeln das Parlament, der Ministerrat und die Kommission über einen gemeinsamen Vorschlag. Der ursprüngliche Zeitrahmen sah eine Verabschiedung im Herbst 2012 vor. Ob noch vor der Sommerpause 2013 ein Beschluss stehen wird, ist unklar.

Ihr foodwatch Team

 



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siehe Anhang: Ausführliches Hintergrundpapier von Oxfam und foodwatch zum EU-Richtlinienentwurf zur Finanzmarktregulierung

Gefährliche Wachmacher: foodwatch fordert Verbot von Energy Shots

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Gefährliche Wachmacher:

foodwatch fordert Verbot von Energy Shots

 

foodwatch fordert ein Verbot sogenannter „Energy Shots“. Die kleinen Fläschchen enthalten Koffein und Taurin in besonders starker Konzentration. Sowohl die hochkonzentrierten Energy Shots als auch herkömmliche Energy Drinks stehen im Verdacht, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Nierenversagen und sogar Todesfälle zu verursachen. Bei den Shots ist die Gefahr einer Überdosierung allerdings besonders groß.



Während für Red Bull und Co. die bei Jugendlichen sehr beliebten Energy Shots ein Riesengeschäft sind, stellen sie für die Gesundheit der Kunden womöglich eine Riesengefahr dar. Ein Energy Shot von 60 Milliliter enthält die gleiche Menge Koffein und Taurin wie eine normale Red-Bull-Dose – allerdings in vierfacher Konzentration. Insbesondere beim Sport oder in Kombination mit Alkohol warnen Wissenschaftler vor möglichen Nebenwirkungen. Trotzdem bewirbt Red Bull die Getränke mit jungen, angesagten Extremsportlern für angeblich ‚erhöhte Leistungsfähigkeit‘.

foodwatch fordert ein generelles Verkaufsverbot der hochkonzentrierten Shots. Zudem sollen herkömmliche Energy Drinks deutliche Warnhinweise auf der Verpackung tragen und nur noch ab 18 Jahren verkauft werden dürfen.


⇒ Energy Shots gelten als „nicht sicher“

Das Bundesverbraucherministerium hat im Mai 2012 zwar Höchstwerte für Inhaltsstoffe wie Koffein und Taurin in Energy Drinks erlassen. Red Bull umgeht diese Regelung allerdings, indem der Hersteller die Shots offiziell als Nahrungsergänzungsmittel klassifiziert: Der Red Bull Energy Shot enthält mehr als viermal so viel Koffein und Taurin pro Liter als für Energy Drinks erlaubt ist.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stufte bereits im Dezember 2009 in einer Untersuchung für das Bundesverbraucherministerium Energy Shots als „nicht sicher“ ein und sprach sich für ein Verbot aus: Da ein Warnhinweis auf der Packung nicht ausreiche, um eine Überdosierung auszuschließen, empfahlen die Wissenschaftler „das Inverkehrbringen von ‚Energy Shot‘ Produkten zu untersagen“. Auch die französische Lebensmittelbehörde ANSES warnte 2012, dass die Sicherheit der Produkte nicht garantiert werden könne. In den USA ermittelt derzeit die zuständige Food and Drug Administration (FDA), ob mehrere Todesfälle durch Energiegetränke ausgelöst wurden. Problematisch ist dabei nicht allein der erhöhte Koffeingehalt. Die gesundheitlichen Risiken werden auch mit möglichen Wechselwirkungen mit dem hochkonzentriert zugesetzten Inhaltsstoff Taurin sowie mit begleitend konsumiertem Alkohol begründet.


Bundesverbraucherministerium schaut tatenlos zu

Auf Anfrage von foodwatch bestätigte das BfR im Januar 2013 seine grundsätzlich kritische Einschätzung zu den Produkten – wich aber dennoch von seiner ursprünglichen Forderung nach einem Verbot der Shots ab und empfahl stattdessen lediglich „entsprechende Warnhinweise auf dem Etikett anzubringen“. Offenbar hat Bundesverbraucherministerium  Ilse Aigner die wissenschaftliche Untersuchung, die sie selbst in Auftrag gegeben hat, drei Jahre lang einfach ignoriert – obwohl sie bei drohenden Gesundheitsgefahren nicht auf Brüssel warten muss, sondern selber aktiv werden kann. Ohne weitere Begründung rückt das Bundesinstitut für Risikobewertung jetzt von seiner Empfehlung für ein Verbot ab – und die Politik bleibt weiter tatenlos.

Laut der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) konsumiert fast jeder dritte Erwachsene Energy Drinks, besonders beliebt sind sie bei Kindern und Jugendlichen: 68 Prozent der Teenager greifen zu den Getränken. Davon sind 12 Prozent „high cronic consumers“ (Konsum mindestens viermal wöchentlich) sowie 12 Prozent „high acute consumers“ (mehr als ein Liter pro Konsum).

Ihr foodwatch Team


 



siehe PdF-Dokumente unten im Anhang:

 

  • Fakten-Papier zu Energy Shots und Energy Drinks
  • Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) aus dem Jahr 2009
  • Korrespondenz zwischen foodwatch und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
  • Korrespondenz zwischen foodwatch und Red Bull


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